Siedlungsbau im Westjordanland: „Eine Verurteilung reicht nicht“
Palätinenser Kadura Fares fordert Sanktionen, damit Israel internationales Recht respektiert. Und glaubt, dass sich die Israelis mit dem Bau selbst bestrafen.
taz: Herr Fares, Israel intensiviert infolge des PLO-Antrags vor der UN-Vollversammlung den Siedlungsbau im Westjordanland. War die Sache diesen Preis wert?
Kadura Fares: Israel baut Siedlungen mit oder ohne PLO-Antrag. Noch am Tag vor der Abstimmung in New York gab es eine Regierungsentscheidung für den Bau neuer Siedlungen, eine Woche vorher eine andere. Netanjahu hat immer gesagt, dass er weiterbauen wird.
Die Entscheidung, das palästinensische Volk zu bestrafen, ist ein strategischer Missbrauch einer Gelegenheit. In Wirklichkeit bestraft sich Israel selbst und vergeudet viel Geld. Eines Tages werden entweder Palästinenser in diese Häuser einziehen, oder Israel muss sie wieder zerstören. Wenn es also jemanden gibt, der bestraft wird, dann ist es das israelische Volk, der Steuerzahler.
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verstärkt den Druck auf Israel. Sind Sie mit der Erklärung, die am Mittwoch in New York veröffentlicht wurde, zufrieden?
Ich denke, dass der Sicherheitsrat sehr viel weiter gehen müsste und Israel dazu veranlassen, die Provokationen gegen die Welt und das internationale Recht einzustellen. Eine Verurteilung reicht auf keinen Fall. Solange Israel weiter baut, zeigt das, dass die Maßnahmen nicht ausreichen. Es sind Entscheidungen nötig, die Israel abschrecken.
Was sollte Ihrer Meinung nach konkret unternommen werden?
war von 2003 bis 2005 Minister ohne Aufgabenbereich. Fares gehört zu den Köpfen der Fatah-Jugend im Westjordanland und gilt als enger Vertrauter von Marwan Barghuti.
Die Welt muss Schritte einleiten, die die israelische Führung zur Einsicht bringen, dass sie etwas zu verlieren hat, wenn sie das internationale Recht nicht respektiert. Ich denke, dass Sanktionen nötig sind, sei es finanzieller Art oder jeder anderen Art, damit die israelische Regierung versteht, dass sie nicht auf einer einsamen Insel lebt, sondern Teil dieser Welt ist, deren Rechtssystem sie respektieren muss.
Es gab unter den Palästinensern die Hoffnung, dass US-Präsident Barack Obama seine zweite Amtsperiode nutzen werde, um den Friedensprozess erneut in Ganz zu bringen. Glauben Sie heute noch daran?
Möglich ist, dass Obama abwartet und sehen will, wer in Israel die bevorstehenden Wahlen gewinnt. Es ist ja schon klar, dass das rechte Lager gewählt werden wird. Vielleicht wird Obama dann einsehen, dass es auf israelischer Seite keinen Partner für den Frieden gibt, und sich entsprechend dazu verhalten.
Werden die Palästinenser gegen Israel vor den Internationalen Gerichtshof ziehen, um den Siedlungsbau auf dem Rechtsweg zu stoppen?
Es gibt noch keine endgültige Entscheidung dazu, aber das wäre eine unserer Möglichkeiten.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen