Drin in Hessen und Niedersachsen: Linken gelingt die Westausdehnung
Die Linkspartei in Berlin feiert ihren Erfolg: Sie zieht in zwei Flächenländern Westdeutschlands ins Parlament.
BERLIN taz Die Mauer ist gefallen. Gleich in zwei Flächenländern kann die Linke in den Landtag eingeziehen. "Wir sind jetzt endgültig eine gesamtdeutsche Partei", sagte Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch. "Wir haben gezeigt, dass wir es überall schaffen können."
Die Grünen werten das Ergebnis der Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen als Signal für einen politischen Neuaufbruch in Deutschland. Die Wahl in Hessen habe gezeigt, dass Alternativen zu den derzeitigen Machtverhältnissen möglich seien, sagte Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke am Sonntag nach den ersten Hochrechnungen in Berlin. Die CDU in Hessen, aber letztlich auch die große Koalition im Bund habe deutlich verloren. Schwarz-Rot scheine keine Zukunft zu haben. Auch mit dem niedersächsischen Grünen-Ergebnis zeigte sich Lemke zufrieden. Sie räumte ein, dass es in einem extrem polarisierenden Wahlkampf in Hessen eine Bewegung "weg von Grün, hin zu Rot" gegeben habe. "Das Fazit für die Bundesebene ist, dass alles offen ist."
FDP-Generalsekretär Dirk Niebel hat die Bestätigung der schwarz-gelben Koalition in Niedersachsen und die Stimmengewinne seiner Partei in Hessen als Erfolg der politischen Strategie der FDP bewertet. "Während andere verlieren, gewinnen wir hinzu - das spricht für die Richtigkeit unserer Strategie", sagte Niebel. "Obwohl die Republik offensichtlich nach links geht", habe die FDP die richtigen Themen der Bürger für eine Beteiligung am Aufschwung aufgegriffen.
Hamburgs FDP-Vize Burkhardt Müller-Sönksen bezeichnete die Wahlergebnisse in Hessen und Niedersachsen als eine Steilvorlage für die Hamburger FDP. "Für die FDP liegt der Ball auf dem Elfmeterpunkt. Wir müssen ihn jetzt einfach noch konzentriert ins Tor schießen, und wir sind in der Bürgerschaft", sagte Müller-Sönksen. Das Ergebnis habe gezeigt, dass die Bürger lieber von der Mitte als vom populistischen Rand regiert werden wollen. In Hamburg wird am 24. Februar ein neues Parlament gewählt.
Der Einzug in die Landtage von Hessen und Niedersachsen mit gut fünf beziehungsweise sieben Prozent stellt eine Zäsur in der Geschichte der Partei dar. Die gut 8 Prozent bei der Bremer Landtagswahl vom Mai 2007 waren offenbar kein Ausrutscher, die Partei ist dabei, sich in Westdeutschland dauerhaft zu etablieren. Das zeigt auch: In der Bundesrepublik ist die Existenz eines Fünfparteiensystems nicht mehr zu leugnen.
So richtig daran geglaubt hatte auch die Führungsspitze bis zuletzt nicht. Keiner der beiden Fraktionschefs, Gregor Gysi und Oskar Lafontaine, waren nach Hannover oder Wiesbaden gereist. Sie schauten sich die Eroberung des Westens tief im sicheren Osten an - in Berlin.
Dass die Linke in Niedersachsen so gut abgeschnitten hat, lag wohl vor allem an der schwachen SPD. Deren Spitzenkandidat Wolfgang Jüttner blieb bis zum Schluss blass. Dagegen kämpfte die Linkspartei in Hessen mit hoch motivierten Sozialdemokraten, welche mit Andrea Ypsilanti auch noch eine glaubwürdige Kandidatin aus der Parteilinken an der Spitze hatten. Sie besetzte Themen der Linken und verkaufte sich im stark polarisierten Wahlkampf gut als einzig mögliche Alternative zum CDU-Hardliner Roland Koch. "In einem Land, wo der Spitzenkandidat der SPD nicht gewinnen will, ist es uns sicher leichter gefallen", sagte Bartsch.
Was der Erfolg im Westen für die parteiinterne Auseinandersetzung zwischen ostdeutschen Reformern, westdeutschen Gewerkschaftern und der grün angehauchten emanzipatorischen Linken bedeutet, ist schwer abzusehen. Nur eines schien den Funktionären im Karl-Liebknecht-Haus gestern sicher: Oskar Lafontaine wird weiter an Einfluss gewinnen. Schließlich gilt er als Architekt des Erfolgs im Westen.
Dass sie in den Landtag kommen können, haben die Linken also gezeigt. Dass sie die Fähigkeit zum Regieren beweisen müssen, ist eher unwahrscheinlich. Sowohl die SPD als auch die Linken wollen in Hessen eigentlich nicht zusammenarbeiten. Ein Test für die Regierungsfähigkeit der Ex-PDS werden deshalb wohl erst die Wahlen 2009 in Thüringen und im Saarland sein. Dort will die Linke an die Macht - mit den Spitzenkandidaten Oskar Lafontaine an der Saar und dem Exfusionsbeauftragten Bodo Ramelow in Erfurt.
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