Zensur in China: Hinter der großen Firewall
In China haben Facebook und Google keine Macht. Dafür die Zensur, die ihr eigenes Netz schafft. Manche Kopien sind mittlerweile größer als die Originale.
Weixin
Vorbild: Skype/WhatsApp
Nutzen: Bei Weixin handelt es sich um ein Chat- und Onlinetelefondienst, vergleichbar mit den hierzulande gebräuchlichen Diensten WhatsApp oder Skype. Es funktioniert im Prinzip wie jedes andere Chatprogramm auch.
Chinesische Besonderheit: Weixin verfügt über ein paar Funktionen, die sich in China enormer Beliebtheit erfreuen. So kann der Smartphone-Nutzer über Weixin eine Telefonnachricht aufsprechen, die der Empfänger dann jederzeit wie bei einer Kurznachricht abrufen kann, nur eben vertont. Beliebt sind auch die sogenannte Flaschenpost- sowie die Schüttelfunktion. In beiden Fällen verschickt der Nutzer eine möglichst persönlich formulierte Kontaktanfrage an unbekannt. Bei der Flaschenpost entscheidet der Zufall, wer diese Anfrage empfängt. Bei der Schüttelfunktion ist der Empfänger jemand in unmittelbarer Nähe. Angeblich sind in China auf diese Weise schon Millionen von Freundschaften zustande gekommen.
Überwachungsfaktor: Bislang gering. Wahrscheinlich kennen die Zensurbehörden diesen vergleichsweise jungen Service nicht.
Exportpotenzial: Sehr groß. Unter dem Namen WeChat erfreut sich Weixin mit diesen vielen spielerischen Zusatzfunktionen unter NutzerInnen in Südostasien großer Beliebtheit. Nun arbeitet man bei Weixin an Strategien für den globalen Siegeszug.
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Youku
Vorbild: YouTube
Nutzen: Nachdem Chinas Zensurbehörden 2010 YouTube für den chinesischen Nutzer gesperrt hat, ist Youku zum meist genutzten Online-Videoportal in der Volksrepublik aufgestiegen.
Chinesische Besonderheit: Anders als beim westlichen Pendant können Youku-Nutzer Filme in beliebiger Länge ins Netz stellen oder abrufen. Deswegen finden sich auch viele aktuelle Kinofilme auf Youku – was bis vor Kurzem auch für heftigen Ärger mit dem Urheberrecht sorgte. Hollywood und die großen US-Fernsehstudios haben aus der Not allerdings eine Tugend gemacht. Inzwischen finden sich sämtliche – auch aktuelle – US-Produktionen prominent platziert auf den Startseiten, als Livestream in HD-Qualität – und alles ganz legal. Nur im Vorspann muss sich der Netzgucker von dem einen oder anderen Werbeclip berieseln lassen. Die Kalkulation der amerikanischen Filmbranche: Lieber über kleine Werbeeinlagen ein bisschen an den chinesischen Zuschauern mitverdienen, als gar nichts zu verdienen mit illegalen Downloads.
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Überwachungsfaktor: Sehr gering. Anders als bei den chinesischen Fernsehsendern werden Filme auf Youku nicht zensiert. Wahrscheinlich sind die Zensurbehörden online noch nicht ganz auf dem neusten Stand.
Exportfaktor: Theoretisch sehr groß. Doch dieses Mal ist es umgekehrt. Nicht ausländische Webseiten sind in China gesperrt, sondern chinesische Webseiten im Ausland. Die legalisierten Videoclips auf Youku lassen sich außerhalb der Volksrepublik nicht abrufen. Und sogenannte VPNs (Virtual Privat Networks), mit denen sich gesperrte Seiten von China aus über Server im Ausland doch abrufen lassen, gibt es umgekehrt bisher nicht.
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Taobao
Vorbild: eBay
Nutzen: Das chinesische Unternehmen Alibaba betreibt mit dem Online-Auktionshaus Taobao das fernöstliche Pendant zu eBay. Genau genommen ist Taobao jedoch eine Mischung aus Amazon und eBay. Denn längst dominiert bei Taobao der kommerzielle Handel und nicht so sehr das Angebot von Gebrauchtgegenständen. Der Grund: Chinesen kaufen bislang einfach noch nicht so gern Secondhand.
