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Innere Zweifel an Rot-Grün (1)Höhere Steuern?

Barbara Dribbusch
Kommentar von Barbara Dribbusch

Die Grünen wollen die Steuern erhöhen. Klingt gut, solange man nicht betroffen ist. Falls doch, wird man zum politischen Dauerspender.

Die Reichen müssen geben, den Armen fliegt es zu, ginge es nach den Grünen Bild: dpa

S teuererhöhungen! Den Reichen nehmen, den Armen geben. Klingt gut. Solange man selbst nicht zu den Reichen gehört. Die Grünen haben dazu einen bemerkenswerten Rechner auf ihrer Homepage installiert.

Wer ein zu versteuerndes Einkommen von 65.000 Euro hat, also vielleicht 6.200 Euro brutto im Monat verdient, der müsste nach den grünen Plänen im Jahr immerhin 212 Euro mehr berappen an Steuern. Die Grünen klären auf: „Du gehörst zu den obersten 10 Prozent der SteuerzahlerInnen und musst durch die grüne Steuerreform etwas mehr bezahlen. Im Jahre 2010 haben 96 Prozent aller ArbeitnehmerInnen weniger verdient als du.“ Soll man sich jetzt als Gutverdiener schuldig fühlen?

„Verarschung“, toben denn auch die Kommentatoren und rechnen vor, wie mühsam man mit diesem Einkommen über die Runden kommt, wenn man Familie hat: Unterhalt für studierende Kinder, Immobilienkredit abstottern, private Zusatzvorsorge ansparen und so weiter. Der gefühlte Reichtum sitzt doch viel weiter oben! Den Grünen ist das wurscht. „Wir verlangen von Menschen mit hohen Einkommen deswegen einen höheren Beitrag zum Gemeinwesen, weil sie es sich am ehesten leisten können und weil auch sie auf eine gute öffentliche Infrastruktur angewiesen sind“, heißt es im Steuerrechner.

Wer nur 36.000 Euro an zu versteuerndem Jahreseinkommen hat, dem gratulieren die Grünen hingegen. „Herzlichen Glückwunsch! Du gehörst zu den 90 Prozent der SteuerzahlerInnen, die von der grünen Steuerreform entlastet werden.“ 100 Euro mehr im Jahr gäbe es für diese Mittelverdiener, hätten die Grünen das Sagen. Danke, danke. Dass einem gratuliert wird, wenn man nicht so viel verdient, das gab’s vorher auch noch nie in der Politik.

Von 212 Euro mehr an Steuern jährlich würden die Grünen 86 Euro für Schulen und Kitas und 44 Euro für Familien im Hartz-IV-Bezug ausgeben. Wer als Gutverdiener die Grünen wählt, wird also zum politischen Dauerspender. Dass das so ehrlich vorgerechnet wird, ist dann aber doch zu bewundern. Auch wenn das Duzen eklig ist.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).
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22 Kommentare

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  • Warum macht denn die TAZ Steuersenkungspropaganda?? Mal davon abgesehen, dass der Text von der Faktenlage her schlecht ist, hätte ich eine solche Sprache eher in der Welt vermutet, aber vielleicht wünscht sich Frau Dribbusch ja dort einen Job. Sie behauptet, bei 6200 € müsste man über 200 € mehr Steuern bei den Grünen bezahlen. Dabei seien 6200 € im Monat ja gar nicht so viel Geld, wenn man noch den Kindern das Studium finanzieren müsse.

     

    1. Für die meisten Menschen im Land inkl. mich sind 6200 € viel Geld.

    2. Wenn man Kindern hat, erhöht sich der Freibetrag. Bei 2 Kindern und 6200 € bekommt man mit dem Grünen Steuerrechner noch Geld raus, ich habe es selbst getestet.

     

    Der Artikel ist einfach sehr tendenziös. Da hatte jemand vorab eine Meinung und hat dann Argumente dafür gesucht, als seriös und andersherum an die Sache heranzugehen. Von der Taz hätte ich einfach mehr erwartet.

