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Siedlungsbau im Westjordanland„Eine Verurteilung reicht nicht“

Palätinenser Kadura Fares fordert Sanktionen, damit Israel internationales Recht respektiert. Und glaubt, dass sich die Israelis mit dem Bau selbst bestrafen.

Beitar Illit: eine israelische Siedlung unweit von Bethlehem. Bild: dpa
Interview von Susanne Knaul

taz: Herr Fares, Israel intensiviert infolge des PLO-Antrags vor der UN-Vollversammlung den Siedlungsbau im Westjordanland. War die Sache diesen Preis wert?

Kadura Fares: Israel baut Siedlungen mit oder ohne PLO-Antrag. Noch am Tag vor der Abstimmung in New York gab es eine Regierungsentscheidung für den Bau neuer Siedlungen, eine Woche vorher eine andere. Netanjahu hat immer gesagt, dass er weiterbauen wird.

Die Entscheidung, das palästinensische Volk zu bestrafen, ist ein strategischer Missbrauch einer Gelegenheit. In Wirklichkeit bestraft sich Israel selbst und vergeudet viel Geld. Eines Tages werden entweder Palästinenser in diese Häuser einziehen, oder Israel muss sie wieder zerstören. Wenn es also jemanden gibt, der bestraft wird, dann ist es das israelische Volk, der Steuerzahler.

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verstärkt den Druck auf Israel. Sind Sie mit der Erklärung, die am Mittwoch in New York veröffentlicht wurde, zufrieden?

Ich denke, dass der Sicherheitsrat sehr viel weiter gehen müsste und Israel dazu veranlassen, die Provokationen gegen die Welt und das internationale Recht einzustellen. Eine Verurteilung reicht auf keinen Fall. Solange Israel weiter baut, zeigt das, dass die Maßnahmen nicht ausreichen. Es sind Entscheidungen nötig, die Israel abschrecken.

Was sollte Ihrer Meinung nach konkret unternommen werden?

Kadura Fares

war von 2003 bis 2005 Minister ohne Aufgabenbereich. Fares gehört zu den Köpfen der Fatah-Jugend im Westjordanland und gilt als enger Vertrauter von Marwan Barghuti.

Die Welt muss Schritte einleiten, die die israelische Führung zur Einsicht bringen, dass sie etwas zu verlieren hat, wenn sie das internationale Recht nicht respektiert. Ich denke, dass Sanktionen nötig sind, sei es finanzieller Art oder jeder anderen Art, damit die israelische Regierung versteht, dass sie nicht auf einer einsamen Insel lebt, sondern Teil dieser Welt ist, deren Rechtssystem sie respektieren muss.

Es gab unter den Palästinensern die Hoffnung, dass US-Präsident Barack Obama seine zweite Amtsperiode nutzen werde, um den Friedensprozess erneut in Ganz zu bringen. Glauben Sie heute noch daran?

Möglich ist, dass Obama abwartet und sehen will, wer in Israel die bevorstehenden Wahlen gewinnt. Es ist ja schon klar, dass das rechte Lager gewählt werden wird. Vielleicht wird Obama dann einsehen, dass es auf israelischer Seite keinen Partner für den Frieden gibt, und sich entsprechend dazu verhalten.

Werden die Palästinenser gegen Israel vor den Internationalen Gerichtshof ziehen, um den Siedlungsbau auf dem Rechtsweg zu stoppen?

Es gibt noch keine endgültige Entscheidung dazu, aber das wäre eine unserer Möglichkeiten.

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15 Kommentare

 / 
  • F
    friedbert

    @Ute

    Ihre Meinungen finde ich historisch, ökonomisch

    und sicherheitspolitisch im Bezug auf Deutschland

    und Israel absolut weltfremd und falsch.

    Es hat in der Geschichte schon einmal ein

    isoliertes von umzingelten Feinden fast besiegtes

    Israel gegeben, dass in letzter Konsequenz von

    seinen Atomwaffen u.a. Massenvernichtungswaffen

    Gebrauch gemacht hätte.

    Mit der von ihnen vorgeschlagenen Sanktionseskalationspolitik, wie bei Gadaffi(Libyen),

    Irak(Sadam Hussein), Assad(Syrien) beschwören Sie

    ein Elend herauf, dass völlig unangemessen ist;

    von starker Erdölverteuerung, angekurbelten

    Rüstungswettlauf im Nahen Osten, Brüchigkeit

    der Allianz der Westmächte und Labilsierung

    des Weltsicherheitsgleichgewichts ganz zu schweigen.

    Für diese Siedlungsfragen muss es zivile

    und sachliche Lösungsmodelle geben.

    Ihr Vorgehen würdigt die bereits relativ stark

    vorhandene Fortschrittlichkeit Palästinas/Israels

    in keinster Weise. Die Region ist viel zu schade,

    um von irgendwelchen pseudointelligenten

    Dünnbrettbohrern vor die Hunde gejagt zu werden!

  • U
    Ute

    @ Claude

     

    bei allem Verständnis für Ihre Auffassung über die Ziele der israelischen Politik,

     

    Ihre Gleichsetzung von Juden und Israel ist einfach nur dumm.

     

    Damit sind Sie einer Ideologie erlegen die genau dies zu erreichen suchte, nämlich dem Zionismus.

     

    Soviel aber müsste doch mittlerweile jeder mitbekommen haben.

    Zudem aber ist auch Ihre Beschreibung über Macht und Einfluss falsch.

    Regierungen des Westens, insbesondere die BRD, handeln aus Eigennutz, wenn sie den Staat Israel unterstützen.

    In der BRD diente es insbesondere dazu, die alten Nazis ungestörter eingliedern zu können und in späterer Zeit die Verbrechen Nazi-Deutschlands auf den Massenmord an Juden reduzieren zu wollen.

     

    Inwieweit die Unterstützung Israels den USA nicht nur für die Beherrschung des Nahen-Ostens dient, sondern auch dem Selbstbild, um das eigene koloniale, menschenverachtende Handeln in der Welt vor allem im eigenen Land aus dem Blickfeld geraten zu lassen, dürfen Sie sich selbst beantworten.

  • C
    Claude

    Israel kann tun was es will, keiner wird es stoppen. Die westliche Welt ist fest in jüdischer Hand, deshalb kann Israel ungestraft machen was es will. Den Einfluss, den die jüdische Lobby auf Regierungen hat, ist immens. Andere Länder wurden wegen Peanuts zusammengebombt. Israel will nicht teilen und will keinen Frieden. Israel wird keinen qm besetztes Land zurückgeben, im Gegenteil. Israel braucht das Wasser der Araber, deshalb werden noch viele vertrieben werden. Syrien war der Anfang, Libanon und Jordanien kommen noch dran.

  • M
    max

    @Harald

    "Es wird langsam Zeit, den vollmundigen Ankündigungen seitens der Palästinenser endlich Taten folgen zu lassen und den ISTGH anzurufen.

     

    Das dürfte höchst spannend und interessant werden. Im Gegensatz zur UN GA und ihrer Ausschüsse, wo die versammelte Schein-Heiligkeit dieser Welt per Abstimmung über Israel zu Gericht sitzt: In Den Haag gelten existente rechtsstaatliche Regeln und echtes, d.h. juritisches internationales Staatsrecht. Da genügt es nicht, einfach Agitprop abzusondern. Zumal Israel dort mit Anwälten vertreten sein wird."

     

    Manchmal glaube ich einfach nicht, wer hier alles ins große Horn stößt und offenbar keine Ahnung vom Thema hat.

