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Ermordete Elisabeth KäsemannDie Guerillera

Die 1977 in Argentinien ermordete Studentin Elisabeth Käsemann war keine Pazifistin. Sie sei aktives Mitglied der PRT-ERP gewesen, sagt ihr Lebensgefährte.

Unvergessen: das Schicksal der Elisabeth Käsemann. Bild: dpa

Elisabeth Käsemann ging in den 1970er-Jahren nach Argentinien. Dort engagierte sie sich in linken Sozialprojekten. Nach dem Militärputsch 1976 half sie Verfolgten, außer Landes zu kommen. In der Nacht vom 8. auf den 9. März 1977 wurde sie von argentinischen Militärs aus ihrer Wohnung in Buenos Aires entführt, in Geheimlagern gefoltert und am 24. Mai 1977 ermordet. Ihre Leiche wurde zwei Wochen lang verborgen gehalten. Erst am 6. Juni 1977 bestätigte die damalige Militärregierung offiziell den Tod Käsemanns.

Amnesty International hatte das deutsche Außenministerium in Berlin frühzeitig über die Verhaftung und den Aufenthaltsort Käsemanns informiert. Heute bestreitet kaum noch jemand, dass Elisabeth Käsemann von der damals tatenlos gebliebenen deutschen Bundesregierung hätte gerettet werden können. Eine Klage des Vaters von Elisabeth, des prominenten Theologen und Mitglieds der Bekennenden Kirche, Ernst Käsemann, gegen die Bundesrepublik wegen unterlassener Hilfeleistung, wurde dennoch abgewiesen.

Dem dabei immer wieder gezeichneten Bild von einer pazifistischen Studentin hat jetzt der argentinische Journalist und Herausgeber der Zeitschrift Bewaffneter Kampf, Sergio Bufano, überraschend widersprochen. Bufano war 1976 Käsemanns Lebensgefährte. Es sei „ein Irrtum, zu behaupten, Elizabeth sei eine Pazifistin gewesen, die nur in den Armenvierteln gewirkt“ habe, so Bufano. Sie strebte „wie diese ganze Generation“ nach der sozialen Revolution, berichtete er jetzt der argentinischen Tageszeitung Página/12.

Elisabeth Käsemann habe in den 1970er Jahren bereits früh dem revolutionären Untergrund angehört, sei aktives Mitglied des PRT-ERP gewesen. Die ERP waren neben den Montoneros die zweite große argentinische Guerillagruppe. 1972 sei Elisabeth an der bewaffneten Aktion zur Befreiung politischer Gefangener aus der Haftanstalt im südargentinischen Rawson beteiligt gewesen. 19 der Geflohenen wurden damals auf dem Flughafen in Trelew vom Militär gestellt, 16 von ihnen hingemetzelt. Nur sechs konnten ins Nachbarland Chile entkommen.

Die linksgerichteten ERP waren bereits in der Phase vor dem Militärputsch bis 1976 entscheidend geschwächt worden. 1976/77 ermordeten die Militärs etwa 5.000 weitere vermeintliche ERP-Mitglieder.

Sergio Bufano schreibt, er habe Käsemann 1976 bei einem Untergrundtreffen kennengelernt. Sie hätten sich ineinander verliebt. Elisabeth habe sich jedoch 1976 von den ERP abgewandt, sei aber in anderen politisch-militärischen Gruppen weiter aktiv gewesen. Sie war eine Militante, habe jedoch „praktisch nie“ eine Waffe benutzt. „Die Arbeiterklasse geht nicht ins Exil“, habe Käsemann im Dezember 1976 zum Abschied zu Bufano gesagt, als der nach Mexiko ins Exil ging. Elisabeth Käsemann blieb und kämpfte weiter, war also alles andere als eine naiv-mildtätige Studentin, die in den Armenvierteln Almosen verteilte.

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9 Kommentare

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  • Nehmen sie endlich Stellung herr Genscher!

  • Diese Fakten lassen Figuren wie Schmidt und Genscher in einem ganz anderen Licht erscheinen. Der Heiligenschein ist weg. Denn hier haben sie sich der unterlassenen Hilfeleistung schuldig gemacht. Da gab es doch aber noch zich weitere Leute bis hin zum Botschafter in Argentinien. Sie alle haben bei dieser Straftat mitgemacht. Und war da nicht auch noch eine Fußball- WM in Argentinien?

  • Warum hat die taz-Redaktion den Satz, "dennoch wäre es die Pflicht der Bundesregierung gewesen, Elisabeth Käsemann vor ihrer Ermordung zu retten," nicht abgedruckt?

