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Zwischenstand zur Steuer-CD in NRWDas geplante Steuerloch

Mit der Steuer-CD in NRW wurden schon jetzt 200 Million Euro Betrug aufgedeckt. Sie zeigt, wie einfach das geplante Steuerabkommen umgangen werden könnte.

Ist wohl ertragreich gewesen: die CD mit Daten über Steuerbetrüger. Bild: dapd

BERLIN taz | Es ist eine Rendite, von der ein Finanzminister sonst nur träumen kann. Für 3,5 Millionen Euro hat das Land Nordrhein-Westfalen im Sommer eine CD mit Daten von mutmaßlichen Steuerbetrügern gekauft, die ihr Geld bei der Schweizer Großbank UBS angelegt hatten. Über 200 Millionen Euro Steuerhinterziehung sind nach der Auswertung eines Teils der Daten jetzt schon aufgedeckt worden. Und das sei „noch lange nicht alles“, erklärte Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) am Dienstag.

Insgesamt finden sich auf dem Datenträger Informationen zu 1.300 Fällen mit einem Anlagevolumen von knapp 3 Milliarden Euro, teilte die für die Ermittlungen zuständige Staatsanwaltschaft Bochum am Dienstag mit und bestätigte damit einen Bericht der Süddeutschen Zeitung. In rund 750 Fällen lief die Geldanlage über Stiftungen, und zwar ausschließlich über solche, die in Liechtenstein registriert sind, sagte Oberstaatsanwalt Bernd Bienioßek der taz.

Diese Information ist brisant, denn solche Stiftungen wären vom geplanten Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz aufgrund einer speziellen Ausnahmeklausel nicht erfasst worden. Darauf hatte das internationale Tax Justice Network (Netzwerk Steuergerechtigkeit) schon vor einem Jahr hingewiesen. Offenbar haben viele Steuerflüchtlinge versucht, diese Lücke auszunutzen, sagte der Sprecher des Netzwerks, Markus Meinzer, der taz: „Die Details von der UBS-CD zeigen, dass sich Deutschland mit dem gescheiterten Steuerabkommen einen Bärendienst erwiesen hätte.“

Zudem wurde durch die CD deutlich, dass sich die betrügerischen Anleger mit dem Stiftungsmodell sehr sicher fühlen. Nur in 135 der 1.300 aufgedeckten Fälle hatte es nach Angaben der Bochumer Staatsanwaltschaft zuvor eine Selbstanzeige gegeben. Der Bundesverband Deutscher Stiftungen wies darauf hin, dass derartiger Steuerbetrug mit Hilfe von „Scheinstiftungen zur privatrechtlichen Vermögensverwaltung jenseits des Radars der Steuerbehörden“ nur in Liechtenstein, nicht aber bei in Deutschland ansässigen Stiftungen möglich sei.

Eine Vermittlung scheint unwahrscheinlich

Das geplante Abkommen hätte in der Schweiz angelegtes Schwarzgeld gegen eine einmalige Nachzahlung und künftige Steuern auf die Zinserträge legalisiert. Die Besitzer sollten dabei anonym bleiben, die deutschen Steuerfahnder künftig weitgehend auf Ermittlungen wie etwa CD-Käufe verzichten. Mit diesem Vorhaben wollte die Schweiz eine schärfere Regelung der EU verhindern, die einen automatischen Informationsaustausch über die Anleger vorsieht.

SPD, Grüne und Linke hatten das Abkommen Ende November im Bundesrat gestoppt. In der nächsten Woche muss sich der Vermittlungsausschuss damit beschäftigen. Eine Einigung erscheint nach den neuen Erkenntnissen noch unwahrscheinlicher als zuvor. Es werde „keinen Deal“ zulasten ehrlicher Steuerzahler geben, bekräftigte NRW-Finanzminister Walter-Borjans.

Neben den Steuerflüchtigen könnte die CD auch für die UBS-Bank Konsequenzen haben. „Im Rahmen der Ermittlungen wird auch der Frage nachgegangen, ob und inwieweit Mitarbeiter der UBS den inländischen Kunden Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet haben“, erklärt die Staatsanwaltschaft.

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7 Kommentare

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  • GA
    Gerda Annelies

    Der Staat handelt nicht gesetzeswidrig, wenn er CD's mit den Namen und Institutionen von Steuer-Kriminellen kauft! Er schafft Anreize, um schwere wirtschaftskriminelle Verbrechen aufzudecken. Er subventioniert quasi in die Aufdeckung schwerster Verbrechen gegen die Allgemeinheit, um den möglichst größten Gewinn zu erzielen.

     

    Staatliche Anreize sind doch für die Wirtschafts- und Finanzwelt keine Fremdwörter, sondern willkommenes staatliches sowie bestens bekanntes "marktwirtschaftliches" Handeln in diesen Welten von Markt und Finanzen.

     

    In solchen Fällen der schwersten Steuerkriminalität zwecks höchst zu verachtender Vermögensbildung und Vermögenssicherung entgegen dem Allgemeinwohl und damit gegen den Staat ist steuerpolitisches Handeln gerechtfertigt und zu begrüßen.

     

    Das Abkommen mit der Schweiz wäre tatsächlich ein schwarzes Loch, durch das Schwerstkriminelle hindurchschlüpfen und jeglicher jahrelanger Verfolgung und Bestrafung entfliehen können.

  • N
    nunja

    was man bei dieser Diskussion nicht vergessen darf, sind die "Trittbrettfahrer", die sich alle plötzlich selbst anzeigen, wenn in den Medien von einer erneuten s.g. "Steuersünder-CD" berichtet wird.

     

    Nebst all den Steuerhinterziehern, die durch diese CDs dingfest gemacht werden können, gibt es auch noch diejenigen, die durch das mediale Trommelfeuer dermaßen aufgeschreckt werden, dass sie sich pro forma selbst anzeigen, weil plötzlich "ihre Bank" namentlich in den Medien auftaucht.

     

    Nicht nur die s.g. "Steuersünder" dieser CDs gehen also damit ins Netz der Steuerbehörden, sondern auch diejenigen, die "nasse Füße" bekommen und gar nicht auf diesen CDs zu finden sind.

     

    Deshalb ist jeder CD-Ankauf aus meiner Sicht völlig gerechtfertigt. Es scheucht diese Steuerhinterzieher-Bande immer wieder aufs neue auf... und das ist gut so :-)

  • DM
    David Mirschlecht

    Ich bin dagegen, dass der Staat Geschäfte mit Banditen und Schurken macht (Eigentlich komisch, dass schreiben zu müssen). Nichts anderes sind diese CD-Verkäufer. Die unfassbare Energie, die Medien und Politiker in die Bekämpfung der Steuerhinterziehung seitens der Privatbürger steckt, ist zwar löblich aber wohl kaum der aktuell größte Skandal.

     

    Bürger haben zwar kein Recht, gesetzeswidrig zu handeln, noch weniger hat dies allerdings der Staat!!

     

    Brecht sagt "wenn aus Recht Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht". Wenn Bürger also das Gefühl haben, dass ihr Geld besser hinterzogen als versteuert und in Form von Straßen und Schulen angelegt ist, ist dies zwar nicht richtig, ABER WAS SAGT DAS ÜBER UNSEREN STAAT AUS??

     

    Sollten wir nicht an einem Staat arbeiten, der jeden Bürger mit Freude einen Teil des Verdienten abgeben lässt? Ich kann mir kaum vorstellen, dass ein Bürger, der stolz auf sein Land ist und seine Steuergelder in guter Hand sieht, dieses Geld lieber versteckt, als es in die Zukunft der eigenen Gesellschaft zu stecken. Das Wort Bürger heißt ja wortwörtlich, JEMAND DER FÜR SEINEN STAAT BÜRGT!

  • N
    naseweiser

    Nicht schlecht , Herr Specht ! Uns anderen (zwangs)ehrlichen Steuerzahlern sollten doch die Steuerbehörden ab und zu die Freude machen , wieder mal einen ertappten Multimillionär mit einem ordentlichen Strafverfahren durchs Dorf zu treiben .

  • Y
    yberg

    einfach den ubs oberschef und präsidenten Prof. Dr. AXEL ALFRED WEBER festnehmen,wenn er nach hause in die palz kommt

     

    als ehemaliger cheffe der deutschen bundesbank,hat er schon des öfteren versichert,die ubs hätte spätestens seit seinem amtaantritt hilfe für steuerkriminelle eingestellt

     

    da dies nicht stimmt ist auch er als mithelfer und täter damit ein steuerkrimineller ,der verhaftet werden muß.

     

    im rahmen des risikomanagements der ubs ,sind ihm alle steuerstraftaten im hause bekannt,da diese als risiko in wahrscheinlichket und franken bankintern

    ausgewiesen werden müssen.

     

    aber unsre generalstaatsanwälte und unser generalbundesanwalt sind viel zu feige hier einen zahn zuzulegen,die jagen lieber hinter den notorischen falschparkern und ladendieben her ,als jenen ,die unserem land milliardenschäden zufügen,das handwerk zu legen.

  • NF
    Norbert F. Schaaf

    Genau dafür werden die Gesetze doch von den Lobbyisten aufgesetzt und von Politikern abkopiert, damit sie von den Herrschenden kommod umgangen werden können. Hat freilich lange, bliblisch lange Tradition: Wasser predigen und Wein saufen. @weingraefin

  • N
    Nils

    Sehr schön, dass es den Steuerhinterziehern an den Kragen geht. Weiter so.