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Waffenexporte an die USADrohnen, die nach Mercedes klingen

In Afghanistan nutzt die US-Armee Kampfdrohnen, deren Motoren von Mercedes entwickelt wurden. Eine sächsische Firma hat sie umgerüstet.

Angetrieben von Motoren „Made in Sachsen“: die US-Drohne MQ-1 Predator. Bild: dpa

BERLIN taz | Im Osten Afghanistans sind seit März 2013 Geräusche zu hören, die deutschen Ohren vertraut sind. Das kaum merkliche Nageln eines Common-Rail-Dieseltriebwerks aus der A- oder B-Klasse von Mercedes Benz dringt ans Ohr. Doch die Schallquelle ist nicht am Boden zu verorten. Erst der Blick zum Himmel offenbart die Ursache: Dort kreist dann eine moderne, bewaffnete Version der US-Drohne „Predator“. Dabei handelt es sich um einen unbemannten Aufklärer, der zudem mit vier Hellfire-Raketen ausgerüstet ist und damit Ziele am Boden bekämpfen kann.

Diese Drohnen des Typs MQ-1C werden auch „Gray Eagle“ oder „Sky Warrior“ genannt, also „Grauer Adler“ oder „Himmelskrieger“. Sie sind nicht identisch mit den geheimen Todesschwadronen der CIA, die vor allem in Pakistan gefürchtet sind. Stattdessen handelt es sich um Drohnen ähnlicher Bauart, die der regulären US-Armee gehören. Diese Drohnen wurden vom US-Heer fast drei Jahre lang in Afghanistan erprobt, bevor im Februar erstmals eine ganze Kompanie mit 12 dieser neuen Drohnen ausgestattet und nach Afghanistan verlegt wurde.

Der Drohnentyp der US-Army nutzt Motoren des Typs Centurion, die für die Luftfahrt umgerüstet wurden. Bei der Erprobung kam ein Dieselmotor mit 1,7 Liter Hubraum zum Einsatz, während die Serienluftfahrzeuge jetzt einen stärkeren 2-Liter-Motor nutzen. Beide wurden unter den Bezeichnungen OM 668 und OM 640 ursprünglich von Mercedes-Benz für die Dieselkarossen der A- und B-Klasse (170 CDI und 200 CDI) entwickelt.

Für den Einsatz in der Luft wurden sie dann von der deutschen Firma Thielert Aircraft Engines (TAE) umgerüstet. Seit Anfang des letzten Jahrzehnts arbeitet diese mittelständische Firma an Dieselmotoren für leichte Sportflugzeuge und eben Drohnen.

Die US-Army will insgesamt 152 Drohnen des Typs „Gray Eagle“ beschaffen und diese in allen ihren Divisionen sowie zur Unterstützung ihrer Spezialkräfte einsetzen. Bis Juni 2013 waren bereits 70 Luftfahrzeuge ausgeliefert. Zugleich wurden 49 weitere bestellt, die von 2013 bis 2015 geliefert werden sollen.

Lange Stehzeiten werden ermöglicht

Die spritsparenden Dieselmotoren können Kerosin verbrennen, was lange Stehzeiten in der Luft ermöglicht. Zudem ist es ein logistischer Vorteil, dass die Drohnen dieselbe Kraftstoffart nutzen, mit der auch die Fahrzeuge des Heeres betrieben werden.

Doch was bei Thielert bisher als sicheres Geschäft galt, könnte künftig zu einem Problem werden, weil die US-Armee Anstoß an dem neuen Besitzer nehmen könnte. Der Motorhersteller hat in den letzten Jahren erfolgreich eine Insolvenz durchlaufen und im vergangenen Monat einen potenten Käufer gefunden. Der will die Produktionsstätte in St. Egidien und die Arbeitsplätze in Sachsen und Hamburg erhalten, dürfte aber für die US-Armee nicht ganz unproblematisch sein.

TAE wurde nämlich an die Technify Motors GmbH verkauft, die wiederum eine deutsche Tochter der Avic International Holding Corporation ist. Die Abkürzung Avic steht für Aviation Industries of China. Diese Firma hat ihre Zentrale in Peking und gehört vollständig der Volksrepublik China.

Es ist also vorstellbar, dass es zu Konflikten kommen könnte, wenn es um die Lieferung von Centurion-Motoren in das chinesische Mutterland des neuen Eigners geht.

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11 Kommentare

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  • G
    Gastname

    Liebe TAZ, ihr habt schlecht recherchiert!

    Prüft doch bitte vorher, ob das militärisch Geschäft wirklich Teil des Verkaufs an die Chinesen war!

     

    AVIC hat in den letzten Jahren Cirrus und Continental in den USA gekauft. China möchte im Bereich der General Aviation stark expandieren und kauft sich alles Mögliche dafür zusammen.

  • J
    janis

    Für diesen Fall müßte die

     

    Thielert AG in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt werden ohne

     

    Akteneinsichtnahmen und

     

    ohne Mitspracherecht, aber mit

     

    Gewinnbeteiligungen.

     

    Das müßte per Dekret erlassen.

     

    Die Korrespondenz sollte

     

    dann die Bundeswehrverwaltung

     

    mit den chinesischen Unternehmen leisten, weil

     

    es hier um staatliche Schutzbelange geht!