  • Ich kann mich meinen Vorredner*innen nur anschließen. Der Artikel ist tendenziös, ohne es sein zu wollen. Das hängt mit dem öffentlichen Kontext zusammen, der im Zusammenhang mit diesem Thema entstanden ist. Auch in der Dokumentation "Das Mädchen" wurde immer wieder reproduziert: "Die BRD hätte was machen sollen, denn sie hat nichts Schlimmes getan."

     

    Ich finde die Antwort ist ganz gut zusammengefasst auf 10+5: http://zehnplusfuenf.info/node/47

     

    "Es ist traurig, wenn der einzige Lichtblick einer Dokumentation die Äußerungen von FDP-Politiker Gerhart Baum sind: "Die sogenannten Terroristen – oder die Widerstandskämpfer! – haben gegen eine Diktatur gekämpft." Denn das scheinen die beteiligten Personen immer noch nicht verstanden zu haben. Heute sagt der ehemals zuständige Staatssekretär und SPDler Klaus von Dohnanyi, er hätte damals einen Fehler gemacht, denn die Aktenlage hätte nun wirklich nicht ergeben, dass die Käsemann Terroristin gewesen sei. Da blitzt es wieder auf, das Freund-Feind-Bild, denn im Umkehrschluss bedeutet seine Aussage: wenn sie denn tatsächlich Terroristin gewesen wäre, dann wäre sie wohl im argentinischen Gefängnis richtig aufgehoben gewesen. So scheint das Auswärtige Amt damals auch gedacht zu haben und ist entsprechend untätig geblieben. Dass 'argentinisches Gefängnis im Jahr 1977' eben Folter bis zur Erschießung bedeutete, spielt nicht so die Rolle, wenn es um Linksterroristen geht, bietet sich da als Schluss an. Ach, die Menschenrechte!"

  • Ich fühle mich in einem Land nicht wirklich

    gut aufgehoben, das nach dem Krieg

    tausende Nazis mit Hilfe der USA und dem

    Vatikan nach Südamerika über "Rattenlinien" ziehen ließ.

    Die dort ansatzlos an neuen Greueltaten

    ohne Ende beteiligt waren und, ich würde

    fast wetten, auch in der Militärdiktatur des

    Herrn Videla die Finger drin hatten. Ein

    weiteres Beispiel dafür, das kapitalorientierte Interessen der Wirtschaft incl. der Rüstungsindustrie die diplomatischen Grundgesetzlichkeiten bei Regierungen wie der damaligen unter Schmidt und Genscher bestimmten. Über 100 Deutsche sind laut Wikipedia damals getötet worden. Wohl alles LInksterroristen a la RAF. Das nicht für Eine/n interveniert wurde ist ein Schande bis heute für eine Demokratie, die sich wohl nicht mehr erinnern kann, auf welch schändlichem Grunde Sie gegründet wurde. Ich kann den Eindruck gewinnen, unsere grundgesetzliche Freiheit hat schon in den 70er Jahren ausserordentliche Risse in der Fassade bekommen, die heutzutage in eine allgemeinen Alternativlosigkeit des Denkens mündet.

  • Sie war eine Militante, so so. Und dann darf die Staatsmacht auch foltern und morden und Hr.Genscher guckt beifällig schweigend zu. Hat der evtl. das Bundesverdienstkreuz bekommen, evtl. auch für dieses staatstragende Schweigen?

  • "Elisabeth Käsemann blieb und kämpfte weiter, war also alles andere als eine naiv-mildtätige Studentin, die in den Armenvierteln Almosen verteilte." und wurde deshalb zurecht gefoltert und ermordet, oder was?

     

    Mal davon abgesehen, das die Aussagen von Bufano bestimmt von Herrn Vogt einer kritischen Überprüfung unterzogen worden sind. Oder wurde da nur was übersetzt und abgetippt?

  • Diese Offenlegung hat wesentlichen Einfluss auf die Schwere der Schuld der Bundesregierung, darf das Versagen der Hilfe sogar noch als berechnet angesehen werden, um eine streitbare Linke zu entsorgen, denn ich gehe davon aus, dass deutsche Geheimdienste bestens informiert waren; nicht zuletzt durch eine vermutete gute Zusammenarbeit mit der argent. Militärjunta. Die Überzeugtheit des damaligen deutschen Botschafters Jörg Kastl, er traue E. Käsemann die Benutzung einer Waffe zu, bestätigt das Wissen darum.

     

    https://www.youtube.com/watch?v=-9RXGlR8NA0

     

    Einer der schwärzesten Kapitel der BRD. Für mich war Elisabeth Käsemann ein sehr ehrenwerter, aufrechter Mensch und wird es nach dieser Meldung keinen Deut weniger sein.

    • @lions:

      Hier noch Infos zu Jörg Kastl und H.D. Genscher bezüglich NS- Vergangenheit und ihrem vermutlichen Verständnis für das Vorgehen der Militärjunta in Argentinien.

       

      http://grundrechteforum.de/231668