: Noch mehr Wirren im CIA-Skandal
Watergate-Enthüller Bob Woodward hat wieder eine geheime Quelle zu verbergen: Er wusste als Erster von der CIA-Tätigkeit der später enttarnten Valerie Plame. Von wem, sagt er nicht, entlastet aber den Exstabschef von Vizepräsident Cheney
VON BERND PICKERT
Die Affäre um die möglicherweise illegale Enthüllung der Identität der CIA-Agentin Valerie Plame durch Mitarbeiter des Weißen Hauses hat eine neue Wendung genommen: Gestern offenbarte der einstige Starreporter der Washington Post, Bob Woodward, dass er schon von einem ranghohen Regierungsmitarbeiter von der CIA-Tätigkeit Valerie Plames erfahren habe, bevor der inzwischen angeklagte damalige Stabschef von Vizepräsident Richard Cheney, Lewis „Scooter“ Libby, die Information an die New-York-Times-Reporterin Judith Miller weitergegeben hatte. Libby ist inzwischen von Sonderermittler Patrick J. Fitzgerald wegen des Verdachts der Falschaussage und Behinderung der Justiz unter Anklage gestellt worden und von seinem Amt zurückgetreten.
In einem in der Ich-Form geschriebenen Text in der gestrigen Ausgabe der Washington Post schreibt Woodward, er habe am Montag unter Eid vor Fitzgerald ausgesagt. Unter anderem habe er berichtet, Mitte Juni 2003 bei den Recherchen für sein 2004 veröffentlichtes Buch „Plan of Attack“ mit drei ranghohen derzeitigen oder früheren Regierungsmitarbeitern gesprochen zu haben. Eine dieser Quellen, deren Namen er nicht öffentlich nennen dürfe, habe ihm gegenüber erwähnt, dass Valerie Plame für die CIA arbeite. Nach dem Zusammenhang gefragt, in dem der Name Valerie Plame gefallen sei, habe Woodward geantwortet, dass ihm das eher zufällig und nebensächlich vorgekommen sei.
Am 23. Juni 2003 habe Woodward mit Libby telefoniert – seiner Erinnerung nach sei dabei der Name Valerie Plame nicht gefallen. Just an diesem Tag sprach Libby allerdings mit Times-Reporterin Judith Miller und nannte dabei den Namen.
Woodward, der zwar nie selbst über den Fall geschrieben hat, doch in mehreren Fernseh- und Radiointerviews die Bedeutung des Skandals heruntergespielt hatte, wird damit zum Entlastungszeugen des bislang einzigen Angeklagten Lewis Libby.
Bei dem Skandal geht es eigentlich um die Frage, ob die Bush-Regierung versucht hat, auch mit unlauteren Mitteln Kritiker zum Schweigen zu bringen, die ihr vorwarfen, in der Frage der Massenvernichtungswaffen des Irak bewusst gelogen zu haben. Der konservative Kolumnist Robert Novak hatte am 27. Juni 2003 Valerie Plame, die Frau des ehemaligen US-Diplomaten Joseph Wilson, als CIA-Agentin enttarnt, nur wenige Tage, nachdem Wilson in einem Gastkommentar für die New York Times die US-Regierung scharf wegen ihrer Informationspolitik vor dem Irakkrieg kritisiert hatte. Wilson war 2002 von der CIA nach Niger geschickt worden, um Berichten nachzugehen, der Irak versuche in Niger Uran zu kaufen. Wilson hatte dafür keine Hinweise gefunden und das auch in Washington berichtet. Er war dann umso verwunderter, als die Information über den angeblichen Urankauf in mehreren Reden führender US-Politiker auftauchte, unter anderem in Präsident Bushs Rede zur Lage der Nation im Januar 2003.
Seit rund zwei Jahren untersucht jetzt der Sonderermittler Patrick J. Fitzgerald, wer die Information über Plames Tätigkeit weitergegeben hat und ob sich der Verdacht bestätigt, Plame sei bewusst enttarnt worden, um sich an ihrem Mann für dessen kritische Veröffentlichungen zu rächen. Die Enttarnung von geheim operierenden Agenten ist in den USA strafbar.
Libbys Verteidiger sehen ihren Mandanten durch Woodwards Aussagen entlastet. Nicht nur sei damit klar geworden, dass Libby keineswegs der erste Regierungsmitarbeiter war, der gegenüber Journalisten die CIA-Tätigkeit Plames erwähnte. Vielmehr bestätige Woodwards Darstellung, dass Libby keineswegs eifrig und absichtsvoll überall die Information gestreut habe, um Wilson zu schaden.
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