Militärforschung in den USA: Völkerverständigung per Tablet
Militäreinsätze in Krisengebieten sind gefährlich. Statt Dolmetschern will das Pentagon Prototypen für Digital-Übersetzungen einsetzen.
BERLIN taz | Wie könnte die Verständigung zwischen Besatzern und besetzter Bevölkerung verbessert werden? Diese Frage stellt man sich im Pentagon und bietet als Lösungsansatz ein digitales Übersetzungsprogramm für US-Soldaten an. Der Prototyp soll bis Ende des Jahres zum Einsatz kommen, hieß es kürzlich von offizieller Seite. Mit Tablets „bewaffnet“ sollen die US-Truppen in Afghanistan, Irak und anderen Einsatzorten selbst mit den Zivilisten kommunizieren können.
Bisher werden dafür Mittelsmänner als Dolmetscher eingesetzt. Diese übersetzen für die Soldaten vom Englischen in die lokalen Sprachen und zurück. Damit begeben sie sich in Gefahr, denn bei ihren Landsleuten wird die Kooperation mit den Amerikanern oft nicht gern gesehen. Teils bezahlen die Übersetzer den Job mit ihrem Leben, Angriffe aus dem eigenen Umfeld kamen bereits vor. Aber auch die unmittelbare Präsenz an militärischen Einsatzorten stellt eine Gefährdung dar.
Um diese einzudämmen, investierte das Verteidigungsministerium 50 Millionen Dollar in ihren Forschungszweig DARPA (Defense Advanced Research Projects Agency). Die entwickelte ein Programm für Sprachübersetzung, genannt BOLT, das zu einer „interaktiven Echtzeit-Übersetzung zwischen zwei Menschen“ verhelfen soll. Das Programm soll selbst sprachliche Feinheiten wie Slang, Dialekte und Redewendungen erfassen. Sowohl Sprach- als auch Textübersetzungen deckt BOLT ab.
Drei Jahre lang arbeiten die Forscher der DARPA bereits an der Entwicklung. Weitere Übersetzungsprogramme wie eine automatische Sprachübersetzung, die den Unterschied zwischen zu übersetzender Sprache und irrelevanten Hintergrund-Geräuschen erkennt und ein mobiler Übersetzer für Textdokumente, sind in Arbeit.
In der Zwischenzeit haben sich zivile Universal-Übersetzungs-Apps wie „Speech Trans“ für iPhone und iPad etabliert, die Sprach- und Texteingaben in über 40 verschiedene Sprachen übersetzt. Das Magazin Wired wandte 2011 zu Beginn der Forschungsphase ein, dass „das Pentagon und der Kongress sich fragen sollten, ob nicht handelsübliche Smartphones und Tablets einen günstigeren Weg zu der Technologie anbieten, die das Verteidigungsministerium will.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!
Wissenschaftlerin über Ossis und Wessis
„Im Osten gibt es falsche Erwartungen an die Demokratie“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus