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Bundestag diskutiert KampfdrohnenDie „Zukunft“ des Luftkriegs

Im Bundestag erklärt Verteidigungsminister De Maizière bewaffnete Drohnen für ethisch besser als Kampfjets. Die Opposition scheint etwas überrumpelt.

Noch nicht Kampfbereit: Derzeit hat die Bundeswehr nur unbewaffnete Aufklärungsdrohnen. Bild: dpa

BERLIN taz | Eine von der Linksfraktion geforderte „Aktuelle Stunde“ nutzte Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) am Donnerstag, um sich erstmals ausführlich im Bundestag zum Kauf von Kampfdrohnen zu bekennen. Drohnen, also unbemannte Fluggeräte, seien leistungsfähiger und billiger als von Piloten gesteuerte Flugzeuge. Sie seien „die Zukunft der Luftfahrt“, sagte de Maizière. „Wir können nicht sagen, wir bleiben bei der Postkutsche, wenn alle anderen die Eisenbahn entwickeln.“

Bewaffnete Drohnen unterschieden sich rechtlich nicht von anderen Waffensystemen – und sie veränderten auch die „emotionale Distanz“ zwischen Pilot und Ziel nicht. Der Minister bestritt, dass mit Kampfdrohnen künftig „Computerkriege“ geführt würden: „Auch der U-Boot-Schütze guckt auf den Monitor“. Wer mit der Angst vor sinkenden Hemmschwellen gegen Kampfdrohnen argumentiere, wolle wohl behaupten: „Nur wer das Leben eigener Soldaten aufs Spiel setzt, geht sorgsam mit militärischer Gewalt um“, sagte de Maizière. Das sei zynisch.

Schließlich und endlich sei es ein Scheinvorwurf, dass mit Drohnen „gezielt“ Menschen getötet werden sollten. Gezieltes Töten gehöre zu jeder polizeilichen und militärischen Ausbildung. Deutschland habe Erfahrung mit Flächenbombardements: „Waffen, die gezielt und nicht flächig wirken, sind ein ethischer Fortschritt.“

Die RednerInnen der Opposition waren auf eine so starke Regierungsoffensive womöglich gar nicht vorbereitet. Überrascht sagte Rolf Mützenich (SPD), eine ordentliche Begründung für die Beschaffung eines neuen Waffensystems „hätte mehr erfordert als eine Aktuelle Stunde im Bundestag“. Bislang hat die Regierung ihre Absichten nur in feiner Prise preisgegeben. Im Sommer 2012 unterstützte de Maizière erstmals offen den Wunsch der Bundeswehr nach einer US-amerikanischen „Predator“. Diese könnte ab 2016 die unbewaffnete israelische „Heron“-Drohne ersetzen, die von der Bundeswehr geleast wurde.

„Drohnen können nur Töten“

Wenn dann aber etwa im Fliegerhorst Jagel bei Schleswig drei Kampfdrohnen stünden, fragte Hans-Peter Bartels (SPD): „Wozu dienen die dann?“ Der Afghanistaneinsatz, mit dem die Bundeswehr gestikuliert, ist – angeblich – dann beendet. An welchen Einsätzen die Drohnen dann teilnehmen sollten, darüber schweige die Regierung sich aus, beklagte auch die Grünen-Rednerin Agnieszka Brugger.

Brugger verwahrte sich dagegen, das es Linken, Grünen oder SPD nicht auch um den Schutz von Soldaten gehe. Doch sei es auffällig, wie schnell beim Drohneneinsatz auch in der Vergangenheit „Kritik verraucht“ sei. So hätten die USA, als Israel im Jahr 2000 erstmals Kampfdrohnen in der „zweiten Intifada“ einsetzte, dies noch als illegitim verurteilt, inzwischen aber sichtlich ihre Meinung geändert.

Dass unbemannter Kampfeinsatz die Hemmschwellen zur Gewaltanwendung womöglich nicht beim einzelnen Soldaten am Joystick sinken lassen – wohl aber bei militärisch Verantwortlichen, argumentierte nicht nur Andrej Hunko von der Linksfraktion. „Kampfdrohnen können keine Gefangenen machen, sie können nur töten“, sagte Linken-Fraktionschef Gregor Gysi.

