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Kolumne B-NoteOhne Japan, ohne Bärte

Michael Brake
Kolumne
von Michael Brake

Das WM-Finale daheim nachspielen? Das geht, weil EA Sports bei seiner „Fifa“-Reihe endlich auch Frauen mitspielen lässt. Was nicht allen gefällt.

Jetzt auch virtuell: Celia Sasic und die deutsche Nationalmannschaft im Computerspiel „Fifa 16“. Foto: EA Sports / Electronic Arts

B ei „NHL 16“ werden den Spielern Bärte wachsen. Das Eishockey-Computerspiel simuliert nun auch „authentische Bartlängen, -stärken -stile und -Wachstumsraten individueller Spieler“, verkündet Publisher Electronic Arts, der ganz offensichtlich einen harten Job damit hat, für seine Sportspiel-Serien Jahr für Jahr neue Kaufanreize zu erfinden. Für das Fußball-Pendant „Fifa 16“ hat man ebenfalls etwas Tolles entdeckt: Seit 1993 läuft die Reihe und, sieh mal an, es machen ja gar keine Frauen mit!

Das ändert sich ab dem 24. September, dann lässt sich das Finale der Fußball-WM in Kanada endlich im eigenen Wohnzimmer nachspielen. Na ja … außer, wenn Titelverteidiger Japan wieder im Endspiel steht. Oder Mitfavorit Norwegen. Denn die machen nicht mit bei „Fifa 16“, überhaupt sind nur Australien, Brasilien, China, Deutschland, England, Frankreich, Italien, Kanada, Mexiko, Schweden, Spanien und die USA spielbar, also gerade mal 11 der 24 WM-Teilnehmer.

Dass Weltmeister Japan fehlt, dürfte wohl lizenzrechtliche Gründe haben. Dass kein afrikanisches Team dabei ist, eher marketingtechnische. Überhaupt sind mit den 12 Teams bei weitem nicht die vielen Spielmodi der Männer möglich. Auch Frauen gegen Männer antreten lassen geht nicht – weil das ja bei der echten Fifa auch nicht passieren würde, so die Begründung. Nebenbei drückt sich Electronic Arts so um die Frage, auf welchem Männerniveau man die weltbesten Frauen einsortieren müsste und erspart sich damit mutmaßlich einigen Ärger in den sozialen Medien.

Den gab es natürlich trotzdem. Schon nach der Ankündigung im Mai hagelte es sexistische Kommentare: „Frauenfußball ist wie Pferderennen mit Eseln.“ „Auf Frauenfußball bei FIFA hab ich genau soviel bock wie auf Fußpilz.“ „Gibt es auch Trikottausch?“ „Und im Karrieremodus fallen dann die Spielerin wegen ihren Tagen aus oder was?“ Es ist ein Jammer.

Warum es so viele Fans der Fifa-Reihe einfach nicht ertragen, dass jetzt Frauen mitmachen dürfen? Weil die Entwickler dann nicht viel wichtigere Neuerungen einbauen können: „Wäre viel cooler, hätten sie sich erstmal um andere Sachen gekümmert, wie zum Beispiel 3. Bundesliga.“ Oder eben um Bärte.

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Michael Brake
wochentaz
Jahrgang 1980, lebt in Berlin und ist Redakteur der Wochentaz und dort vor allem für die Genussseite zuständig. Schreibt Kolumnen, Rezensionen und Alltagsbeobachtungen im Feld zwischen Popkultur, Trends, Internet, Berlin, Sport, Essen und Tieren.
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2 Kommentare

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  • Na ja, Fussball und Frauenfussball sind eben doch zwei unterschiedliche Paar Schuhe. Auch in 20 Jahren wird der Weltmeister im Frauenfussball keine Chance haben gegen einen Absteiger aus der 3. Liga! Bei Testspielen gegen Jugendmannschaften gibt es regelmäßig eine Klatsche.

    Wenn man sich an die Langsamkeit des Spiels gewöhnt hat, dann kann man allerdings auch seinen Spass am Frauenfussball haben. Und das hat nichts mit Sexismus zu tun, sondern ist einfach eine Feststellung von Tatsachen. Seltsamerweise kommen diese Diskussionen nur im Fußball auf, ich habe jedenfalls noch keine im Handball oder der Leichtathletik mitbekommen. Da wird der körperliche Unterschied ja auch akzeptiert. Sexistisch finde ich nur die Trennung M/F bei Sportarten wie Schach, oder bei Mathematikwettbewerben. Dort eine geringere Leistungsfähigkeit von Frauen zu unterstellen ist wirklich sexistisch.

    Nur die geringere Zahl an Schachspielerinnen heranzuziehen ist oberflächlich, wir machen ja auch keine getrennten Wettbewerbe für Afrikaner, weil es dort mutmaßlich ebenfalls weniger Schachspieler gibt.

    • @Thomas Ebert:

      Ich bin absolut kein Fußballfan. Bundesliga? Oh Gott - mich überkommt reflexartig ein Fluchtinstinkt! WM? Na schön, die Spiele in denen die DFB-Elf mitspielt guck ich mir vielleicht an, wenn ich grad zufällig Zeit dafür übrig habe. Damen-WM? Beim durchzappen hängengeblieben. Und zum ersten Mal Freude an dieser seltsamen Sportart gefunden. Eben weil nicht alle halbe Minute gefoult wird. Eben weil nicht alles so rasend schnell und hektisch läuft. Und dann sind ja manche der Damen durchaus auch noch ganz nett anzusehen. Überhaupt, gerade die Amerikanerinnen. Ich hab mich gefreut für die, als die die WM gewonnen haben. Das amerikanische Team fand ich nämlich alles in allem sehr sympathisch. Ein Computerspiel FIFA werde ich mir deswegen trotzdem noch nicht kaufen, aber die Versuchung war noch nie so groß wie jetzt, da ich weiß, dass da auch Frauenfussball enthalten ist.