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Polizeigewalt bei Schalke-SpielKampf um den Stern von Vergina

Am Rande des Spiels von Schalke gegen Paok Saloniki geht die Polizei massiv gegen Fans der Heimmannschaft vor. Der Vorwurf: Volksverhetzung.

Hundertschaft in Feindesland: Die Polizei in der Nordkurve der Schalker Arena Bild: dpa

GELSENKIRCHEN/BERLIN taz | Dass Schalke zuhause nur 1:1 gegen Saloniki gespielt hat in der Quali zur Champions League, das hat die Fans der Gelsenkirchener Mittwochnacht weit weniger aufgebracht, als die Geschehnisse im Schalker Block. In der zweiten Halbzeit hatte eine Hundertschaft Polizisten unter dem Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken eine Schneise in die königsblaue Formation der Ultras geschlagen. Das Ziel des harten Einsatzes: eine Fahne.

Erbeutet werden sollte die Flagge des Fanklubs Komiti Skopje. Seit geraumer Zeit unterhalten die Schalke-Ultras freundschaftliche Beziehungen zum mazedonischen Klub Vardar Skopje. Die rote Fahne mit der sechszehnstrahligen Sonne, der sogenannte Stern von Vergina, war offizielles mazedonisches Flaggensymbol zwischen den Jahren 1992 und 1995. Heute sieht die Flagge Mazedonien anders aus, unter anderem, weil sich Griechenland gegen die Verwendung des Sterns von Vergina ausgesprochen hat. Der Stern sei griechisch, sagen griechische Nationalisten.

Die Komiti-Fahne hängt öfters im Schalker Fanblock, doch diesmal erging wohl schon im Vorfeld ein Verbot, weil sich die griechischen Fans von Paok Saloniki provoziert fühlen könnten. Angeblich sei denen dann auch wirklich der Kragen geplatzt, als sie das Textil erblickten im Stadionrund. Eine Polizeisprecherin berichtete auf //soundcloud.com/radio-emscher-lippe/tr-nengas-gegen-schalke-fans:Radio Emscher-Lippe, die Paok-Fans hätten mit Platzsturm und Randale gedroht. Ein griechischer Polizist im Block der Griechen wollte den Tatbestand der „Volksverhetzung“ erkannt haben.

Umstrittener Marschbefehl

Angeblich sei „besagtes Banner schon für die erheblichen Ausschreitungen während des Spiels Rapid Wien gegen Paok Saloniki im Jahre 2012“ mitverantwortlich gewesen. Zudem fühlte sich der griechische Beamte selbst persönlich beleidigt. All das führte zum Marschbefehl. Beim Einsatz kamen sogar Sanitäter zu Schaden. Eine Frau musste nach Auskunft der Schalker Ultras nach einem Atemstillstand ins Krankenhaus eingeliefert werden. „30 Augenspülungen“ wurden laut Polizeibericht durchgeführt.

Die Frage ist nun, ob man mit einer Fanfahne zum Hass aufstacheln, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordern kann und damit der Einsatz womöglich gerechtfertigt wäre. Fraglich ist auch, warum man vor den bekanntermaßen gewaltbereiten Paok-Fans eingeknickt ist und damit revisionistische Ansichten legitimiert. Kurz gesagt, sind nicht wenige Griechen der Meinung, nur Griechen könnten echte Makedonier sein, „und Makedonien sei eine griechische Provinz in der Tradition Alexanders des Großen; niemand sonst dürfe den Namen Makedonien für sich verwenden. Nach griechischer Lesart sind die slawischen Mazedonier ein verirrtes Hirtenvolk, das einen ihm nicht zustehenden Titel usurpiert hat“, fasst die FAZ die Verwerfungen zusammen.

Der Verein Schalke 04 verurteilte am Donnerstag „den völlig überzogenen“ Polizeieinsatz. Er sei „weder mit den Verantwortlichen des Clubs abgestimmt, noch wäre er von diesen auch nur ansatzweise gefordert oder gutgeheißen worden“, heißt es.

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19 Kommentare

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  • G
    Gast

    Genau dafuer ist die Meinzungsfreiheit da. Dann doch lieber Mohammed-Karikaturen und Filme des hollaendischen Faschisten verbieten.

  • ....