Lieber eine europäische Drohne

Auch Rainer Arnold von der SPD verwies auf ein aktuelles Beispiel: „Die USA wollen nun keine Soldaten nach Mali schicken – aber Kampfdrohnen.“ Im übrigen sei es nicht gut, sondern ein Problem, dass Drohnen so billig seien. Wenn bald alle Staaten Drohnen fliegen ließen, „macht das unser Leben nicht sicherer, sondern gefährlicher“, sagte Arnold.

Im Ergebnis sind die Einwände von SPD und Grünen, anders als die der Linkspartei, eher aufschiebender Art. Arnold etwa hatte zuletzt ebenso wie am Donnerstag auch einige Unions-Sprecher gebeten, wenigstens eine deutsch-europäische Drohne zu kaufen und keine amerikanische. Schließlich wolle man industriepolitisch punkten.

Vermutlich wird die Bundesregierung noch im Frühjahr eine Bestellung absetzen. Die zaghafte Bitte der FDP-Verteidigungspolitikerin Elke Hoff um mehr Diskussion dürfte dabei kaum eine Rolle spielen. Der europäische Hersteller EADS kann angeblich 2016 liefern.

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15 Kommentare

 / 
  • R
    Rizo

    @ Stephan Mirwalt:

     

    Das ist das erste Mal, dass ich zu 100% mit Ihnen einer Meinung bin.

     

    Die Aufgabe eines Kommandeurs ist es, das Einsatzziel mit möglichst geringen eigenen Verlusten zu erreichen. Oder anders ausgedrückt:

     

    "You don't win a war by dying for your country. You win a war by making the other poor dumb bastard die for his."

  • TE
    Thomas Ebert

    Drohnen senken die Hemmschwelle für Krieg! Wer ungestraft morden kann, der tut das auch! Wer mit einer Drohne eine afghanische Hochzeitsgesellschaft killt, der ist Soldat und die Opfer sind "Kollateralschäden". Wer mit einem Bombengürtel Rekruten tötet ist ein Terrorist. So einfach ist die Welt. Wir sind IMMER die GUTEN.

    Die Anschaffung von bewaffneten Drohnen ist die Vorbereitung von Mord!

  • L
    lowandorder

    Die Banalität des Bösen - hat wieder Gesicht und Namen:

    Thomas de Maiziere.

     

    Es war zu erwarten, daß dieser lautlose Handwerker der Macht von Gnaden auch in sicherer Kenntnis des Essays von Norman Mailer zur Perversität der Bombardierung im Jugoslavienkonflikt keine Sekunde zögern würde,dem Einsatz von Drohnen auch in Kenntnis der allbekannten völkerrechtswidrigen Einsatzpraxis das zerschlissene christlich-imprägnierte Mäntelchen gar der Moral ! umzuhängen.

     

    Er setzt damit - wie bisher - die staatstragende Familientradition der de Maizieres fort:

    " wes Brot ich ess, des Lied ich sing "!

    Deutscher - Verwaltungsadel halt.

     

    Wir aber sollten uns den Glaskasten von Jerusalem sichern - der dort ja offensichtlich auch nicht mehr gebraucht wird.

    Um dann daraus zur hören." Ich war´s nicht, der ..Fü..äh der Bundestag war´s"!

     

    Für Hannah Arendt darob eine Stange Reval.

    "Keiner hat das Recht zu gehorchen"!

  • BG
    Bernd G.

    "An welchen Einsätzen die Drohnen dann teilnehmen sollten, darüber schweige die Regierung sich aus"

    Soll die Regierung jetzt auch noch in die Zukunft schauen können? Es geht einfach darum vorbereitet zu sein -was man im Falle Afghanistans nicht ausreichend war. Wenn man ja sagt zu Auslandseinsätzen (Das ist Diskussionswürdig), dann muss man auch ja zu der bestmöglichen Ausrüstung sagen (Und da haben Drohnen in Sachen Eigenschutz einen deutlichen Vorteil...)

     

    "Kampfdrohnen können keine Gefangenen machen, sie können nur töten"

    Auch Herr Gysi wird zustimmen, dass jetzige Kampfjets auch schlecht gefangene machen können. Sollen wir jetzt 1918-like unsere Luftwaffe komplett auflösen oder was ist da der Hintergedanke?

