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Bayerns SPD-Kandidat Christian UdeEr kämpft gegen Weiß-Blau

Christian Ude will die CSU vom Thron stoßen. Seine Chancen sind schlecht. Immerhin kann es für seine SPD kaum schlimmer kommen als 2008.

Er bemüht sich, aber viele Bayern fremdeln mit ihm: SPD-Kandidat Christian Ude Bild: dpa

MÜNCHEN taz | „Sag mir, wer deine Freunde sind, dann sag ich dir, wer du bist“, sagt der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude. Er will am Sonntag als Kandidat der SPD bayerischer Ministerpräsident werden und steht wie so oft in den letzten Wochen und Monaten auf der Bühne. Nicht im Bierzelt, sondern im Schloss, also einer Münchner Off-Location für Konzerte, Kabarett und Lesungen. Den sonst obligatorischen Trachtenjanker hat er ausnahmsweise gegen einen schwarzen Anzug getauscht.

„Wenn ich hier ins Publikum schaue, dann bin ich richtig stolz auf mich“, fährt Ude fort und strahlt. „Wir für Ude“ heißt die Veranstaltung. Über 50 bayerische Künstler, Kulturschaffende und Geisteswissenschaftler haben sich zu einer „Kulturinitiative“ zusammengeschlossen und unterstützen Udes Kandidatur bei der Landtagswahl am 15. September.

Namhafte Promis sind darunter: Soziologieprofessor Ulrich Beck, Schauspielerin Senta Berger, Kabarettist und Schauspieler Ottfried Fischer, Regisseur Marcus H. Rosenmüller und viele mehr. Ude, der selbst gern als Kabarettist auf der Bühne steht, ist in seinem Element. „Das Kulturland Bayern hat es verdient, dass ein Kulturmensch wie Christian Ude Ministerpräsident ist“, sagt Philosophieprofessor Julian Nida-Rümelin, der auch zu Udes Kompetenzteam im Wahlkampf gehört.

Ein Kulturmensch als Ministerpräsident? In Bayern? Die Umfragen der Meinungsforschungsinstitute sprechen nicht dafür, dass sich das eine Mehrheit wünscht. 47 bis 48 Prozent sagen die Demoskopen der CSU derzeit voraus. Das wäre eine absolute Mehrheit.

Miese Umfragewerte

Die SPD käme den Umfragen zufolge auf maximal 20 Prozent, gefolgt von den Grünen mit 10 und den Freien Wählern mit 8 Prozent. Ein mögliches Bündnis aus SPD, Grünen und Freien Wählern, wie Ude es plant, hätte mit zusammen 38 Prozent eindeutig verloren. Ein Rest Hoffnung bleibt für Ude: 46 Prozent der Bayern sind noch unentschlossen. Aber entscheiden sich die für die SPD?

Hartnäckig wird Ude nachgesagt, dass er die bayerische Landbevölkerung nicht versteht. Er, der Kulturmensch, der seit nunmehr 20 Jahren Münchens Oberbürgermeister ist, kommt nicht so recht an außerhalb der Landeshauptstadt. Egal wie viele Wahlkampftermine er in Bayern absolviert – er wird den Ruf des Schwabinger Intellektuellen, den er sich selbst über Jahrzehnte aufgebaut hat, nicht los.

Ude ist in München geboren, in München aufgewachsen und hat stets in München gearbeitet, zuerst als Journalist, dann als Anwalt für Mietrecht, bevor er sich mit 43 Jahren für den Münchner Stadtrat bewarb.

Zwei geografische Fauxpas zementierten den Eindruck, dass Ude mit dem riesigen Bundesland, das aus seiner Perspektive den Landkreis München säumt, nicht viel anzufangen weiß: In einem Interview mit den Nürnberger Nachrichten verlegte er gleich zu Beginn des Wahlkampfs Aschaffenburg von Unter- nach Oberfranken.

Später verwechselte er das bayerische Fichtelgebirge mit dem sächsischen Erzgebirge. Das hat die CSU im Wahlkampf genüsslich aufgegriffen. Und so ist Ude die Frage, ob er zu münchnerisch ist für Bayern, nie losgeworden.

Das wahrscheinlich schlechte Abschneiden der Bayern-SPD ist aber nicht Udes Verschulden allein. Im Gegenteil, ohne ihn als prominenten Spitzenkandidaten stände die Partei womöglich noch viel schlechter dar. Bei der Landtagswahl 2008 kamen die Genossen lediglich auf 18,6 Prozent. Gegen die außergewöhnliche Stellung der CSU kann keine andere Partei so recht konkurrieren.

Viele fremdeln mit Ude

Die CSU ist Landes- und Bundespartei zugleich und muss sich deshalb nie mit anderen Landesverbänden abstimmen. Sie hat ausschließlich Bayern im Blick und kann das Land im Bund und in Europa so vertreten, als gehörte es ihr. Es mag daran liegen, dass laut Umfragen die Wähler der CSU mehr zutrauen, wenn es um die Sicherung des Wirtschaftsstandorts, die Schaffung und den Erhalt von Arbeitsplätzen oder eine gute Haushalts- und Finanzpolitik geht.

Mit Ude, dem Schwabinger Kulturmenschen, fremdeln viele Bayern nach wie vor. Nur in Sachen soziale Gerechtigkeit gestehen ihm die Wähler größere Kompetenzen zu als Ministerpräsident Horst Seehofer.

Wenn man so will, ist der Wahlkampf in Bayern keiner, der nach den Gesinnungsfarben Schwarz gegen Rot funktioniert. Hier kämpft die SPD gegen Weiß-Blau. Seit 56 Jahren ohne Erfolg.

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3 Kommentare

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  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Nur eine Anmerkung zum Foto:

    Die Tomatenviertel auf den Tellern sind - gefühlt - "gut bürgerliche" 1960-er Jahre und so was von mega-out.

    Aber: Basd scho...

  • Z
    zombie1969

    Das boomende Bayern mit ihrer tüchtigen und weltoffenen Bevölkerung ist längst im Visier der rotgrünen Neider. Daher bleibt zu hoffen, dass Rotgrün nun wieder ordentlich zurückgestutzt wird. Zustände wie in Berlin sind absolut unnötig in Bayern.

  • K
    Klarsteller

    Das Bild ist köstlich - nicht nur wegen Speis und Trank.

    Ein realitätsfremd im Wolkenkuckucksheim strahlender Ude, dazu der mitleidige Blick seines Parteivorsitzenden.