    Der Gerichtshof in Den Haag hat sich längst mit diesem Thema auseinandergesetzt und zwar in Form eines Gutachtens im Auftrag der UN. Und weil das Urteil so eindeutig war, hat Israel auch so einen Schiss davor, dass die Palästineneser den Schritt wirklich machen (alle Siedlungen sind illegal, auch in Ost-Jerusalem). Und die Welt hat auch Schiss, weil nach einem Urteil entweder Israel zur Anerkennung des Urteils gezwungen werden muss (von selbst werden die es nie akzeptieren) oder weil man anerkennen muss, dass niemand in der Welt Israel zu Anerkennung des Rechts bewegen kann, auch kein Urteil des Internationalen Gerichtshofs. Und damit wäre dann die Autorität des IGH im Eimer.

     

    http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/sperranlage-gerichtshof-israel-verstoesst-gegen-voelkerrecht-1173264.html

  • G
    Gonzi

    Netanjahu hat inzwischen die Sachlage aufgeklärt.

     

    Bei der Stadt Jerusalem soll es sich um einen Ort handeln, der dreitausend Jahre lang die Hauptstädt des jüdischen Volkes gewesen sei.

     

    Das wird natürliche eine Herausforderung für all jene Politiker werden, die es sich nicht leisten können, ihren Wählen die Schöpfungsgeschichte als Erklärungsmodell für die Welt anzubieten, das geht wohl nur in Teilen der USA.

     

    Netanjahu erwähnte jedoch nicht, dass das Volk in und um Jerusalem weitgehend dasselbe blieb, bis 1948, nur die jeweils von oben verordnete Glaubensrichtung wechselte.

    Er wird es zwar wissen, aber es passt eben nicht zu seinen erklärten Besitztiteln.

     

    Und mit David und Salomon, da muss er auch noch ein wenig dran arbeiten, schließlich gibt es kaum noch jemanden, der diese, wie Adam und Eva auch, als historische Figuren ansehen.

  • CR
    Christine Rölke-Sommer

    @senckbley

    die alternative liest man hier http://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2012/juni/palaestina-denken-ohne-staat

    aber - Nusseibehs angebot, die westbank mitsamt den menschen drauf an Israel zu übergeben, wird ja auch nicht goutiert.

    warum eigentlich nicht?

    weil man dann keinen feind mehr hätte und eine stinknormale bürgerliche herrschaft einführen müßte?

  • S
    Senckbley

    "...damit die israelische Regierung versteht, dass sie nicht auf einer einsamen Insel lebt, sondern Teil dieser Welt ist, deren Rechtssystem sie respektieren muss."

     

    Ach, der Herr Fares, Intimus von Marwan Barghouti, dem Terrorpaten der 2. Intifada. Nachdem es mit Selbstmordanschlägen in Pizzerien und Raketenterror gegen die Zivilbevölkerung nicht so geklappt hat, tritt er jetzt als Wanderprediger für internationales Recht auf. Aber er hat ja schon erklärt, dass man sich im Falle des Scheiterns dieser neuen Strategie erneut die "Option" des Widerstands (=Bomben im öffentlichen Nahverkehr etc. pp.) vorbehält.

     

    Die feine Gesellschaft von Ramallah eben.

  • H
    Harald

    "Werden die Palästinenser gegen Israel vor den Internationalen Gerichtshof ziehen, um den Siedlungsbau auf dem Rechtsweg zu stoppen?"

     

    Es wird langsam Zeit, den vollmundigen Ankündigungen seitens der Palästinenser endlich Taten folgen zu lassen und den ISTGH anzurufen.

     

    Das dürfte höchst spannend und interessant werden. Im Gegensatz zur UN GA und ihrer Ausschüsse, wo die versammelte Schein-Heiligkeit dieser Welt per Abstimmung über Israel zu Gericht sitzt: In Den Haag gelten existente rechtsstaatliche Regeln und echtes, d.h. juritisches internationales Staatsrecht. Da genügt es nicht, einfach Agitprop abzusondern. Zumal Israel dort mit Anwälten vertreten sein wird.