Chinesische Besonderheit: Auch wenn die Zahl der registrierten Taobao-NutzerInnen in China immer weiter steigt und mittlerweile bei mehreren hundert Millionen liegen dürfte, ist der Ruf von Taobao nicht der Beste. Zu viel gefälschte Ware wird auf der Onlineplattform angeboten, und die Imitate werden trotz vorhandenem, aber offenbar wirkungslosem Bewertungssystem auch weiter eifrig verschickt.
Überwachungsfaktor: Sehr gering. Selbst in China verbotene Bücher und DVDs sind bei Taobao erhältlich.
Exportfaktor: Der ist durchaus vorhanden. Denn auf Taobao sind Waren zu finden, die wahrscheinlich nirgendwo sonst auf der Welt im Onlineversand angeboten werden. Etwa ganze Eisenbahnwaggons oder Knoblauchpulver zu einer Abnahmemenge von 50 Tonnen.
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Sina-Weibo
Vorbild: Twitter
Nutzen: In keinem Land wird so viel gezwitschert wie in China. Ob in den U-Bahnen, in Cafés, in Kantinen – überall sieht man die jungen Leute eifrig auf ihren Smartphones herumtippen. Es wird getratscht, Aktientipps werden ausgetauscht, über Behördenwillkür und die Regierung geschimpft, Korruptionsaffären aufgedeckt. Chinesen nutzen Mikroblogs vor allem auch als Nachrichtenquelle. Denn wegen der staatlichen Zensur schenken die meisten von ihnen den traditionellen Medien schon lange keinen Glauben mehr. Doch nicht nur auf Twitter sind die Chinesen aktiv. Weibo heißt ihr Kurznachrichtendienst. Und Sina-Weibo ist mit mehr als 400 Millionen registrierten Nutzern der beliebteste unter ihnen.
Chinesische Besonderheit: Mikroblogs auf Chinesisch haben gegenüber Einträgen in europäischen Sprachen einen gehörigen Vorteil: Während sich mit Buchstaben auf 140 Zeichen wirklich nur eine Kurzmitteilung verfassen lässt, kann der Nutzer mit 140 chinesischen Schriftzeichen ganze Geschichten erzählen. Denn jedes einzelne Zeichen steht im Chinesischen für ein Wort.
Überwachungsfaktor: Hoch. Sina-Weibo hat sich selbst dazu verpflichtet, politisch unliebsame Einträge und Kommentare zu löschen – was auch ständig geschieht. In der Praxis kommt aber allerdings auch der Betreiber oft nicht hinterher. Denn haben die Zensoren die Einträge bei Sina erst mal gelöscht, sind viele von den Einträgen bereits über andere Dienstleister weiter verbreitet.
Exportpotenzial: Gering. Obwohl sich selbst Brad Pitt vor Kurzem einen Weibo-Account zugelegt hat – er zielt damit lediglich auf seine chinesischen Fans ab. Außerhalb Chinas wird man Twitter also auch wohl treu bleiben.
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Baidu
Vorbild: Google
Nutzen: Obwohl Google innerhalb der chinesischen Firewall abrufbar ist, bleibt Baidu mit Abstand die populärste Suchmaschine der Chinesen. Baidus Marktanteil liegt in China mit seinen 600 Millionen NutzerInnen bei über 80 Prozent. Denn Google ist seit einem Streit mit den chinesischen Zensurbehörden und der anschließenden Verlegung seiner zentralen Server nach Hongkong in China störanfälliger und funktioniert nicht immer. Wie auch Google finanziert sich Baidu ausschließlich über Online-Marketing. Mit großem Erfolg: Bei über 2,3 Milliarden Dollar lag der Gesamtumsatz allein 2011. Damit ist Baidu das elftgrößte Internetunternehmen der Welt.
Chinesische Besonderheit: Was die Suche nach chinesischen Begriffen angeht, ist Baidu sehr viel breiter aufgestellt. Gibt man zum Beispiel den Suchbegriff Qigong - eine chinesische Meditationsweise – bei Google ein, finden sich etwa 9,6 Millionen Ergebnisse. Bei Baidu auf Chinesisch sind es über eine Milliarde.
Überwachungsfaktor: Sehr hoch. Baidu arbeit eng mit chinesischen Behörden zusammen und filtert Inhalte, die der Regierung nicht gefallen, systematisch heraus.
Exportpotenzial: Gering. Google dominiert international und hat den Vorteil, dass kein Staat bestimmt, was im Netz zu finden ist und was nicht. Allerdings plant Baidu seinen globalen Siegeszug mit Onlinespielen.
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