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Diskussion um Euro-HawksDe Maizières Drohnen-Desaster

Der Verteidigungsminister steckt in der Klemme: Die Drohnenpläne muss er stoppen und nun steht auch seine Informationspolitik in der Kritik.

Drohnen zu Honigbienen. Bild: dpa

BERLIN taz | Es kann gut sein, dass der wichtigste Werbeträger für militärische Drohnen nun höchstselbst deren Beschaffung für ganz Europa abblasen muss.

Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) ist von Erwerb und Bau der unbemannten Flieger – ob bewaffnet oder unbewaffnet – überzeugt. Ende Januar rief er dem Bundestag zu: „Wir können nicht sagen, wir bleiben bei der Postkutsche, wenn alle anderen die Eisenbahn entwickeln.“

Doch nun hat der Minister nach viel zu langem Zögern die Beschaffung von fünf Euro-Hawk-Aufklärungsdrohnen für die Bundeswehr gestoppt. Die Maschinen sollten vom US-Konzern Northrop Grumman gebaut werden, der bereits die von den amerikanischen Streitkräften genutzten Global Hawks produziert. Ein Knäuel von technischen und bürokratischen Mängeln zwang ihn dazu. Die Folge könnte sein, dass auch andere Drohnenpläne von Bundeswehr und Nato kippen – oder auf die lange Bank geschoben werden.

Dies betrifft möglicherweise: 1. fünf Global Hawks (das Schwesterprodukt zu den Euro Hawks) für das Nato-Projekt Alliance Ground Surveillance auf Sizilien; 2. vier weitere für die Bundeswehr geplante Global Hawks; 3. die Beschaffung von Kampfdrohnen für die Bundeswehr.

Es drohen weitere Ausfallkosten

Der CDU-Haushälter Norbert Barthle nannte das Aussetzen des Nato-Global-Hawk-Projekts „eine logische Konsequenz“. Er erklärte in der Rheinischen Post: „Das Projekt kann erst weiter finanziert werden, wenn geklärt ist, was passiert, wenn die Nato den europäischen Luftraum überfliegt.“ Auch hier drohen hohe Ausfallkosten: Aktuell steht die Bundesrepublik mit bis zu 480 Millionen Euro im Plan.

Zwar erklärte am Dienstag ein Nato-Beamter in Brüssel, Änderungen des Euro-Hawk-Programms „werden das Nato-Programm nicht betreffen“. Doch ließ Verteidigungsstaatssekretär Thomas Kossendey (CDU) bereits im März in einem Schreiben an den SPD-Verteidigungspolitiker Hans-Peter Bartels durchblicken, dass das Ministerium von den Global Hawks nicht mehr überzeugt ist, nachdem selbst „die U.S. Air Force die geplante Beschaffung weiterer Global Hawks eingestellt hat“.

De Maizière will dem Wehrausschuss des Bundestags am 5. Juni eine Chronologie der Euro-Hawk-Ereignisse vorlegen. Vorher tagen am 4. Juni die Nato-Verteidigungsminister in Brüssel.

Wie weit die Probleme bei der Drohnenbeschaffung zurückreichen, wie weit sie mit Zulassungsbestimmungen zu tun haben und wie weit eher mit technischen Mängeln, soll nun dringend geklärt werden.

Das Ministerium erzählte zunächst, die Herstellerfirma weigere sich, wichtige Unterlagen beizubringen. Laut der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) fiel schon 2004 auf, dass die Euro-Hawk-Drohne keine eigene Software zur Kollisionskontrolle hat. Bricht – wie offenbar 2011 beim Testflug über den Atlantik gleich zweimal – der Kontakt zur Bodenstation ab, kann das Fluggerät mit 40 Metern Spannbreite Hindernissen nicht eigenständig ausweichen. Bestellt wurde die Drohne 2007, zu schwarz-roten Zeiten.

Aufklärung durch das Ministerium

Die Opposition konzentriert sich eher auf das Jahr 2011: Da sei klar gewesen, dass die Zulassung für den zivilen Luftraum nicht kommen werde, sagt SPD-Mann Bartels. Er ergänzt: „Wir sind weit davon entfernt, genau zu wissen, wo die Probleme liegen – eben darum verlangen wir ja Aufklärung vom Ministerium.“

Das Gerücht, dass die Drohnen möglicherweise immense Summen verschlingen, ohne je an Europas Himmel fliegen zu dürfen, erreichte bis Anfang 2012 jedenfalls auch den Bundesrechnungshof. Er verlangte Auskunft und Akteneinsicht im Hause de Maizière – und bekam zu wenige und teils geschwärzte Unterlagen. Begründung: Geheimhaltungsinteresse des Herstellers. „Es ist ungewöhnlich, dass das Ministerium unser Prüfungsrecht nicht respektiert“, kommentiert Rechnungshof-Sprecher Martin Winter. Prüfungsrechte würden eigentlich „nicht jedes Mal in Frage gestellt“, wenn der Staat Material bei Privatfirmen bestelle.