  • D
    daryl

    Wer ist bitte so blöd

     

    und verkauft Firmen mit NATO-

     

    Technologie an NICHT-NATO-Partner?

     

    Die deutschen Unis bilden

     

    Lerner aus, aber keine Menschen mit Verantwortungsgefühl

     

    und gesunden Menschenverstand.

     

    Wie blöd kann man eigentlich sein? Warum haben die sich nicht

     

    Mercedes oder VW angedient?

     

    Einfach verantwortungslos!

  • P
    PeterWolf

    Was ist eine "Stehzeit in der Luft"?

  • Schockschwerenot. Da baut jemand einen stinknormalen Dieselmotor, der auch in Fluggeräten eingesetzt werden kann und - was alles andere als ungewöhnlih ist - nicht nur mit Diesel läuft, und schon spricht man von "Rüstungstechnologie".

     

     

     

    Liebe taz, bitte wartet doch einfach erst einmal ab, ob die Produktion wirklich nach China abwandert (einigermaßen wahrscheinlich) und die US Army dann wirklich ins Grübeln kommt (eher weniger wahrscheinlich) bevor Ihr wild herumspekuliert. Und im Übrigen nur keine Sorge: Andere Konzernmütter haben auch schöne Turbodieseltöchter. Dann nagelt im Predator halt zukünftig ein Pumpe-Düse-Aggregat aus Wolfsburg...

  • E
    EH

    Soviel feinsinnige Bedenken angesichts der Eigentümerverhältnisse bei der Morddrohnenproduktion könnte am Ende vielleicht sogar die zu erschießenden "Terroristen" zu einem kleinen Lächeln veranlassen. Der Irrsinn tobt und scheint nicht mehr aufzuhalten zu sein.

     

    Wie sagte schon E.Honecker:Der Frieden muss bewaffnet sein. Aber was derartig bewaffnet ist, ist kein Frieden.

     

    Glaubt denn wirklich noch jemand, dass all diese Entwicklungen ohne ganz großen Krieg enden bzw. unterbrochen werden können?

  • Mercedes ist schon immer eine Rüstungsfirma, die der Bevölkerung leider nur als Automobilhersteller bekannt ist.

  • K
    Kartoffelkäfer

    Vielleicht, aber auch nur vielleicht, sitzen die Drohnenoperateure auf Stühlen, welche in Deutschland gefertigt wurden oder haben gar Lampen aus deutscher Produktion im Büro oder haben, ogottogottogott, sogar in Deutschland... Urlaub gemacht! Könnte denn mal jemand dafür sorgen, dass nicht Alles, was im Zusammenhang mit Drohnen steht sofort zum Drama hochgeschrieben wird? Meinetwegen können die Drohnen auch in Deutschland gebaut werden, dass schafft dann wenigstens Arbeitsplätze.

    • E
      exo
      @Kartoffelkäfer:

      waffen? super,viele arbeitsplätze, weil waffen werden immer gebraucht. das totschlagargument mit den arbeitsplätzen - wenn diese kurzsichtigkeit endlich aus denn köpfen verschwindet, kann man auch endlich mal den gesunden menschenverstand hervorholen.

      • @exo:

        Was soll denn ein unilateraler Stopp der Waffengeschäfte bewirken?

         

         

         

        Das mit den Arbeitsplätzen mag ein Totschlagargument sein, aber das ist ja der Punkt: Totschlagen geht immer, und kein Opfer wird lebendiger dadurch, dass es mit einer Kalaschnikow aus chinesischer Produktion erschossen wurde statt mit einem deutschen Produkt.

         

         

         

        Es braucht nicht allzu viele Menschen, die sich mehr über den toten Gegner freuen, als sich ob der Tötung zu schämen, um den weltweiten Waffenmarkt am Rotieren zu halten. Und diese Menschen gibt es - vor allem außerhalb unseres wohlbehüteten Kulturkreises - wirklich mehr als genug. Haben sie Waffen zu verkaufen, ist es ihnen vollkommen egal, wenn unsereins ihre Aktivitäten nicht mitmacht und/oder mit Verachtung straft. Sie freuen sich nur über die Weicheier, die ein gutes Geschäft auf der Straße liegen lassen.

         

         

         

        Glauben Sie ernsthaft, dass sie solchen Leuten mit der hingehaltenen anderen Wange moralisch beikommen, oder geht es Ihnen nur um die eigene reine Weste?

        • @Normalo:

          Was ist das für eine Moral ? Gleichbedeutung: Wenn ich den nicht erschlage, macht´s ein anderer.

           

          Natürlich geht´s um Haltung. Sie können mit Ihrer Haltung die Mitmenschen beeinflussen. Das hat nichts mit reiner Weste zutun.

           

          In Deutschland wird er Müll getrennt und die ganze Welt bewundert uns dafür. Auch wenn dieses nicht gleich übernommen wird, findet ein sich bewußtsein darüber statt und es ergibt sich immerhin die Möglichkeit, dass Kriege und Vermüllung weltweit geächtet werden.

           

          Ihre Haltung hat nichts mit Realismus zutun, aber mit Fatalismus.