    @stadionbesucher: und es geht noch weiter: nach dem spiel erfolgte keine blocksperre für die paok-fans- wie es sonst nicht gerade unüblich bei internationalen spielen ist.

    meines wissen ist es danach auch zu keinen vorkommnissen gekommen- doch nicht solche blutrünstigen barbaren?!?

    probleme gab es nur zwischen schalkern-va hier die "normalen" gegen die polizei.

    es ist doch auch eine absolute farce, dass die grünen nicht den block hätten kontrollieren können. ein supermodernes stadion mit zig möglichkeiten die unterschiedlichen blöcke zu trennen. was war denn eigentlich bei den derbys, bei den spielen gegen psg etc los?

    ich glaube, dass der einsatzleiter entweder sich hat ne lüge von der griechischen polizei oder den gr. funktionären auftischen lassen oder es war gewollt (exempel statuieren, taktik ausprobieren ; s.a.do,wuppertal, fortuna k etc)

  • S
    Stadionbesucher

    Über die lächerliche Schutzbehauptung es hätte Lebensgefahr (oder auch nur Gefahr für die Gesundheit) durch einen Platzsturm bestanden lachen sich nicht nur die S04-Fans, die in den zum Gästeblock angrenzenden Blöcken saßen, kaputt.

     

    Inzwischen lachen sich darüber auch reihenweise die PAOK-Fans (auch deren Anführer), die im Gästeblock standen, kaputt. Nur mal ein Beispiel hier:

     

    Zitat eines PAOK-Fans, der im Gästeblock war:

    "Zur Fahne: Gut,wir haben uns provoziert gefühlt,wir haben uns auch gedacht....die wollen provozieren,dass ist bei Veranstaltungen dieser Art üblich,die einen haben die Fahnen,die einen die anderen.Mit den Fahnen werden wir oft und in vielen Stadien der Welt provoziert.

    …Aber die Tatsache das die Polizisten Angst vor einen Spielabbruch hatten bzw Nordkurve stürmen,ist ja dermaßen lächerlich. Was eine billige Rechtfertigung."

     

    Nachzulesen im Original hier: http://www.transfermarkt.de/de/1000-freunde-die-zusammen-stehndie-fans/topic/ansicht_16_373648_seite21.html#p1058954

  • KF
    Kritischer Fan

    Selbstverständlich bestand - anders als von der Polizeiführung behauptet - nie annähernd Lebensgefahr durch ein Platzsturm o.Ä., auch keine Gefahr für die Gesundheit, außer vielleicht durch die von den Griechen gezündeten Bengalos und Freuerwerkskörper.

     

    Jeder (Fan und Polizist) in der Arena konnte das sehen. Die Griechen haben lediglich ihre Mannschaft lautstark anfeuerten und bejubelten, waren nicht aggressiver als andrere Fangruppen. Schon gar nicht mehr nach dem Ausgleich.

     

    Ich weiß nicht, ob die Polizeiführung bewusst lügt oder gar nicht mehr merkt wie sich ihre verschiedenen Aussagen innerhalb eines Tages mehrfach eklatant widersprechen.

     

    Beispiele: Im Sky-Interview sagte Einsatzleiter Sitzer, dass der Platzsturm "unmittelbar bevorstand". Zum Schutz der Zuschauer ist aber zu keinem Zeitpunkt Polizei in oder um den Gästeblock aufmaschiert.

     

    Zuerst, vorher hat man der Öffentlichkeit das Märchen von der Strafverfolgung wegen Volksverhetzung erzählt um den Einsatz zu rechtfertigen. Als die Polizeiführung merkte, dass die Öffentlichkeit das hinterfragt und sich Juristen darüber regelrecht kaputt lachen kam der Quatsch von der Lebensgefahr.

  • H
    Hans

    Wirklich Unfassbar was die "Ordnungshüter" da abgezogen haben.

    Hoffe das die Anzeigen durchkommen.

    • @Hans:

      Nö, die Polizei hatte vollkommen korrekt gehandelt. Anzeigen sollten die gewalttätigen Fußballfans bekommen.

  • L
    Lichtgestalt

    Da haben die Hoolizisten ganze Arbeit geleistet. In den letzten Jahren drängt sich immer mehr der Eindruck auf, dass deutsche Polizisten sich ein Beispiel an den amerikanischen Kollegen nehmen: Erst knüppeln, dann fragen.

    • @Lichtgestalt:

      Nö, stimmt ja gar nicht. Die Polizisten tun nur ihre Pflicht und verhauen die Bösewichte. So sollte es auch sein.

  • FF
    Fähnlein Fiesenschweif

    Das Vorgehen der Polizei gegen unliebsame Flaggen hat in NRW ja eine traurige Tradition: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/demo-in-duisburg-polizei-stuermt-wohnung-und-haengt-israelfahne-ab-a-601058.html

  • S
    Stephan (Steh-Fan)

    Schade, war eigentlich schön in der freien Welt...

    Aber wenn Griechische anti- Mazedonien Politik jetzt schon von Fanbetreuenden Polizisten aus Griechenland in deutschen Fußballstadien gemacht wird ist wohl irgendwas kaputt.

    Das Fußballfans auch unangenehm seien können und Polizisten zum Feindbild vieler Fans gehören kann und will ich hier nicht rechtfertigen, aber im konkreten Fall wurde aus meiner Sicht ohne rechtliche Grundlage gehandelt. Und das sollte eigentlich nicht gehen -auch nicht bei Fußballfans.

  • PE
    persönliche Erfahrungen

    Als langjähriger Stadiongänger kann ich dazu nur sagen:

     

    Zieht die Polizei komplett aus den Fussballstadien ab und ihr habt schon 30 Minuten vor dem Anpfiff die totale Anarchie innerhalb und ausserhalb der Stadien. Und was nach Abpfiff passieren würde, wage ich gar nicht zu prognostizieren.

     

    Jedes zweite Wochenende sehe ich diese Halbwüchsigen mit ihren Parolen und fragwürdigen Vorstellungen wie ein Stadionbesuch ablaufen sollte.

     

    Deshalb ganz klar....Für Polizei und weniger Ultra-Spinner

    • @persönliche Erfahrungen:

      Genau so ist es.

      Wer da anders redet war entweder noch nie in einem Fußballstadium oder ist ein Polizistenhasser.

  • AG
    Aus GR

    Habt Ihr wirklich keine Ahnung vom Thema oder tut Ihr nur ahnungslos?

  • T
    tutnix
  • I
    Ich

    Das sollten die Bullen mal machen wenn andere echte Gefährliche Fahnen von Nazis und Co gechwenkt werden!!

    • @Ich:

      Klar, gefährlich sind nur "Nazis". Aber was ist mit der ANTIFA? Oder mit den ULTRAS?

      Alle 3, also Rechtsradikale, AnTIFA und ULTRAS sind schreckliche Fanatiker.

  • T
    tutnix

    "doch diesmal erging wohl schon im Vorfeld ein Verbot"

    soweit ich weiß,stimmt dies nicht. der banner hing von beginn an dort,der einmarsch fand knapp zur 70 spielminute statt und die polizeisprecherin kann auch bis heute nicht erklären,warum und was an diesem banner eigentlich volksverhetzend sein soll/ (vrgl radio emscher-lippe).

    richtig ist,dass dieser banner schon öfters (auch bei nem spiel gegen athen) hin ( http://ultras-ge.de/).

    angeblich hätten uefa,fans und/oder funktionäre von paok dies veranlasst bzw gedroht ,dass ein block-,spielfeldsturm ,sowie tote und verletzte sonst folgen würden.

     

    "Angeblich sei „besagtes Banner schon für die erheblichen Ausschreitungen während des Spiels Rapid Wien gegen Paok Saloniki im Jahre 2012“ mitverantwortlich gewesen"

    angeblich...angeblich geht die morgenröte wohl auch gern über saloniki auf ;)

    weitaus deftiger dürfte der einsatz von leuchtspur ua auf ein paok-block gewirkt haben (http://www.youtube.com/watch?v=g0KJNGneajY).

  • P
    paulianer

    wegen was alles sich polizisten persöhnlich beleidigt fühlen..

    der gipfel wäre wohl nur noch eine acab mütze...

  • EF
    ein Fan

    Das vorherige Verbot soll es wann gegeben haben? Viel interessanter ist in dem Zusammenhang die Tatsache, dass dies erst nach der 70. Minute geschehen ist, obwohl die Fahne von Anfang an hinter dem Tor hing. Und ebenso die Tatsache, dass diese Fahne dort auch letztes Jahr im Spiel gegen den ebenfalls griechischen Verein Olympiakos Piräus hing - folgenlos. Diesmal geht man also mit 4x50 Mann in den Block und begründet es dann über die offizielle Pressesprecherin wie folgt:

    https://soundcloud.com/radio-emscher-lippe/tr-nengas-gegen-schalke-fans

     

    Alles klar...