Russland verletzt Völkerrecht: Kein Fall von Nothilfe
Russland verstößt gegen das Völkerrecht. Der Militäreinsatz in der autonomen Teilrepublik Krim kann juristisch nicht gerechtfertigt werden.
BERLIN taz | Die Intervention russischer Truppen auf der Halbinsel Krim verstößt gegen das Völkerrecht. Russland verletzt damit das Gewaltverbot. Militärische Gewalt gegen andere Staaten ist nur zulässig zur Selbstverteidigung, in Nothilfe oder mit einem Mandat des UN-Sicherheitsrates. Keine der Voraussetzungen liegt hier vor.
Die Krim ist seit 1954 ukrainisches Staatsgebiet. Die Souveränität der Ukraine zu achten ist für Russland eine allgemeine völkerrechtliche Pflicht. Russland hat zwar aufgrund eines Pachtvertrags einen Stützpunkt auf der Krim. Da diese von der Ukraine aber nicht angegriffen wurde, liegt kein Fall von Selbstverteidigung vor.
Auch der Schutz russischer Bürger im Ausland rechtfertigt allenfalls eine kurzfristige Evakuierungsmaßnahme. Angriffe auf russische Bürger gibt es derzeit auch gar nicht. Eine Nothilfe zugunsten der alten ukrainischen Führung unter Janukowitsch kommt nicht infrage. Zum einen hat Janukowitsch bisher gar nicht um Hilfe gerufen. Zum anderen wurde er mehr oder weniger verfassungskonform seines Amtes enthoben. Es liegt kein Putsch vor, wie von Janukowitsch behauptet.
Die Führung der Autonomen Republik Krim konnte Russland nicht wirksam um Beistand bitten. Denn die Krim hat keine eigene Souveränität. Sie gehört zur Ukraine, ähnlich wie Bayern zu Deutschland gehört. Souverän wäre die Krim nur nach einer wirksamen Abspaltung. Diese wäre aber nur in Fällen extremer Menschenrechtsverletzung zulässig.
Leser*innenkommentare
Hari Seldon
Gast
@ein Mensch:
Ein Link auf Artikel 111 wurde schon in einem Kommentar bei TAZ vor 2 Tagen veröffentlicht.
rechtspolitischer Leser
Gast
Hallo Herr Christian Rath,
ich empfinde es als vernünftig was Präsident Putin jetzt organisiert und muss auch daran denken, dass die Kriegsverbrechen deutscher Soldaten gegen die Zivilbevölkerung nicht geahndet wurden.
Deutsche Soldaten haben sich bei ihren Auslandseinsätzen (u.a. Krim) nicht um Menschenrechte oder Völkerrechte geschert. Ich empfehle Ihnen „Bekenntnisse eines Ökologen“ (Heinrich Walter) als prospektive Kriegsliteratur.
Der völkerrechtliche rechtmäßige Präsident der Ukraine ist zweifellos Herr Janukowitsch.
Herr Putin hat „Fuck the EU“ nicht als Völkerrecht eingeführt.
ein Mensch
Gast
“Ukraine-Krise. Ein Kommentar von Regierungsberater und Publizist Christoph Hörstel”
Darunter ein wohl wichtiger Kommentar(!):
“Oeconomicus, ...
Auf den Punkt gebracht! Einige Worte zur vermeintlichen Legitimität der ukrainischen Übergangsregierung: Im Artikel 111 der Ukrainischen Verfassung ist das Amtsenthebungs-Verfahren eines amtierenden Präsidenten wie folgt geregelt: “Artikel 111 Der Präsident der Ukraine kann durch die Oberste Rada der Ukraine im Rahmen eines Amtsenthebungsverfahrens entlassen werden, wenn er Staatsverrat oder ein anderes Verbrechen begangen hat. Das Amtsenthebungsverfahren wird von der verfassungsmäßigen Mehrheit der Obersten Rada ... ”
Hinweise dafür, dass im Zusammenhang mit der -aus meiner Sicht- illegalen Absetzung Yanukovychs eine spezielle Untersuchungskommission gebildet oder gar das Höchste Gericht der Ukraine angerufen wurde, sind weder im Netz noch in Medienberichten oder Pressekonferenzen der Übergangsregierung zu finden. Nach übereinstimmenden Medienangaben haben in der Werchowna Rada (450 Sitze) exakt 328 Abgeordnete für die Absetzung von Yanukovych gestimmt. Rein rechnerisch wäre eine 3/4-Mehrheit zustande gekommen, wenn 338 (rechnerisch: 337,5) aller Abgeordneten für die Absetzung votiert hätten. Dies war offensichtlich nicht der Fall. So ganz nebenbei war in diversen Medien davon die Rede, dass Abgeordnete der Kommunistischen Partei und der Partei der Regionen gezwungen wurden. für die Absetzung des Präsidenten zu votieren. Handelt die jetzige sogenannte Übergangsregierung damit außerhalb jeglicher Legalität? Sollte es keine legale Übergangsregierung geben, wer repräsentiert dann Souveränität und territoriale Integrität des Landes? http://oconomicus.wordpress.com/2014/03/02/doppelmoral/ ”
Qualle:
http://german.ruvr.ru/2014_03_02/Ukraine-Krise-Christoph-Horstel-Man-kann-dem-Westen-nicht-trauen-8374/
Fehlen solche Texte bei den Medien von ARD, Bild – ZDF?
Provo
Gast
Ich frage mich, ob nicht die USA, die NATO und Israel durch ihre Völkerrechtsverstöße dieses Recht längst so ausgehöhlt haben, dass sich niemand mehr daran gebunden fühlt. Wenn Sie sich fragen was ich meine googeln Sie Noam Chomsky, der in fast jeder seiner Reden eine ganze Litanei dieser Verstöße aufzuzählen weiß.
Thomala
Gast
Die Intervention amerikanischer Truppen ... im Irak hat gegen das Völkerrecht verstoßen. Amerika verletzt/verletzte damit das Gewaltverbot. Militärische Gewalt gegen andere Staaten ist nur zulässig zur Selbstverteidigung, in Nothilfe oder mit einem Mandat des UN-Sicherheitsrates. Keine der Voraussetzungen lagt hier vor.
Die osmanischen Provinzen Bagdad, Mossul und Basra sind seit 1932 irakisches Staatsgebiet. Die Souveränität des Iraks zu achten wäre für die USA eine allgemeine völkerrechtliche Pflicht gewesen.
Auch der Schutz amerikanischer Bürger im Ausland rechtfertigt allenfalls eine kurzfristige Evakuierungsmaßnahme.
Das heißt nicht das Putin der gute ist. Nur wenn ein Machthaber eines anderen Landes das sich an den Protesten/Putsch beteiligt hat, in dem Diplomaten die Opposition unterstützten und in der Vergangenheit auch nicht besser verhalten hat, sagt Russland so nicht! Wer soll das dann noch ernst nehmen?
Bevor die sogenannte westliche Welt anderen glaubhaft Menschenrechte/Völkerrechte aufdrücken will sollten sie sich mal Gedanken machen wie man das wieder glaubhaft machen kann. Die eigenen Kriegsverbrecher in Den Haag vor Gericht stellen, wäre mal ein Anfang.
Zum anderen wurde er mehr oder weniger verfassungskonform seines Amtes enthoben. Entweder oder!
Prost Mahlzeit
Gast
Falsch Christian, Janukowitsch sagte: "Es gibt Punsch (mit Schuß) - zum trinken Christian.
Doc Benway
Gast
Dann einigen wir uns doch darauf, daß das Verhalten Russlands "mehr oder weniger" völkerrechtswidrig war ;)
Brandt
Gast
Das Völkerrecht ist einseitig zugunsten von Interessen der Souveräne gemacht worden - daher sollte man das eher "Recht der Souveräne" nennen.
Individualrechte und Gruppenrechte von Minderheiten stehen außen vor.
Russland hat eine Schutzverantwortung gegenüber russischen Staatsbürgern. Das Augenzwinkern der neuen ukrainischen Regierung in Richtung rechtsextremer Paramilitärs ist ein Aufruf zu Progromen an Russen.
Vorsicht ist die Mutter der Porzelan-Kiste.
Die Krim-Bevölkerung sollte abstimmen über ihre staatliche Eigenständigkeit von der Ukraine.
Georg
Gast
Eine absolut richtige Einschätzung, allein es fehlt die folgerichtige Schlusssequenz.
Was bitteschön hat der Westen dem entgegenzusetzen im Lichte der linken Maxime "Krieg dar nie wieder Mittel der Politik sein?
Nie wieder Krieg - also auch nicht mal Verteidigungskrieg - heisst, tatenlos zusehen. Das ist langfristig jedochj keine Lösung.
Aurora Borealis
Gast
Das nun ausgerechnet der Westen, gegenüber Russland auf die Einhaltung des Völkerrechts pocht, zeigt doch nur, mit welch dummdreisten zweierlei Maß hier agiert wird. Zumal weiterhin wichtige Fakten in Bezug auf Russland ausgeblendet werden.
Ja, das Vorgehen Russlands ist wohl völkerrechtswiedrig. Aber warum soll nun ausgerechnet Russland sich strikt an dieses halten, wenn dieses und anderes jeweils vom Westen, welcher jetzt ach so empört tut, ausgeblendet wird, wenn es den eigenen geopolitischen Interessen in den Kram passt? Diese Verlogenheit des Westens stinkt doch schon zum Himmel.
Slobodan
Gast
Ich muss lachen über so viel Naivität des Autors. Mit welcher Begründung mischen sich die USA in die Belange anderer Staaten und missachten völkerrechtliche Prinzipien (Bsp. Irak, Serbien, Libyen, Syrien, ...)?
Und nur weil westliche Medien einseitig über den Konflikt zwischen ukrainischen und russischen NationalistInnen berichten, heißt das nicht, dass solche Übergriffe auf russische BürgerInnen nicht bereits statt gefunden haben. Eine sehr juristische Sichtweise, die viele harte Fakten außer Acht lässt und somit irrelevant ist.
Peter Haller
Gast
"Zum anderen wurde er mehr oder weniger verfassungskonform seines Amtes enthoben"
Also nur ein bisschen Putsch !