     

    "Wenn bald alle Staaten Drohnen fliegen ließen, macht das unser Leben nicht sicherer, sondern gefährlicher"

    Dass technischer Fortschritt im Militärbereich das leben nicht sicherer macht ist klar. Das Leben wird aber garantiert nicht sicherer, wenn die Bundeswehr zukünftig wieder mit Lanze und Schlachtross in den Krieg zieht.

  • M
    menschenfreund

    „Kampfdrohnen können keine Gefangenen machen, sie können nur töten“, sagte Linken-Fraktionschef Gregor Gysi.

    Och nee, Herr Gysi!!??

    Kampiloten aber können das. Bei Höhe Null, Geschwindigkeit 0-ca. 25km/h. Zu Fuß. Beim Brötchen holen...

    Drohnen werden gebraucht!

    Ich bin ohne wenn und aber für die Einführung von Drohnen, sowohl bewaffnet als auch unbewaffnet.

     

    Wenn über eine "neue Qualität der Kriegsführung" geredet wird, ist das zunächst richtig.

    Die Einsatzdauer von Drohnen kann gegenüber bemanntem Fluggerät deutlich gesteigert werden und das bei vergleichbaren Verfahren und ähnlicher Zuverlässigkeit.

    Eigene Soldaten/innen werden nicht stets und ständig großen Strapazen und Gefährdungen bis hin zur Todesgefahr ausgesetzt.

    Schnell und dem Stand der Technik entsprechend kann zeitnah Aufklärung und Wirkung durchgeführt werden. Angriffe können frühzeitig entdeckt und bekämpft werden.

    Die fliegenden/schwimmenden Systeme sind billiger als bemannte.

    Die “moralische“ Qualität von Waffen ist nicht vorhanden.

    Moral, so es sie gibt, liegt bei den Entscheidern.

    Bei der Bundeswehr demzufolge beim Parlament und der Regierung. Wenn hier Vorbehalte geäußert werden, darf man zumindest Unsicherheit feststellen, ob man selbst den verantwortungsvollen Aufgaben – auch bei kriegerischen Auseinandersetzungen – gewachsen ist. Kommt man zu dem Schluß, daß man die Verantwortung nicht tragen kann, ist man fehl am Platz.

    Ebenso das dümmliche Gerede von Mördern, Mörderwerkzeugen etc.

    Soweit mir bekannt ist, hat es bei der Bundeswehr im Einsatz bislang keinen/e Mörder/in gegeben.

    Daß das selbstverständlich ist, darauf kann man stolz sein.

  • J
    jun

    „Kampfdrohnen können keine Gefangenen machen, sie können nur töten“, sagte Linken-Fraktionschef Gregor Gysi.

    Falsch

    Ein paar Kämpfer im Irak haben sich einer Predator ergeben und haben so überlebt und sind in Gefangenschaft geraten.

  • V
    vic

    Ich wünschte, de Maizière würde gegen die anderen Verrückten die sich Verteidigungsmnister nennen, persönlich in die Schlacht ziehen.

    Das ist zynisch?

    Einverstanden.

  • PW
    Peter W.

    „Kampfdrohnen können keine Gefangenen machen, sie können nur töten“, sagte Linken-Fraktionschef Gregor Gysi.

     

    Das unterscheidet diese Waffen natürlich wesentlich von bisherigen. ICBMs wurden im Gegensatz zur landläufigen Meinung ja auch nur dazu gebaut, um im Zielgebiet per Lautsprecher zu verkünden, daß Widerstand sinnlos sei und die gemachten Gefangenen dann im integrierten vollautomatischen Gefangenenlager zu internieren.

     

    Auch ein einfaches Gewehr kann erst mal nur töten, keine Gefangenen machen. Die Drohung mit einer tödlichen Waffe kann jemandem zum Gefangenen machen. So sieht das aus. Bevor jemanden Herrn Gysi noch für einen ausgemachten Wehrtechnikexperten hält und ihm glaubt.

     

    Und um das Ganze etwas weiterzuspinnen: Netze, Superkleber u.ä. sind in der Tat Möglichkeiten, ohne tödliche Bedrohung Personen festzusetzen. Diese können aber natürlich ausschließlich von bemannten Flugzeugen aus eingesetzt werden, niemals von Drohnen. Da hat er doch ganz Recht, der Herr Gysi. Oder etwa doch nicht?

  • F
    FaktenStattFiktion

    Herr Arnold hat schlicht keine Ahnung und faselt nun von billigen Drohnen als Gefahr.

    Er sollte sich informieren und sonst lieber schweigen.

  • UM
    Ullrich Mies

    Keine Aussage ist zu dumm, kein Gedanke zu abgedroschen, um der neuesten Militärtechnologie das Wort zu reden und von "ethischeren Waffen" zu schwadronieren. Die herrschende Politik ist vollkommen verrottet.

     

    Die Haupttäter sitzen immer "ganz oben", wie man so sagt. Ein Blick in die Geschichte klärt über die Kriegstreiber in den Regierungen über die Jahrhunderte auf:

     

    Paul Kennedy, Aufstieg und Fall der großen Mächte. Ökonomischer Wandel und militärischer Konflikt 1500 bis 2000

     

    Es ging und geht stets um Machtzugewinn, neue Beherrschungsgebiete, Ressourcen, Handelssicherung und -zugewinn.

     

    Alles Gerede darum ist beschränktes, geistig hohles Geplapper: Propaganda, geistiger Dünnpfiff.

  • OO
    oil of mutti

    Bezeichnend ist, dass die ministeriale Wunschvorstellung nach Anschaffung eines "sparsamen" omnipotenten Menschenvernichtungssystems auf dem Scheitelpunkt der Steuereinnahmen erfolgt - sozusagen eine Schäublerone im Bundestagswahljahr 2013.

    Das staastliche Morden im Wirtschaftskrieg soll sauberer und korrekter werden, und soo kosteneffizient, da kann ja gar keiner etwas gegen haben, schon deswegen nicht, weil man sich mit dieser Art zu töten offiziell auch noch den Kollateralschaden spart. Nie wieder Ziviltote, das macht den Krieg sso ssauber, außer wenn man grad danebengeschossen hat, dann war's aber wirklich Pech, ha joó.

     

    Nicht wirklich überraschend, dass der Opposition zu dieser volldreisten Kriegsverkaufe erst einmal nix Gescheites einfiel.

  • G
    Gabriel

    Kampfdrohnen können in Nordmali und vor Somalia eingesetzt werden.

    Die islamistischen Drogenhändler und Kidnapper und die Piraten verhindern wirtschaftliche Entwicklung.

    Die gesamte lokale Bevölkerung wird zum Opfer, wenn keine Entwicklung möglich ist.

  • WJ
    Werner Jendrich

    Selbstverständlich geht nur jemand mit Sorgfalt an militärische Aktionen, der sich auch des Risikos bewusst ist selber Verluste zu erleiden. Das ist nicht zynisch sondern normal. Ansonsten wären Nordkorea oder der Iran schon längst militärisch angegangen worden.

    Was ist los in Deutschland ? Als die Neutronen-Bombe auch nur angedacht war gingen Tausende auf die Straße. Bewaffnete Drohnen interessieren aber scheinbar niemanden mehr. Da faselt ein Verteidigungsminister von ethischem Fortschritt, weil man gezielt töten kann. Und die SPD macht sich Gedanken ob man nicht warten solle um „hauseigene“ Drohnen zu kaufen.

    Auch ein Fortschritt, vom Slogan : Frieden schaffen ohne Waffen, über den Rückschritt : Kriege schaffen ohne Soldaten, bis hin zum Ziel : ich drohne, also bin ich.

  • HS
    h s

    Die Zusammenfassung ist irrefuehrend bis falsch: er hat nicht "Drohnen fuer ethischer als Kampfjets" erklaert, sondern gezielte Toetung fuer ethischer als ungezielte Flaechenbombardierung.

     

    Ob der Pilot einer ferngesteuerte Drohne, eines Hubschraubers oder eines Jets eine Rakete abfeuert, ist letztlich egal.

  • H
    Henkson

    ... JaJa der Friede muss bewaffnet sein... und Sicherheit haben wir durch Kameras.. Irdendwann fliegen die tollen Drohnen über jeder Straße, Demo... Es lebe die Freiheit