  • K
    Klaus

    Liebe Frau Dribbusch, ich bin jedenfalls erleichtert, dass jetzt nicht auch noch Redakteure bei der taz denken, dass man mit 6.000 Euro Brutto nichts mehr abgeben kann. Vielleicht hätten sie in ihrem Artikel aber besser kennzeichnen sollen, dass sie die Meinung von Anderen wiedergeben. Außerdem ist es doch schon erst mal gut, wenn eine Partei vor der Wahl klar sagt, welche Steuern sie erhöhen will und wofür. Allemal besser als eine CDU, die 28 Mrd. Euro an Geschenken verspricht, ohne zu sagen wer dafür zahlen soll. Das kostet jeden Bundesbürger immerhin 350 Euro.

  • R
    Ruffels

    @Kris

    Zur Solidarität: Ihnen ist aber schon bewusst, dass diejenigen mit höherem Gehalt auch prozentual mehr Steuern bezahlen, oder? Das ist Solidarität! Die sogenannten Besserverdiener finanzieren mit Ihren Steuern schon jetzt den ganzen Laden.

  • T
    Thomak

    es ist schon interessant, dass den Parteien nichts anderes als Steuererhöhungen einfällt.

    Noch nie wurden so hohe Steuereinnahmen verzeichnet, wie im vergangenen Jahr, aber natürlich reicht das hinten und vorne nicht.

    Als die Steuereinnahmen deutlich geringer waren, reichten sie für Schulen, Kindergärten, Strassen, Universitäten und und und.

    Seltsam, wenn viel Geld zu weniger reicht als wenig Geld! :-)

  • K
    Kris

    Frau Dribbusch, haben Sie schon einmal etwas von Solidarität gehört? Ich fasse es nicht, dass ich in der TAZ jetzt auch noch lesen muss, wie schwer es die "armen" Reichen doch haben! Ich finde die Ankündigungen mutig und ehrlich, egal ob ich dann ein paar Euro mehr bezahle oder nicht. Es gibt viele Leute, die arbeiten für 1000 Euro im Monat vollzeit und müssen damit klar kommen. Vielleicht verdienen Sie ja zuviel als TAZ-Redakteurin und müssen sich darum Ihre Pfründe sichern? Unglaublich!!!! Ich werde zusehen, dass ich mit meinem TAZ-Abo-Geld in Zukunft Sinnvolleres finanziere. Schämt Euch!

    • Paula , Moderatorin
      @Kris:

      Sehr geehrte Leserin oder sehr geehrter Leser,

       

      ich muss feststellen, dass die Botschaft meines Artikels offenbar nicht richtig angekommen ist. Selbstverständlich bin ich der Meinung, dass man mit 6000 Euro brutto mehr Steuern bezahlen kann, so wie es die Grünen auch planen. Genau das hatte ich im vorletzten Satz geschrieben: Dass diese politische Ehrlichkeit der Grünen, ihre Steuerpläne durchzurechnen, auch zu bewundern ist. Tut mir leid, dass die Darstellung der "Kommentatoren", die sich über die grünen Steuerpläne ärgern, offenbar als meine eigene Meinung bei Ihnen angekommen ist. Dies ist nicht der Fall.

       

      Freundliche Grüße

      Barbara Dribbusch

  • Der eigentliche Witz ist ja, das zusätzliche Steuereinnahmen gar nicht nötig sind. Nicht die höhe ist das Problem, sondern deren Verteilung. Außerdem kann ich mindestens ein Finanzamt benennen, das unter akutem Personalmangel leidet und seiner Arbeit nicht mehr genügen kann. Ist mit Sicherheit nicht das einzige und wer weiß wie viele Gelder da verloren gehen. Dazu noch die vielen Prestigebauten, was hätte man mit dem Geld alles sinnvolles anstellen können? Bei der Polizei werden Stellen abgebaut, aber ein zusätzliches Museum (das niemand, mal von den verantwortlichen abgesehen, haben wollte) muss eben auch mal sein, gell?

    Was ist eigentlich aus der Forderung geworden, unser Steuersystem zu entschlacken?

  • Eine Oettinger-Runde Mitleid für all die armen Menschen, die mit 6000 € brutto auskommen müssen.

