Hier spricht die sonstige Partei (4): „Englisch überwuchert unser Leben“
Oft belächelt, kaum beachtet: die europäischen Kleinparteien. Die taz lässt sie zu Wort kommen. Dieses Mal: Die Espéranto-Partei.
taz: Herr Schumann, sprechen Sie Englisch?
Bert Schumann: Meine Muttersprache ist Deutsch, meine Wahlsprache Esperanto, meine Lebenssprache Französisch, meine Arbeitssprache Englisch.
Wie lautet Ihr Wahlkampfslogan?
Espéranto langue commune équitable pour l’Europe. Esperanto, gemeinsame faire Sprache für Europa.
Warum wollen Sie nach Brüssel?
Die EU-Behörden reden von Mehrsprachigkeit, aber vieles läuft nur auf Englisch. Wer nicht fließend Englisch spricht, gehört nicht dazu. Wenige Menschen fühlen sich als europäische Bürger, da sie weder ihre Nachbarvölker noch ihre Regierung und schon gar nicht Brüssel, Straßburg und Washington verstehen. Wir werden keinen Polstersessel bekommen in Brüssel, aber unser Wahlauftritt regt viele Menschen zum Nachdenken an.
Vertreten Sie eine Minderheitenposition?
Die Mehrheit denkt, Englisch sei Weltsprache. Aber laut CIA-Dokumenten verliert es diesen Status seit 1995. Englisch überwuchert unser Leben, und die Mehrheit nimmt das so hin. Nur Minderheiten versuchen, gegen den Strom zu schwimmen und ihre Kultur und ihre Sprachen zu schützen, wie es in den EU-Dokumenten steht.
ist Kandidat im Wahlkreis Übersee der Sektion Pazifik.
Die Partei Europe Démocratie Espéranto (Europa - Demokratie - Esperanto) ist in mehreren europäischen Ländern organisiert. Bei den Europawahlen 2009 erhielt der französische Landesverband 0,17, der deutsche 0,05 Prozent. Mehr Informationen unter: www.e-d-e.eu
Die Rubrik „Hier spricht die sonstige Partei“ erscheint täglich in der taz.europa. Alle Parteivertreter werden dabei mit den gleichen Fragen konfrontiert.
Warum sollten Europäer Esperanto sprechen?
Für mich ist es wie eine Fahrt auf der Autobahn gegenüber einem Stau in der Innenstadt. Ich kann frei sagen, was ich denke, ohne überlegen zu müssen, wie man sich im Deutschen richtig ausdrückt. Esperanto ist ein Baukastensystem. Ich kann viel mehr Wörter bilden, als in den Nationalsprachen existieren, und brauche gleichzeitig viel weniger Wörter zu lernen.
Was ist das schönste, was ist das nützlichste Wort auf Esperanto?
„Mirinda“ (bewundernswert) ist schön und „dankon“ (danke) ist nützlich.
Wie viele Sitze erwarten Sie bei der Wahl?
Null.
Dankon.
Nedankinde.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Thüringen auf Koalitionskurs
Wagenknecht lässt ihre Getreuen auf Wolf los
Rückgabe von Kulturgütern
Nofretete will zurück nach Hause
Autoritäre Auswüchse beim BSW
Lenin lässt grüßen
Nach Ermordung von Jamshid Sharmahd
Deutschland schließt Konsulate des Iran
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott