Klimastrategien in der Industrie: Firmen kommen im Treibhaus an
Die Sensibilität der Unternehmen für den Klimawandel ist gestiegen. Allerdings fehlen oftmals noch konkrete Ziele und Maßnahmen zur Reduzierung von Treibhausgasen.
Der deutsche Energiekonzern EnBW lädt Nobelpreisträger Al Gore zu einem Klimakongress ein, der Pharmakonzern GlaxoSmithKline und der Versicherer Aviva wollen auf einer Konferenz zur Corporate Social Responsibility in London dafür werben, Klimaschutzstrategien zum Bestandteil der Unternehmensverantwortung zu machen.
"Die Beschäftigung der Wirtschaft mit dem Klimawandel ist heute Mainstream", sagte Armin Sandhövel, Leiter der Allianz Climate Solutions GmbH, und zwar nicht nur für die Öffentlichkeit: Der am Freitag in Berlin vorgestellte Deutschlandbericht des Carbon Disclosure Projects (CDP) zeigt, dass die Konzerne die globale Erwärmung endlich auch als unternehmerische Herausforderung begriffen haben.
Carbon Disclosure bedeutet nichts anderes als Offenlegung des CO2-Ausstoßes. Genau dies fordert die CDP, eine Initiative institutioneller Investoren. Ihr Ziel ist es, mehr Transparenz darüber herzustellen, ob sich die Unternehmen der Chancen und Risiken des Klimawandels bewusst sind und wieweit sie ihre Erkenntnisse auch praktisch umsetzen: ob sie also Reduktionsziele für den Energieverbrauch oder den CO2-Ausstoß aufstellen und ob sie klimabedingte Veränderungen in der Unternehmensstrategie berücksichtigen.
Die CDP-Initiative lässt darum jedes Jahr die 200 größten Unternehmen in Deutschland durch den Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) befragen. Hatten 2006 noch nicht einmal ein Drittel geantwortet, waren es 2007 immerhin mehr als die Hälfte - und diese repräsentierten 87 Prozent des Börsenwertes der Top 200.
Die Teilnahme an den Befragungen ist freiwillig. Allerdings vertreten die inzwischen weltweit 315 am CDP beteiligten Investoren rund 41 Billionen US-Dollar Anlagekapital, ein Drittel des weltweiten Anlagevermögens. "Wenn die Transparenz fordern, muss man sich sehr gut überlegen, ob man das ablehnt", sagte BVI-Präsident Wolfgang Mansfeld.
Von den Befragten gaben 67 Prozent an, den Klimawandel in ihren strategischen Überlegungen mitzuberücksichtigen. 57 Prozent erklärten, sie wollten ihre CO2-Emissionen senken, allerdings nannten nur 30 Prozent konkrete Ziele und Maßnahmen, wie sie diese erreichen wollten.
Eine Reihe von Unternehmen scheint dagegen noch keinen klaren Plan zu haben. Denn grundsätzlich sehen sie noch mehr Veränderungen auf sich zukommen. 78 Prozent der Befragten verbanden mit der globalen Erwärmung vor allem Risiken, erstaunliche 80 Prozent Chancen. "Die Herausforderung ist, neue Geschäftsmöglichkeiten zu entwickeln", sagt Wolfgang Gawrisch von der Henkel KGaA. Entscheidend sei dabei, den gesamten Lebenszyklus der Produkte zu berücksichtigen. So reiche es nicht, eine Energie- oder CO2-Bilanz für die Produktion aufzustellen. "Sie müssen die ganze Kette sehen."
Bei Waschmitteln zeige sich etwa, dass der höchste Energieverbrauch beim Verbraucher stattfindet. Deshalb arbeite Henkel daran, das Pulver "so zu gestalten, dass Sie mit der Wassertemperatur aus der Leitung alles sauber bekommen".
Auch für die Risikoabschätzung müsse man den ganzen Zyklus kennen, sagt Alexander Bassen, Autor des CDP-Deutschlandberichts. BMW verursache jährlich 1,2 Millionen Tonnen CO2 bei der Herstellung von Autos, Volkswagen 6 Millionen. "Auf den Straßen stoßen diese Fahrzeuge dann aber jährlich 40 bzw. 140 Millionen Tonnen CO2 aus." Die Unternehmen müssten davon ausgehen, dass die Politik sie irgendwann auch dafür zur Verantwortung zieht - und diese Kosten in ihrem Risikomanagement berücksichtigen.
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