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Kolumne Die KriegsreporterinSind wir alle John Kerry?

Kolumne
von Silke Burmester

Juchz! Der „Stern“ hat ein „Frisurentutorial“. Och, nö! Das ZDF hat kaum Interesse am Grimme-Preis. Geht's noch? Die taz als Vermittlungsinstanz.

Der Bildbeweis: Vermittlungskonferenz der taz. In der Bildmitte der taz-Medienredakteur. Bild: ap

H allo, taz-Medienredaktion! Du fragst dich sicherlich, wo ich unter meinem Helm diese tolle Frisur herhabe, den „lässigen Knoten mit zwei eingeflochtenen Zöpfen an der Seite“. Die habe ich von Stern.de, aus dem „Frisurentutorial“.

Weil man beim Inhaltehaus Gruner + Jahr nicht mehr weiß, wo der Stern aufhört und die Brigitte anfängt, kann man jetzt auch beim Stern Frisurentipps bekommen. Eine total nette Beautyredakteurin, Sabine, spricht zu einem, und weil sie das mit so einer nachsichtigen, weichen Art macht wie mit einem bockigen Kind, ist man am Ende des Videos ganz zuversichtlich, auch so eine schöne Frisur basteln zu können – und macht es einfach!

Was natürlich 13 Minuten dauert, aber egal. Hauptsache, der Stern ist jetzt auch so nah dran am Käufer. Ich freu mich schon auf „zauberhafte Blumenarrangements für den Balkon“ und „Kastanienmännchen“.

Apropos Kastanien: Filmproduzent Oliver Berben, Sohn von Iris Berben, will die Geschichte von Anne Frank verfilmen. Und weil er nichts tut, ohne seine Mutter unterzubringen, kann man jetzt schon rätseln, welche Rolle sie bekommt. Wird sie die 15-jährige Anne spielen? Oder wird sie die Kastanie im Hof geben, auf die Anne immer blickte?

Frau Berben, die ja nur aufgrund von Wasser so jugendlich aussieht und nie, nein, nie, nie, nie in ihrem Gesicht etwas hat machen lassen, könnte den Baum zur Hitlerzeit ebenso gut geben wie bis zu dessen Fall aufgrund eines Sturms vor wenigen Jahren, so gut hat sie sich gehalten!

Zu viel Arbeit

Leider wird sie dafür aber keinen Grimme-Preis bekommen. Nicht, weil ihr schauspielerisches Talent dafür nicht reicht, das hat die Grimme-Jury auch früher nicht zurückgehalten, ich weiß, wovon ich spreche, ich war dabei. Sondern, weil Sohn Oliver den Film fürs ZDF dreht und das gar kein Interesse an dem renommiertesten aller Fernsehpreise hat.

Bei Grimme tagen nämlich gerade die Vorjurys. Viele Vorschläge vom Institut selbst, von Fernsehleuten, aber auch von Zuschauern werden gesichtet. Darunter kaum welche vom ZDF. Der Sender ist zwar Gesellschafter des Grimme-Instituts, ist aber nach eigenen Aussagen nicht bereit, die entsprechenden Produktionen zu schicken.

Wohl den Sparmaßnahmen geschuldet, hat man kein Personal, das die Werke raussuchen könnte. Das nenne ich Respekt dem Zuschauer gegenüber! Der finanziert den Fernsehspaß, schlägt ihn auch noch vor und die sagen: Och, nö, das ist uns zu viel Arbeit, das rauszusuchen. Auch für die Schauspieler, die das Glück haben, was richtig Gutes gemacht zu haben, ist das bestimmt die blanke Freude!

Journalisten als Vermittler?

Wundern musste ich mich dieser Tage auch über die taz, liebe Medienredaktion! Die druckte am Montag ein Interview mit dem Hamburger Innensenator zu den Konflikten in der Stadt und beendet das Gespräch mit einem „Gesprächsangebot“ seitens der Autonomen an den Senator.

Was, bitte, ist das für eine merkwürdige Rolle, Lieblingsredaktion? Arbeiten Journalisten jetzt auch als Vermittler? Sind wir John Kerry? Wo ist unsere Distanz? Und wieso brauchen die Autonomen die taz als Vorsprecher? Können die nicht selbst eine Einladung schreiben? Oder wissen die nicht, wo der im Rathaus wohnt?

Ich jedenfalls freue mich, dass Die Zeit mal wieder einen Auflagenrekord vermeldet. Dann wird sie sicherlich bald die Honorare für ihre freien SchreiberInnen erhöhen. Ihre Chefs waren zwar, anders als der Senator mit den Rotfloristen, nicht zum Gespräch über den Unmut bereit, aber sie wissen ja, dass Raffen ohne Abgeben nicht schön ist. Das schreiben sie in jeder dritten Zeile ihres Blattes. Ganz freudig zurück nach Berlin!

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Kolumnistin
Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!
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5 Kommentare

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  • SE
    Schicksalsjahre einer Schauspielerin

    Jaja, sehr schön, wie immer .... aaaaber ich muss mal ne Lanze brechen für die Berbens: der Oliver hat auch die sagenhafte Miniserie "Klimawechsel" produziert, da spielen ganz viele tolle Schauspielerinnen jenseits der 40 mit - und Mutter Iris ist nicht dabei!

    Und in irgendeinem Interview (ich glaube es war im Magazin von der DB) hat Iris Berben offen zugegeben, dass sie nur noch damit beschäftigt ist, die Baustelle "alterndes Gesicht" ohne große Erfolge zu bearbeiten, um ein komplettes Auseinanderfallen zu verhindern; ich fand das richtig sympathisch.

  • Das ZDF hat genaugenommen nur Interesse an Rundfunkgebühren und Hofberichterstattung. Mich erinnert das an die Filme, wo die Verurteilten ihr eigenes Grab schaufeln müssen, bevor sie umgelegt werden. Also Ami-Western und Nazi-Doku's. Mehr ist ja auch schwer vorstellbar.

     

    In dieser Gesten-Republik wünscht man sich bei der taz offenbar, dass Rot-Floristen mit dem Senat sprechen. Bislang konnte aber noch niemand sagen, worüber dabei dann gesprochen werden soll. Ich hab schon das Video vor Augen, wie man sich in angeregter Runde ausgelassen über das Hamburger Wetter austauscht und sich die Schultern wundklopft. Aber wahrscheinlich wird davon wieder nichts, weil Helmut Schmidt die Vorräte an Friedenspfeifen im Rathaus schon längst weggepafft hat.

  • R
    Ridicule

    Ich frag nur mal -

    Winterschlaf? - bei dem Wetter;-))

  • R
    Ridicule

    Na bitte - geht doch;/))

     

    Aber - Schnittlauchlocken und

    Trockenhaubenpostille?

    da kann ja 'n Peer von loopsch warrn;

     

    korrekt: Ranwanzjournialismus

    created by tazler!? -

    wat langs Muul;

    de weet ja von de Steenstraat nix aff!

  • S
    Spaßvogel

    Immer "so nah dran" , am Taz-Fan (und Zahler) , Silke B. , die Kriegsreporterin ! Jaa , ich will auch mehr "Kastanienmännchen" ! Und ohne die Kicks wie : "Wird sie die 15-jährige Anne spielen? Oder wird sie die Kastanie im Hof geben, auf die Anne immer blickte? " - wer könnte da noch leben wollen ?!?