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Forschen im Auftrag des MilitärsEine Blackbox

An deutschen Hochschulen und Forschungseinrichtungen gibt es doch mehr Militärprojekte als bisher bekannt war. Friedensaktivisten fordern Transparenz.

Protest gegen Militärforschung am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Bild: dpa

BERLIN taz | Ausländische Verteidigungsministerien bezahlen deutlich mehr militärische Forschungsprojekte an deutschen Hochschulen und Forschungseinrichtungen als bisher bekannt. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor, die diese am Mittwoch veröffentlichte.

Demnach sind seit 1998 insgesamt 21,5 Millionen Dollar nach Deutschland geflossen. Und zwar nicht nur aus dem Pentagon, wie NDR und Süddeutsche Zeitung im November aufdeckten. Der Anfrage zufolge ließen auch die Schweiz, Singapur, Australien, Großbritannien und Südkorea in Deutschland forschen.

So erhält beispielsweise das Alfred-Wegener-Institut am Zentrum für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven von 2013 bis 2017 fast eine Million Dollar von der US-Forschungsbehörde für Marineforschung, dem „Office for Naval Research“.

Nach Darstellung der Bundesregierung handelt es sich im konkreten Fall um ein Vorhaben, das Schiffen erlaubt, die Anwesenheit von Walen zu orten, um deren Verletzungsrisiko zu minimieren. Nun handelt es sich beim „Office for Naval Research“ aber nicht um eine Tierschutzbehörde sondern laut Selbstbeschreibung forscht man im Auftrag der US-Marine.

Die Bundesregierung schreibt, bei den meisten Projekten handele es sich um erkenntnisorientierte Grundlagenforschung und verweist für konkrete Auskünfte auf die Länder, die für die Unis zuständig sind.

Friedensaktivisten empört vor allem wie viel Geheimniskrämerei herrscht. „Ich bin erschüttert, über das Ausmaß der militärischen Projekte“, sagt Dietrich Schulze von der Initiative gegen Militärforschung an Hochschulen.

„Das wurde bisher weder von den Hochschulen noch von der Landesregierung kommuniziert.“ Die Friedensaktivisten beschäftigen sich seit Jahren mit militärischen Forschungsvorhaben und werden immer wieder abgewiegelt.

„Wir brauchen dringend eine öffentliche Debatte“, meint Nicole Gohlke von der Linken im Bundestag und fordert mehr Transparenz. Eine generelle Veröffentlichungspflicht von Forschungskooperationen mit ausländischen Heeren hält die Bundesregierung jedoch für rechtlich bedenklich.

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16 Kommentare

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  • Wann macht die Linkspartei eigentlich mal etwas selbst, anstatt sich an inhaltlich und medial an Themen dranzuhängen, die zuvor von anderen (hier Süddeutsche und NDR) erarbeitet und in die Öffentlichkeit gebracht wurden? Schnell bei der Hand ist man hier immer im Erkennen, wann man sich wo wie ranhalten muß, damit etwas für die Partei dabei rausspringt, gerne wird auch bei Zivilbewegungen abgegriffen, denen man damit das Wasser abgräbt und die Luft abschnürt. Verhalten bis nichtexistend ist dagegen das Engagement da, wo es eine wirklich selbständige, offensive anstatt nicht defensive Themensetzung samt entsprechend aufrechter Haltung und möglichen machtpolitischen Verluste bedeuten würde. Die Linke kann keine Alternative zu neoimperialer, geostrategisch ausgerichteter Machtpolitik sein, da sie nur allzu gerne selbst im gleichen Spiel mitspielt und auch in der eigenen Praxis dessen Regeln verinnerlicht hat.

    • F
      Friedensfreund
      @Irma Kreiten:

      Ich weiß nicht, wie Sie auf die Idee kommen, dass sich die Linke hier an ein Thema "dranhängen" würde. Die Zivilklausel-Bewegung gibt es seit rund fünf Jahren mit Initiativen an vielen Hochschulen in Deutschland, die Linke (ich bin Mitglied der SPD, von meiner Partei kann man das nicht sagen) ist von Anfang an neben einigen Gewerkschaften wesentlicher Bestandteil der bundesweiten Initiative (www.zivilklausel.de) und hat auch im Parlament schon 2007 anfragen bzgl. Kooperationen von Militär und Hochschulen gemacht.

      • @Friedensfreund:

        Wie ich auf diese "Idee" komme wüßten Sie, wenn Sie meine Kommentare aufmerksam gelesen hätten. Die Kritik am opportunen Wellenreiten der Linken teilen im übrigen eine ganze Reihe von Menschen an der politischen Basis und in Bezug auf recht unterschiedliche Themenbereiche. Wenn die Linke mit diesen Menschen reden würde, anstatt sie zu ignorieren, niederzutreten und ihnen den Mund zu verbieten, dann wüßte die Öffentlichkeit auch, warum die Linke an der Basis immer schärfer kritisiert wird und bereits drastisch Stimmen verloren hat. Ein Beispiel für Instrumentalisierung und Simulation von Basispolitik durch die Linke: der Fall Inge Hannemann, ihre Rückendeckung durch die Linke einerseits und die Betroffenen-Kritik an ihrer unbefugten Wortführerschaft und patrimonialen Vertreterrolle andererseits. Im Bereich Zivilklauselbewegung/Antimilitarismus ist das Verhalten der Linken das gleiche in (oliv)grün.

  • Ist Nicole Gohlke eigentlich bewußt, welch ein Hohn ihre als couragiert und dezidierte ausgegebene, aber in Wahrheit blasierte, bürgerlich-bräsige Haltung in Sachen Wissenschaftsfreiheit für Betroffene ist? Bei der Kritik der Linken an anderen politischen Kräften ("die Regierung" - aber gehört sie hier selbst nicht dazu?) habe ich immer stärker das Gefühl, eine Persiflage auf sie selbst zu lesen. So etwa, wenn Gohlke nun (in der Jungen Welt) sich mit "die blocken bei dem Thema immer wieder ab" die vorgeblich ahnungslose Haltung der Regierung bemängelt. Wenn man mir in der Linken zugehört hätte, hätte man schon 2008 anfangen können, Verflechtungen zwischen Militär und Wissenschaft aufzudecken, wollte man damals aber gar nicht. Auch hierfür findet sich das passende Gohlke-Zitat (natürlich ausschl. auf andere gemünzt): "Man gewinnt den Eindruck, als wolle keiner der politisch Verantwortlichen wirklich Bescheid wissen, was an den Hochschulen in puncto Militärforschung läuft." Das wollte man bei der Linken auch 2010 noch nicht, als in Ba.-Wü. ein halbherziger Versuch der Kritik an der Honorarprofessur Ischingers und der Lehrtätigkeit von Monika Lanik gestartet wurde und dann wieder versackte. Nachdem 2013 dann doch noch Intersse an umfassenderer Aufdeckung der Verhältnisse in Tübingen signalisiert wurde, verpuffte dieses nach den Wahlen, als habe es nie existiert. Der so gern bei anderen angemahnte Handlungsbedarf wird von Nicole Gohlke selbt in der Praxis dann doch nicht erkannt: https://www.freitag.de/autoren/irma-kreiten/offener-brief-an-nicole-gohlke. Dafür heißt es jedoch an anderer Stelle – sogar mit explizitem Bezuf auf den Nationalsozialismus - von ihr: „Gerade vor dem Hintergrund der jüngeren deutschen Geschichte sind aber alle Bestrebungen

    politisch zu unterstützen, wissenschaftliches Handeln in die Traditionslinie einer ethischen und

    politischen Verantwortung zu stellen.” Nur unterstützt wird man dabei eben nicht.

    • @Irma Kreiten:

      Ach ja, gstatten Sie die Frage: Was genau ist eigentlich "Militärforschung" und was daran ist "gut" oder "böse"?

       

      Als Naturwissenschaftler kann ich nämlich mit Gummibegriffen nichts anfangen. Eine erläuternde Antwort am Beispiel der vom Kollegen Klapötke dargestellten leicht abbaubaren Sprengstoffe wär mir dazu recht.

       

      Glück auf!

       

      Karl

      • @KarlM:

        "Böse Militärforschung" ist ferner für mich, wenn niemand mehr es wagt, Eingriffe in Wissenschaftsfreiheit und Manipulation von Forschungsergebnissen aufzudecken, aufzuarbeiten und zu kompensieren. Wenn gerade auch die Linke der Form "angepaßter Wissenschaftler" wenn auch nicht gerade mit Liebe und Sympathie, so doch mit einem gewissen menschlichen Respekt und Anerkennung als Gegenüber begegnet, während sie für Menschen wie mich nur Verachtung, Ignoranz, Überheblichkeit, Belehrungen, Diffamierungen und Unsterstellungen übrig hat. Letztere im Sinne eines Kalte-Krieg-Blockdenkens, dem gemäß alle Forschung, in der der beständige Liebling und große Bruder Rußland nicht ganz so gut weg käme, "Werk des Feindes" sein muß und folglich zu bekämpfen ist. "Böser Militarismus" ist für mich, wenn auch die Linke nicht bereit ist, zu den selbst proklamierten Werten zu stehen, weil man dann die eigene Verflechtung mit de facto imperialen Strukturen (Rußland! und hin- und wieder nun sogar auch Deutschland/die EU) hinterfragen und möglicherweise sogar aufs Spiel setzen müßte, das wäre dann offenbar doch recht unangenehm für die pazifistischen Freiheitskämpfer. "Böse Militarisierung" ist, wenn Wissenschaftsfreiheit kein anerkannter Wert mehr ist, es nur noch um politische Zugehörigkeiten und Zweckrationalität im Sinne der jeweils vertretenen außenpolitischen Linie geht.

      • @KarlM:

        Mit Sprengstoffen im materiellen Sinne kenne ich mich leider überhaupt nicht aus. "Böse Militärforschung" für mich ist, wenn ich ein Projekt zur Erforschung eines kolonialen Völkermordes genehmigt bekomme, es dann aber nicht verwirklichen darf, weil es außenpolitisch nicht "paßt". Wenn mir statt mit Sachargumenten mit tausenderlei Beschuldigungen, Vorwänden, Unterstellungen, Tricks, Schweigen, Wegsehen, vorgetäuschter Ignoranz und Fallstricken der Weg verbaut wird. "Böse Militarisierung" ist auch, wenn demgegenüber Kollegen, die mir fachlich und intellektuell nicht das Wasser reichen können, trotzdem Karriere machen können, weil sie sich den Vorgaben anpassen und das gewünschte liefern, und ich gegen sie aus institutionellen Gründen keinerlei Chance habe. "Böse Militarisierung" ist, wenn Kollegen zwar gerne anerkennen, daß meine fachliche Leistung brilliant sei, ich trotzdem aber nirgendwo mehr einen Fuß auf den Boden bekomme und schon gar keine Unterstützung. "Böse Militarisierung" ist, wenn ein durch CIA-Netzwerke geförderter Walt Richmond auf meiner Arbeit aufbauend ein Buch veröffentlicht, daß mir dann wiederum als "Beweis" dafür unter die Nase gehalten wird, daß es auf diesem Gebiet doch Forschungsfreiheit gäbe, "andere Wissenschaftler mit diesem Thema erfolgreich sind" und ich folglich wohl irgendwo, d.h. auf undefinierbare Art, selbst Schuld haben müsse."

        • @Irma Kreiten:

          Moin,

           

          so kann ich das auch nachvollziehen.

           

          Die Sache mit Klapötke hatte ich nur ausgewählt weil dabei die Ambivalenz so deutlich hervortritt; ärgern wollte ich Sie damit nicht.

           

          Glück auf!

           

          Karl

          • @KarlM:

            Keine Sorge, ich bin nicht beleidigt oder verärgert. Ihre Reaktion finde ich aufschlußreich und sogar ermutigend. Sie bestätigt mich darin, daß die Taktik der Linken, das Problem der Militarisierung deutscher Hochschulforschung über drei Ecken vermittelt anzugehen, durchaus nicht diplomatisch-klug ist, sondern auf höchst unnötige Weise Feindbilder produziert, von denen sich dann wiederum auch diejenigen Wissenschaftler abgestoßen fühlen, die prinzipiell ganz und gar nichts gegen Hochschulautonomie und Wissenschaftsfreiheit hätten. Verärgert bin ich über die Halbherzigkeit und die verquere und unprofessionelle Art u. Weise, mit der die Linkspartei das Thema angeht und besetzt hält. Der Sache selbst dient sie damit sicher nicht.

  • G
    Grießbrei

    Wo sind denn nun die problematischen Projekte? Das genannte aus Bremerhaven ist es wohl eher nicht, außer man ist Befürworter eines völligen Kontaktverbots zwischen Wissenschaft und Militär.

    • @Grießbrei:

      Die Problematik des Verlustes der Hochschulautonomie ist tatsächlich vorhanden, allerdings zäumt die Linke das Pferd von hinten auf. Sie stellt im Nachhinein, d.h. wenn nachdem das Thema in der Öffentlichkeit dank SZ und NDR sowieso schon "durch" ist, Anfragen über einzelne Projekte aus dem naturwissenschaftlich-technischen Bereich und deren Finanzierung. Die Tiefenstrukturen nimmt sie dabei nicht in Angriff, ebenso nicht die kriegskonforme Ideologieproduktion in den Geisteswissenschaften, die sich plötzlich ebenfalls brennend für Flüchtlingsströme, Katastrophenszenarien, Ordnungsduchsetzung, Krieg und dessen kognitive Verarbeitung interessieren. Es geht nicht um einzelne Projekte und deren Finanzierung, es geht um eine generelle wirtschaftlich-militärische Unterwanderung und Aushöhlung der akademischen Selbstbestimmung. Diese auf investigative Weise aufzudecken wäre dann allerdings wohl doch intellektuell überfordernd und als politisches Thema zu "heiß". Was von der Linken scheinbar so dezidiert vortegragen wird, ist im Grunde nichts anderes als eine dürftige Verteidigungshaltung. Man macht ein bißchen Kosmetik hier und da, ändert aber nicht wirklich den Kurs, man läßt sich juristisch bescheinigen, daß Zivilklauseln die Forschungsfreiheit nicht einschränken würden, kommt aber gar nicht auf die Idee, mit Verweis auf das Grundgesetz die Wahrung von Forschungsfreiheit offensiv einzufordern und durchzusetzen. Man ist gegen Militarisierung und eine einseitige Sicht auf das Thema "Krieg" an Hochschulen, setzt aber keine eigene positive Vision dagegen mit wissenschaftlichen Projekten, die die gegenwärtige erneute Polarisierung der Welt untersuchen und Lösungswege zur Umkehr dieses Prozesses entwickeln würden. Für mich ist die Linke mittlerweile Teil des Ganzen, das sie kritisiert.

    • @Grießbrei:

      Moin,

       

      diese blinde Hysterie ist mehr als fragwürdig! Einmal sind die aufgewendeten Mittel seit 1998(!) im Bereich der Naturwissenschaften bestenfals homöopatische Dosen an Kapital und dann gibt es praktisch keine Disziplin der NW bei deren Forschung militärische Nutzung ausgeschlossen werden kann.

       

      Sie haben völlig Recht, hier versuchen selbsternannte "Bessermenschen" ohne jede Qualifikation und Legitimation unberechtigten Einfluss auf die Forschung zu nehmen!

      Da fordern Menschen eine Debatte für die die Namen wie "Bohr" oder "Heisenberg" bestenfalls Straßennamen sind und von "Hauptsatz" allenfalls den wagen Verdacht äußern es handle sich nicht um Deutschuntericht?

       

      Als Naturwissenschaftler entscheide ich allein mit wem ich kooperiere, und mit wem nicht. Die Grenzen sind durch bestehendes Recht hinreichend bestimmt.

       

      Glück auf!

       

      Karl

      • @KarlM:

        Nur wird dieses bestehende Recht eben gerade nicht eingehalten. Als Wissenschaftler müßten Sie doch selbst wissen, daß es mit dem Überhandnehmen von drittmittelfinanzierten Projekten einerseits und dem Abbau von Stellen in den Universitäten andererseits eben nicht mehr der einzelne Wissenschaftler ist, der entscheidet, was mit wem zusammen erforscht wird. Es gibt doch diese Anstellungsverhältnisse und Finanzierungsmöglichkeiten gar nicht mehr, die ein unabhängiges Arbeiten gestatten würden und es den einzelnen Wissenschaftlern erlauben, frei nach eigener Interessenlage und eigenen Fähigkeiten zu forschen.

        • @Irma Kreiten:

          Sie kritisieren schon richtigerweise die größte Fehlentwicklung.

           

          Und ich muss gstehen der Aufwand für unabhängiges Arbeiten war und ist ganz erheblich. Wobei sich mir seit ca. 1996 die Frage stellt warum diese Entwicklung sehenden Auges von allen für die Hochschuhlfinanzierung verantwortlichen Parteien gebilligt und geduldet wurde!!!

           

          So ist natürlich ein für die das Geld verteilenden (Regierungs) Parteien ein recht bequemer Zustand entstanden: Unter dem allgemeinen Druck mangelnder Geldmittel finden isch immer genügend "Wissenschaftler" die bereit sind Arbeiten mit sehr direkter Ergebnisorientierung im Sinne der Geldgeber zu betreiben!

           

          Das kanns doch wohl auch nicht sein?

           

          Glück auf!

           

          Karl

  • Bremerhafen?

    • Wolfgang Löhr , Autor , Redakteur
      @Selektiver_Misantrop:

      Das haben wir leider übersehen. Das "f" ist weg, das "v" ist jetzt da.

      Danke für den Hinweis.