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Kommentar Politik und LobbyismusKein Prellbock für Pofalla

Kommentar von Richard Rother

Meine Freundin, die Deutsche Bahn: Der Wechsel des ehemaligen Kanzleramtschefs Ronald Pofalla zur Deutschen Bahn hat ein Geschmäckle.

Hier sitzt er noch schön neben der Kanzlerin im Speisewagen: der designierte Vorstand der DB, Ronald Pofalla. Bild: dpa

E r habe eine Familie gründen wollen, hat der frühere Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) gesagt, als er vor einigen Wochen seinen Abschied aus der Politik verkündete. Nun bekommt der enge Vertraute von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) offenbar einen neuen Job – er soll im Vorstand der Deutschen Bahn Cheflobbyist für politische Angelegenheiten werden.

Dieser hochdotierte Vorstandsposten soll in dem bundeseigenen Mobilitätskonzern extra für Pofalla geschaffen werden. Die Angelegenheit stinkt zum Himmel und zeigt einmal mehr, wie wichtig eine gesetzliche Regelung für den Wechsel von Regierungsmitgliedern in die Wirtschaft ist. Vor der Wahl hatte die SPD eine Karenzzeit von 18 Monaten gefordert. Sie sollte nun ihr Wahlversprechen in der großen Koalition umsetzen.

Natürlich sollte es auch Spitzenpolitikern gestattet sein, den Job zu wechseln - und einen etwas weniger stressigen und besser bezahlten Posten anzunehmen, als sie ihn zuletzt hatten. Ein schneller Wechsel in die Wirtschaft - zumal auf einen Posten in einem Staatsunternehmen – wirft aber ein schlechtes Licht auf alle Beteiligten.

Zu sehr drängt sich der Eindruck auf, dass da jemand für willfähriges Verhalten belohnt werden soll. Schließlich hatte Pofalla schon in seiner Regierungszeit immer ein offenes Ohr für die Bahn, etwa bei Auseinandersetzungen mit der EU-Kommission, die den Einfluss der Bahn auf das Schienennetz begrenzen will.

Dass sich Regierungsmitglieder für die Belange der Bahn einsetzen, ist allerdings nicht ehrenrührig – sondern selbstverständlich. Schließlich gehört die Bahn dem Bund, und der würde sein Eigentum nicht pfleglich behandeln, täte er das Gegenteil. Insofern ist Pofalla nicht seine Haltung als Kanzleramtsminister vorzuwerfen, sondern der Umstand, dass sie nun vergoldet werden soll. Da es immer wieder derartige Versuchungen geben wird, helfen dagegen nur gesetzliche Karenzzeiten – quasi als Prellblock.

Dass sich die Bahn mit dieser Personalie einen Gefallen tut, darf bezweifelt werden. Zwar gilt Pofalla als gut vernetzt – aber den Image-Schaden, den der Vorgang verursacht, wiegt das nicht auf. Immerhin hat die Bahn – von renitenten Lokführergewerkschaftern abgesehen, die mal wieder mit Streik drohen – aktuell keine gravierenden Betriebsprobleme. Dem milden Winter sei Dank.

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Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Geboren 1969 in Ost-Berlin. Studium an der FU Berlin. Bei der taz seit 1999, zunächst im Berliner Lokalteil. Schwerpunkte sind Verkehrs- und Unternehmenspolitik.
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12 Kommentare

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  • G
    GroKo-Korruptionsgesellschaft

    Rund 70 Prozent der Wähler in Deutschland für die GroKo-Korruptions-Gesellschaft!

     

    Die medial und ver'bild'ungspolitische herbei-manipulierte Entmündigung großer Teile der Bevölkerung - im Herrschaftsinteresse des Kapitals - ist bereits erfolgreiche Realität in der geistigen Überwachungsgesellschaft der BRD.

  • 1.800.000 Euro soll Pofalla laut "Wirtschaftswoche" auf seinem neu geschaffenen Posten erhalten. Dafür hat er erst mal eine dringende kurzfristige Aufgabe zu erfüllen. Die EU will vorschreiben, dass DBNetzAG ihre immensen Gewinne aus dem deutschen Schienennetz (Trassengebühren, Stationsentgelte) wieder in eben dieses Netz wiederinvestiert - ein Gedanke, der die DB-Bosse erschaudern lässt. Schließlich muss bisher die DBNetzAG durch Beherrschungsverträge alle Gewinne still und konzernintern an die DB-Muttergesellschaft abführen, die diese Gelder für Global-Player-Aktivitäten und unadäqate Managergehälter verjuxt.

     

    Damit die EU dieses wunderbare Geldkassiersystem der DB-Bosse nicht zerstört, schickt die Kanzlerin ihren engsten Vertrauten an den Hinterzimmertisch und wird sicherlich dafür sorgen, dass die letztendlich von den Bashnkunden aufgebrachten Gelder weiterhin im undurchdringlichen Bilanzlabyrinth der DBAG versickern. Soll doch das Schiennetz hierzulande weiter verlottern und die Viertelstundenverspätung das bekannteste DB-Markenzeichen bleiben, denn schließlich brauchen unsere autofixierten Politiker für Transport und Logistik keine attraktive Mobilitätskonkurrenz zu PKW und LKW. Clever gemacht, Herr Wissmann, Herr Klaeden, Frau Merkel !

  • J
    joe

    In seinem Wahlkreis Kleve ist Pofalla recht umtriebig im Umgang mit der Bahn. Dort soll/wird die Betuwe-Route zwischen Emmerich und Oberhausen ausgebaut, als Anschluss an die Niederlande. Milliarden Kosten, an denen die Bahn prima verdient. Und was dem Scharping der ICE-Halt in Montabaur war, gilt für Pofalla und den ICE-Halt in Emmerich ... evtl. hat er sich den Wunsch auch abverhandeln lassen, denn seine Wähler hat er ja damit bei Laune gehalten. Deren Fressen mag er sicher auch nicht mehr sehen.

  • K
    Kaboom

    Schulterzuck ....

    Liebe Leute, die CDU hat gerade für Leute vom Schlage eines Roland Pofalla beinahe die absolute Mehrheit bekommen. Die Wähler wollen das so.

  • L
    loggo

    "willfähriges Verhalten"?

    Ich glaube vielmehr, dass hier jemand der als Kanzleramtsminister viel Dreck im Kanzerlamt mitbekommen hat, mit einem überaus lukrativen Job zum Schweigen gebracht weden soll. Und die Bahn wird dabei wieder einmal zum Selbsbedienungsladen der Politik. Wir Bahnkunden müssen es dann bezahlen.

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Geschmäckle? Das ist zum Kotzen! Es ist schier unglaublich, wie sich abermals die Politik über die Interessen und Meinung des Volkes hinwegsetzt. Ignorieren, dieses Gezeter - so wird das gemacht. Ob Union oder SPD, es ist wurscht, bald hat der blöde Wähler das vergessen, und wenn nicht: was soll's? Dann hält man ihm eine Ablenkung vor die Nase und fertig...

    • G
      gast
      @1714 (Profil gelöscht):

      nennt man sowas nicht Korruption ????

      • 1G
        1714 (Profil gelöscht)
        @gast:

        Nein. Korruption wäre illegal. Die Politiker in Deutschland haben all diese Machenschaften so legalisiert, daß es formal eben keine Korruption ist. So bleiben alle Beteiligten straffrei und setzen die Kosten von der Steuer ab. Das ist VIEL cleverer als gemeine Bestechung...

  • H
    horst

    ein gefälschter 911 hat auch ein geschmäckle,

     

    40.000 tote nato opfer vom friedensnobelpreisträger in lybien haben auch ein geschmäckle,

     

    die systematische unterstützung der geheimdienste von der nsu während diese sich selbst "hinrichten" aber nach dem tod noch einmal die shotgut repitieren können, hat auch ein geschmäckle.

     

    aber die taz ist ja für das oberflächliche-links-rechts-teile-und-herrsche-prinzip in deutschland da, nicht um kriegsverbrechen oder politische morde zu benennen.

     

    hoffe ihre mutigen journalisten gönnen sich heute abend nach verdienter arbeit ein schönes glas rotwein mit ein wenig geschmäckle

  • N
    N.N.

    Gestern Abend hatte ich als direktes Feedback meine Bahncard 50 gekündigt. Hier muss man ein Zeichen setzen, auch wenn's nur in der Masse sichtbar wird...

    Wenn man diese 4 Wochen nach Auslaufen nicht benötigt, lohnt sich das sogar.

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Jemand soll für willfähriges Verhalten belohnt werden. Gilt das denn nicht für das gesamte deutsche Parlament? Das ist doch der einzige Grund, weshalb man Abgeordneter wird: Damit man von Lobbyisten reichlich Nebeneinkünfte erhält, die die Diäten vermutlich um ein zig-faches übersteigen. Und nach der politischen Karriere wartet ein Vorstandsposten. Dort sind die Insiderkenntnisse und die alten Seilschaften noch viel nützlicher.