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4 Kommentare

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  • RB
    Rainer B.

    @ Branko

     

    Ihre Zahlen stimmen leider immer noch nicht! Ein paar Bundesbürger mehr gibt es schon noch, auch wenn manche bereits vom Aussterben sprechen.

  • H
    Hasso

    Alles regt sich über die "Flaschen" auf. Woher bekommen diese Flaschen denn ihre 41%. Doch wohl von den Wähler- Flaschen, die sich von Merkel und der Klientel-Partei,-der grünen Jungs- ins Bockshorn jagen lassen. Selbst ein Schwein läuft seinem Schlächter nicht ins Messer.

  • MF
    Magdas FlowTex

    Das hat Bayern und BMW mal wieder nett eingeschädelt.

    Bayern, Österreich und deren ultra braune wirtschaftliche Vergangenheit (Quandt-Hitler, Harry Quandt und Northrop Grumman!) wirken in der Gegenwart.

    http://en.wikipedia.org/wiki/Magda_Goebbels

     

    Stellt sich die Frage ob A. Merkel für Großindustrielle als Abziehbild der Vergangenheit fungieren soll.

     

    Der Familie Quandt will man vermutlich nicht auf die Finger schauen, die feige Justiz und Politik.

    Dabei sollte der Osten und Moskau einen genaueren Blick wagen wenn polnischen Sorgen ernst genommen werden wollen.

    "Aktuell plant da z. B. das Verteidigungsministerium in Warschau den Kauf von Militärgerät im Werte von rund 3 Milliarden Zloty, hierunter Raketen tragende Präzisionswaffen und eben diese inexistenten Kampfdrohnen."

    http://polskaweb.eu/billionenschaden-ueber-verkauf-inexistenter-waffen-6247356723.html

    Das staatlich erprobt und anerkanntes Betrugs-Muster über inexistente Maschinen entspricht dem FlowTex Skandal.

    http://de.wikipedia.org/wiki/FlowTex#Der_Betrug

     

    Fakt dürfte sein, dass die Entwicklungsarbeiten für Euro-Hawk-Programm steuerlich finanziert wurde und deren Entwicklung privatisiert, ob mit oder Drohne, verwertet wird.

    Die Drohnen sind nur das Gerüst für den sozialisierten Betrug und staatlich finanzierte Forschung. Steckt Fraunhofer wieder mitten drin und welche Forschung und Entwicklungsarbeiten werden für die KFZ Industrie benutzt?

     

    Europa/Deutschland nichts anderes als die Fortführung "Die Deutschen Ausrüstungswerke (DAW)" der Industrie, die Vergangenheit Europas wurde nie aufgearbeitet.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Ausr%C3%BCstungswerke

    Hermann Ploppa hat recht.

  • B
    Branko

    300 Millionen sind eben mal wieder 3,75 Millionen pro Bundesbürger - was man damit (mal wieder) alles hätte machen können....

     

    Ist aber doch schön zu zusehen,

    wie unsere großen Volks- und Familienparteien

    die mit dem Mantra:

    "Bildung ist die wertvollste Resource Deutschlands"

    stattdessen resourcenbildend

    - sicherheitsschaffende Drohnen bauen,

    - schützende Eurofighter bestellen,

    - terrorvermeidende Überwachungssysteme durchboxen,

    - alternativlose Banken retten,

    - systemrelevante Philharmonien hochziehen,

    - topgemanagte Großflughäfen realisieren,

    - unverzichtbare Bahnhöfe in die Landschaft kloppen,

    - fachmännisch U-Bahnen versenken,

    - milliardenschwere Hochgeschwindigkeitstrassen zur energiesparenden Langsamfahrt an Vorkriegsholperschienen schweißen

    - keine brauchbare Endlösung für Atommüll suchen

    - stressfreie Großparties organisieren

    - ... u.v.m.

     

    Nur damit Freunde, Verwandte und Parteigenossen mit ihren Kompetenzen in Baufirmen, Rüstungs- und Energiekonzernen, Parlamenten und Ministerien Leistungen zum armutsvermeidenden Transfer in die Schweiz erwirtschaften können.

     

     

    Und das Allerbeste ist:

    To be continued!

     

    Im Herbst bestätigen wir, daß wir das so genauso weiter gemacht haben wollen.

     

    Herrlich!