Bäderlandschaft in Norddeutschland: Stöpsel raus?
Schwimmen ist beliebt, doch der Unterhalt der Bäder ist teuer. Wie Osnabrück und Bremen es schaffen, ihr Angebot aufrecht zu erhalten - oder eben nicht.
BREMEN taz | Schwimmen ist in Deutschland eine der beliebtesten Sportarten, doch die dazu nötige Infrastruktur ist ein Zuschussgeschäft: Hamburg musste seiner „Bäderland Hamburg GmbH“ für 2013 rund 18 Millionen Euro zuschießen, Hannover zahlt rund neun Millionen im Jahr, und Bremen unterstützt die Bad-Betreiberin „Bremer Bäder GmbH“ mit jährlich 3,5 Millionen – der Sanierungsstau liegt allerdings auch bei 58 Millionen Euro.
Einen großen Teil der Subventionen verschlingen die hohen Unterhalts- und Energiekosten sowie der Schul- und Vereinssport. Die politisch Verantwortlichen befinden sich somit auf einer Gradwanderung: Einerseits sollen die Voraussetzungen für den Volkssport Schwimmen flächendeckend gewährleistet werden, andererseits sollen die klammen Haushalte durch die Bäderbetriebe so wenig wie möglich belastet werden. Die Konzepte zur Umsetzung dieser Ziele sind manchmal gut, manchmal schlecht und manchmal – zumindest scheinbar – nicht existent.
So muss sich der Bremer Senat dieser Tage wieder einmal Planlosigkeit vorwerfen lassen, denn entgegen seines ursprünglichen Versprechens will er das in die Jahre gekommene und marode Unibad nun doch nicht sanieren. Das hatte er im April 2013 noch vor, zehn Millionen Euro waren im Haushalt dafür vorgesehen. Bloß: Schon zwei Jahre vorher hatte eine Unibad-UnterstützerInnen-Gruppe eine Petition an die Bürgerschaft gerichtet: Das Bad müsse dringend saniert werden, und zwar sofort. Geschehe das nicht, bliebe in spätestens zwei Jahren nur noch der Abriss.
Und der wird nun kommen, denn die geplanten zehn Millionen reichen nicht. Gutachter haben einen „Mindestinvestitionsbedarf“ von 14,6 Millionen Euro errechnet – zuzüglich eines Risikozuschlags von 25 Prozent könnten Kosten von mehr als 18 Millionen Euro zusammenkommen. „Ein Fass ohne Boden“, sagte dazu Bremens Sportsenator Ulrich Mäurer (SPD).
Viele Schwimmer im Becken
Für Bremens einziges Bad mit 50-Meter-Bahn müsste ein Ersatz geschaffen werden: 35 Schwimmgruppen und -vereine nutzen das 1978 gebaute Schwimmbad, das waren 2012 fast die Hälfte aller Unibad-Besucher: Wasserballvereine, TurmspringerInnen, Kanuten und TaucherInnen trainieren hier, 25 Schulen halten Schwimmunterricht, Polizei und Feuerwehr nutzen das Bad für Ausbildungszwecke.
Mit einer zeitnahen Sanierung hätte das Urteil „Totalschaden“ wahrscheinlich abgewendet werden können. Sollten die benötigten Sanierungsmaßnahmen der anderen acht Bremer Bäder ebenso auf die lange Bank geschoben werden, drohen weitere Schließungen.
Dass die Abrissbirne nicht immer die schlechteste Lösung ist, zeigt das Beispiel Osnabrück. 1,25 Millionen Badegäste haben die städtischen Schwimmbäder im Jahr 2013 gezählt – eine stolze Zahl für eine Stadt mit nur 150.000 EinwohnerInnen. Und es ist das beste Ergebnis seit den 70er-Jahren. Dabei gab es damals noch sieben Bäder in Osnabrück. Heute sind es nur noch drei.
Sanierungsstau in Osnabrück
In die allerdings wurde investiert: Mitte der 90er-Jahre beschloss der Osnabrücker Rat ein neues Bäderkonzept, denn alle Schwimmstätten waren in miserablem Zustand. „Wir hatten einen riesigen Sanierungsstau“, sagt Marco Hoermeyer, Sprecher der Osnabrücker Stadtwerke, die die Bäder betreiben. Um unrentable Flickschustereien zu vermeiden, beschloss man die Schließung von gleich vier Bädern – was heftige Diskussionen im Rat und Bürgerproteste zur Folge hatte: Viel zu schade sei der Abriss des schönen, 1922 erbauten Pottgrabenbades direkt an der Hase und unverantwortlich die Schließung des Niedersachsenbades als einziges Wettkampfbad Osnabrücks, zu weit seien für die meisten OsnabrückerInnen künftig die Wege in eines der verbleibenden Bäder.
Die Stadt blieb hart – und das hat sich ausgezahlt. Vor allem das im März 2005 neu eröffnete Nettebad hat die Gemüter beruhigt. Für 23 Millionen Euro ist ein Hallen- und Freibad mit Spaß-Bereich, Wellness-Bereich und Sport-Bereich entstanden, mit Riesen-Rutsche und Sauna, aber auch einem Fitnessclub und einem 50-Meter-Becken. Diese Mischung macht’s offenbar: 2013 lag das Nettebad mit 720.000 Gästen auf Platz sechs der meistbesuchten Bäder Deutschlands; vor acht Jahren hatte man mit 400.000 Gästen pro Jahr gerechnet.
Die Sanierung des zentralsten Osnabrücker Bades, des Moskaubads mit seinem großen Außenbereich, war schon vor dem Nettebad erfolgt – bei laufendem Betrieb. Und als letztes Bad wurde vor drei Jahren das Schinkelbad auf Vordermann gebracht, das mit Solebad und Physiotherapie-Studio zum „Gesundheitsbad“ umgebaut wurde. Beide Bäder haben mit mittlerweile je rund 250.000 Badegästen pro Jahr ebenfalls einen Besucherzuwachs verzeichnet, die Kosten für ihre Sanierung lagen bei zusammen rund sieben Millionen Euro.
Die mit den Sanierungen einhergehenden Erhöhungen der Eintrittspreise waren in Osnabrück vergleichsweise moderat: Vier Euro kostet der Tageseintritt für das Moskaubad für einen Erwachsenen ohne Ermäßigung, die anderen Bäder haben je nach Badedauer und Wochentag gestaffelte Angebote, die ohne Ermäßigung bei 5,20 Euro beginnen.
Das Defizit des Osnabrücker Bäderbetriebs lag im Jahr 2012 bei 4,5 Millionen Euro, entsprechende Zahlen für 2013 liegen noch nicht vor. „Aber der Kostendeckungsgrad“, sagt Hoermeyer, „wird kontinuierlich gesteigert.“ Vor zehn Jahren lag er noch bei 30 Prozent. 2012 waren es 56 Prozent. Da kann man schon von einem Erfolg sprechen.
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