     

    Ansonsten fällt mir zu diesem Banane-Kommentar nur noch Rainald Grebe ein:

    "Ich bin immer auf dem Teppich geblieben -

    doch mein Teppich, der kann fliegen."

  • .

    "Teilen macht Spaß", plakatiert die Linke...

     

    Vor allem das Geld anderer.

    ...

    Ich bin dann mal weg.

    .

    Gibraltar. Schönes Wetter. Englisch. Steuer: 10%. Ganz legal. (Wenn nicht wieder der Tatbestand der Republikflucht eingeführt wird)

     

    Tja Rot-Rot-Grün: Lieber 40% von X als 50% von nix.

  • N
    njorg

    Sehr sehr unverständlich, dieser Kommentar und vor allem die innere Einstellung dahinter:

    Die Reichen müssen mehr zahlen! Aber wehe, ich werde zu den Reichen gezählt.

     

    Sicher haben auch gut verdienende Menschen Geldsorgen, aber es ist eben schon ein Unterschied, ob es dabei darum geht, ob ich mir den nächsten Familienurlaub nach Kreta leisten kann oder ob ich mir leisten kann, mein Kind an einem Sommercamp teilnehmen zu lassen.

     

    Und ja - Immobilienkredite sind eine Belastung, die man nicht einfach wegreden kann. Allerdings hat man sich dafür auch bewusst entschieden. Niemand hat einen dazu gezwungen.

  • FR
    Florian Rödl

    Diesen Text in der taz zu lesen ist wirklich erschütternd, auch wenn ich mit Frau Dribbusch häufiger nicht einig bin. Steuerzahlung als "Dauerspende" zu klassifizieren, atmet wirklich den stumpfen Geist des Besserverdienenden. Andere Leserkommentare haben schon ganz gut auf den Punkt gebracht, auf welchem Niveau die von Frau Dribbusch zitierten Kommentatoren sich beklagen. Solche Kritik an den Steuerplänen kann wirklich nur äußern, der ausschließlich auf sein eigenes Konto schaut und sich fragt, ob er dafür etwas für die Steuer erübrigen kann (oder für Ärzte ohne Grenzen). Also nochmal zum Mitschreiben: Steuern werden erhoben, um all die Dimensionen würdigen Lebens in menschlicher Gesellschaft zu finanzieren, die der Markt nicht selbst aus sich heraustreibt. Das ist heute eine ganz Menge, wofür niemand persönlich verantwortlich ist, sicherlich kein übersteigertes Anspruchsdenken der Besitzlosen. Besteuert wird nach dem Prinzip der individuellen Leistungsfähigkeit. Das ist ein relatives Kriterium: Wer mehr hat, kann mehr schultern. Ob er seinen cash-flow so organisiert, dass am Ende des Monats an sich etwas übrig bleibt, spielt dabei leider keine Rolle.

  • G
    Gerechtigkeit

    Ich finde die Debatte ganz schlimm. Ein Flüchtling in der rassistischen BRD muss von 200 Euro im Monat leben. Hier wären eher 1000 Euro angemessen. wer mehr als 2000 Euro verdienst soll abgeben. Das ist gerecht!

  • und jetzt bitte nochmal kurz eine erklaerung, warum duzen dann tatsaechlich eklig ist

    • H
      helicopterpilotin
      @the real günni:

      Weil es eine Form der auferzwungenen Distanzlosigkeit ist die nicht jedem liegt.

      Ekelig ist übertrieben, unangenehm trifft es eher.

      • @helicopterpilotin:

        naja, bleibt jedem dann wohl selbst ueberlassen, wie er sich fuehlt.

        ich finde siezen eklig, so eine furchtbar deutsche menschliche kaelte aus letzten jahrhunderten, ein mir nicht nachvollziehbarer zwang, kuenstliche barrieren zu schaffen

  • warum eigentlich tret ihn? wie auch immer...

    aber sie irren sich ja voellig. die debatte gibt es schon lange bei den gruenen, schon sehr lange, und wurde gerade auch von den mitgliedern gefordert und unterstuetzt. es geht naemlich darum, falls ihnen dieses detail entfallen ist, einen plan aufzustellen, wie dieser staat, in dem wir alle leben, denn mal zu finanzieren ist.

    aber 200 euro steuern mehr im jahr fuer leute mit 5000 brutto im monat sind ja komischerweise auch fuer die autorin dieses artikels zu viel. ich weiss nicht, ich versteh die ganze aufregung nicht wirklich. eine tankfuellung kostet bei mir 110 euro. wer mit der familie mal abends essen geht, zahlt dann gern 100 euro. wer eben 5000 brutto verdient. oder?

    oder wollen wir jetzt alle doch lieber wieder die FDP waehlen, damit wir wieder uns die ganzen bioartikel leisten koennen?

  • G
    Gast

    Wie sollen wir leben? Der Gärtner will bezahlt werden und wissen sie eigentlich was so ein Indoorpool im Jahr an Strom und Wasser verbraucht?

    Eine Vorstellung davon, was man heutzutage für einen SUV für Sprit zahlen muss haben sie scheinbar auch nicht.

     

    Und da wollen sie uns jetzt auch noch die Steuern erhöhen? Wovon sollen wir dass denn bezahlen? Sollen wir nur noch 2x im Jahr in den Urlaub fahren?

     

    Unfassbar. Meine Stimme der FDP!

    • @Gast:

      ganz genau! diese banausen. mein heliport muss erneuert werden, und was an hafengebuehren immer draufgehen fuer meine 2 schiffe, davon haben diese ´gutmenschen´ wohl auch noch nichts gehoert. schaemen sollten sie sich, diese gruenen banausen! ich ess jetzt auch extra viel fleisch, das hammse nun davon.

  • T
    Tret_Ihn!!

    Mit diesem Steuerkonzept des Herrn Trittin haben sich die Grünen selbst den Fangschuss gegeben. So bekloppt muss man mal sein. Mit so einer Debatte, die jetzt kein Wähler von den Grünen gefordert und erwartet hätte, presscht der Tret_Ihn einfach vor und begeht politischen Suizid. Und dabei reisst er seine spröde, verkrustete Verbotspartei noch lächelnd mit in den politischen Abgrund. Echt Hollywoodreif und wahnsinnig dämlich! So dämlich, dass Politik schon wieder anfängt Spass zu machen. Omg.

  • T
    TL

    12 x 6200 = 74400. Das sind also fast 10000 Euro mehr als 65000. Der Fehler bei dieser Schönrechung des grünen Steuerprogramms ist, dass der Grundfreibetrag eben NICHT für die Berechnung des zu versteuernden Einkommens abgezogen wird. Es ist vielmehr so, dass die Steuer für ein zu versteuerendes Einkommen, das kleiner als der Grundfreibetrag ist, Null Euro beträgt ( http://de.wikipedia.org/wiki/Zu_versteuerndes_Einkommen ). Die Grenze, ab der für die Grünen die "Topverdiener" beginnen, liegt also bei ca. 5500 Euro brutto im Monat. Aber ab nächste Woche haben die Grünen ja dann genug Zeit, darüber nachzudenken, wie sie zu einer solchen Fehleinschätzung ihrer Clientel kommen konnten …

    • G
      Grüner
      @TL:

      Stimmt nicht. Der Grundfreibetrag wurde da nicht abgezogen. Das sind die anderen Steuerabzüge wie Werbungskosten, Krankenversicherung etc.

  • RH
    Rob Hem

    "wie mühsam man mit diesem Einkommen über die Runden kommt, wenn man Familie hat: Unterhalt für studierende Kinder, Immobilienkredit abstottern, private Zusatzvorsorge ansparen und so weiter."

     

    Das müssen schlechter verdienende Menschen auch. Jemand mit der Hälfte des Einkommens muss auch dafür sorgen, dass die Hauskredite bedient werden, dass die eigenen Kinder die bestmögliche Ausbildung bekommen und am Ende auch noch zwei-drei Euro für das Alter gespart werden. Daher scheint es mir als tragbar in einer Solidargemeinschaft, dass diejenigen, die mehr verdienen, auch etwas mehr auf die Schultern zum Tragen bekommen.

     

    Zumal ob es 65.000€ sind oder 64.788€ - ich glaub mit beiden Beträgen kann man gut um die Runden kommen.