     

    Man stelle sich also vor, ein internationales Gericht sollte feststellen, daß die Gebietsansprüche aus dem jordanischen Überfall 1948 und der jordanischen Besatzung Ost-Jerusalems bis 1967 rechtens sind und der PLO, d.h. der Fatah, als Rechtsnachfolgerin der jordanischen Armee, als Hauptstadt übereignet werden müsse. Obwohl die Fatah mit Ramallah über eine Hauptstadt verfügt.

     

    Damit würde eine globale Präjudiz geschaffen, die besagte, daß künftig in Hauptstädten die Gebietsansprüche von bewaffneten Gruppen - nach internationalem Staatsrecht - zu neuen und rechtmäßigen, eigenstaatlichen Hauptstädten führten. Das wird heiter werden ...

  • H
    hasan

    nicht palästina besetzt israel sondern israel besetzt palästina!!!NUR MAL ZUR INFO!!!!!!

    @gabriel: "palästinensische propagandamaschinerie"?? aller axel springer verlag oder was?? so ein bullshit!!

  • C
    Calle

    Typisch. Gestern noch den ollen Treitschke zum »Antisemiten« erklären, heute aggressive »Israelkritik« absondern.

     

    Doch, wohl kann man das vergleichen!

  • U
    Ute

    „Eine Verurteilung reicht nicht“

     

    Richtig!

    Und hier beschließt man in der Regel Sanktionen, die eine Regierung dazu bewegen sollen, entsprechend den Anforderungen internationaler Vereinbarungen, zu handeln.

     

    Kontensperrung, Einreisebeschränkungen, Import- und Exportverbote,

    das Arsenal ist bekannt und auch, wie es stufenweise angewandt werden kann.

     

    Genau das wäre Normalität. Aber was ist schon normal. Bei der Taz weiß man noch nicht einmal, ob solch ein Posting unterschlagen wird.

  • B
    Bruno

    Es ist billig den Israelis die Schuld für den Konflikt in die Schuhe zu schieben. Es sind die Palästinenser, die sich seit Jahren um eine Verhandlungslösung drücken. 2000, in Camp David, hätte die Chance bestanden eine Lösung zu finden. Es war Bill Clinton, der Arafat entnervt entgegnete: "You have been here for 14 days and you say no to everything"

     

    Die Palästinenser machen keine Hehl daraus wie Ihr Ziel Aussieht: Ein totaler Sieg über Israel. Ein jüdischer Staat im Nahen Osten wird nicht geduldet. Dass sich hier in Deutschland die Medien vor die palästinensische Propagandamaschinerie spannen lassen ist mehr als beschämend.

  • G
    Gabriel

    Wenn man die Sache mal wertfrei aus Distanz betrachtet: Wieso ist es für Ausländer, z.B. Israelis, verboten, in Palästina ein Haus zu bauen? Die politische Dimension is mir schon klar, aber irgendwie und irgendwann müssen Israelis und Palästinenser eben akzeptieren, dass sie zusammenleben müssen.

  • S
    Sebastian

    Was denke ich über Israel? Schwierig zu beschreiben. Natürlich bin ich Deutscher und deshalb komme ich auch immer, wenn ich die Politik dieses Landes kritisieren will, schnell in den Verdacht, Antisemit zu sein. Ich weiss für mich, ich bin es nicht. Aber dennoch sehe ich Israel sehr kritisch. Die Politik, die die Politiker dieses Landes betreiben, kotzt mich, ehrlich gesagt, an. Jetzt gerade diese neue Siedlungspolitik ist eine einzige Provokation, kein Angebot an die Palästinser. Mir gruselst manchmal vor diesem Land, nicht deshalb, was die Generation meiner Urgroßeltern mit Juden angerichtet hat, aber davor, was aus einigen Nachfolgern der Opfer geworden ist. Schaut mal auf uns. Das Tätervolk hat keine Feinde mehr um sich. Aber die Opfer des Holokaust mussten sich nicht moralisch hinterfragen, haben aber mehr Feinde als jemals zuvor. Das ist so schade für diese großartige Kultur.

  • SD
    Stimme der Demokratie

    Hofberichterstattung.