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Kommentar Familienpolitik der GrünenMit der Ehe in die Mitte

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Geschlechtergleichstellung und eine Gesellschaftspolitik jenseits traditioneller Rollenbilder sind Kernthemen der Grünen. Die dürfen sie nicht aufgeben.

Familie ist da, wo Kinder sind. Zumindest sollte es so heißen Bild: dpa

W eg mit den alten Wahlkampfposen und her mit neuen Sprüchen? Ist es das, womit die Grünen glauben, wieder an einstige Erfolge anknüpfen zu können?

So sieht es zumindest aus, wenn Spitzen-Grüne jetzt ihre Steuer- und Familienpolitik radikal neu ausrichten wollen. Wenn Bundestagsfraktionschefin Katrin Göring-Eckardt von grünen Ideen wie der Vollzeitbeschäftigung für Frauen und der Abschaffung des Ehegattensplittings Abschied nimmt.

Für die Grünen geht es um viel, wenn am Sonntag in Sachsen und im September in Thüringen und Brandenburg gewählt wird. Einen Einbruch wie bei der letzten Bundestagswahl kann sich die Partei nicht leisten. Sie hat verstanden, dass auch die aufgeklärtesten und geschlechtergerecht denkenden Menschen nicht alles mitmachen, wenn sie persönlich dafür zahlen sollen. Aber muss es gleich die absolute Kehrtwende sein?

Wenn Katrin Göring-Eckardt Sätze sagt wie „Auch mit Kindern zu Hause zu bleiben muss möglich sein. Ich habe es selbst gemacht“, klingt das, als spräche da die frühere CDU-Familienministerin Kristina Schröder.

Die Gleichstellung aller Geschlechter und eine Gesellschaftspolitik jenseits traditioneller Rollenbilder sind Kernthemen grüner Politik. Der Slogan lautete mal: Familie ist da, wo Kinder sind und wo man sich umeinander kümmert. Und nicht: Einer verdient das Geld allein, damit die (oder der) andere sich um Kinder und Haushalt kümmern kann.

Davon abzurücken wäre ein Fehler. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, das gescheiterte grüne Steuerkonzept nachzubessern. Andererseits spricht Göring-Eckardt nur aus, was andere über die Grünen denken: Sie sind mittlerweile eine Partei, die mit allen Mitteln versucht, die Mitte der Gesellschaft für sich zu beanspruchen.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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8 Kommentare

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  • „Auch mit Kindern zu Hause zu bleiben muss möglich sein. Ich habe es selbst gemacht“???

    was für eine sexistische kackscheiße!

     

    die möglichekit zuhause zu bleiben muss durch familienpolitische maßnahmen verhindert werden!

     

    wo kämen wir denn dahin, wenn elter1 sich einfach zuhause um den nachwuchs kümmert, anstatt einen vollzeitjob zum mindestlohn anzunehmen!?!

     

    solch veraltete steinzeit-rollenbilder sind mit gerechter familienpolitik nicht vereinbar!

  • Es ist doch erfreulich, wenn die Grünen ihre Familienpolitik nicht dogmatisch, sondern pragmatisch und flexibel gestalten wollen. Entscheidend ist, daß darauf verzichtet wird, qua Politik eine "bessere" Gesellschaft schaffen zu wollen. Politik hat lediglich günstige Bedingungen zu schaffen, unter denen verschiedene Menschen unterschiedlich leben können. Dis akzeptieren heißt, liberal zu sein.

    • @Plumpe Emil:

      Die Grünen und liberal? LOL

       

      Die Grünen wollen alles bis ins kleinste Detail nach ihrer Ideologie regulieren und verbieten, was nicht deren Meinung entspricht.

       

      Die Grünen = erhobene Zeigefingerverbotspartei der besserverdienenden Beamten und öffentlicher Dienst

  • Mal ehrlich gerade der typische links Wähler ist es doch der noch am wenigsten Kinder hat. Also wozu bei einem Thema mitreden, von dem man eh keine Ahnung hat.

  • „Auch mit Kindern zu Hause zu bleiben muss möglich sein. Ich habe es selbst gemacht“

     

    Mit "möglich" als Stichwort. Aber das wäre ja Liberal und Selbstbestimmt. Dafür sollten die Grünen nach TAZ'chem Bild nun wirklich nicht stehen.

  • Als "ewiger Grünenwähler" sehe ich durchaus wesentliche Aspekte einer Grünen Agenda, die die Grünen von allen anderen Parteien unterscheidet. Dazu gehört ein Bekenntnis zu Individualität mit dem entsprechenden Verständnis, dass jeder sein Leben nach seiner Facon leben soll und darf.

    Als Kernthema steht der Name "Grün" für bewusstes und nachhaltiges Umweltverständnis, inclusive der sozialen Umwelt.

    Sollten die Grünen von der Forderung abrücken, dass eine Familie dadurch definieren wird, dass ein Kind vorhanden ist; und eben nicht in dem zwei Menschen verheiratet sind, so würden sie wesentliche Inhalte ihres Anderssein gegenüber den anderen Parteien über Bord werfen. In diesem Sinne ist der "Ehegattenspliting" ein absolutes gesellschaftliches Unding.

    Ebenso sieht es mit der Gleichstellung der Geschlechter aus. Die Vorstellung jedoch, dass Gleichheit bedeutet es gäbe keine Unterschied zwischen Frauen und Männern finde ich schon wieder herrlich altmodisch im Sinne von "es gibt richtig und falsch".

    Übrigens sei jedem Kind ein Elternteil gegönnt, was wirklich Zeit für es hat. Und das sind sicherlich nicht zwei; oder all zu oft nur ein Elternteil, das/die nach einem 8 Stundentag noch irgendwie Zeit für das Kind findet. Was daran ein fortschrittlich Rollenbild sein soll ist mir ein Rätsel.

    Ich bin Überzeugt, dass so wie heute über das Unding der sexuellen Freiheit im Kontext mit Kindern debattiert wird, in ferner Zukunft über das Unding der Gleichstellung von Frau und Mann, ohne jegliche Einbeziehung der Bedürfnisse von Kindern debattiert wird.

    Es ist mir übrigens wuscht, ob Frau oder Mann sich mehr um ihr/sein Kind kümmert, klar ist jedoch, dass bei zwei Vollzeitjobs Kinder sowohl zeitlich, als auch energetisch hinten anstehen müssen.

    Die Grünen tuen gut daran Frauen ihre Kinder erziehen zu lassen, so dies wollen und sie deshalb nicht als rückständig öder weiß ich was zu betrachten.

    • @Wolfgang:

      Das ist doch jetzt Ironie oder! Ich kenne kaum eine Partei die einem mehr herein quatscht und regeln will als die Grünen. Das mag mal anders gewesen sein, aber die letzten Jahre war es sicher nicht so.

  • Man könnte ja, alternativ, mal fragen, was es bringen soll, wenn statt einem, immer öfter zwei Elternteile unter den sich verschärfenden Bedingungen des Turbokapitalismus malochen sollen? Und bevor der übliche Verdacht aufkommen: Nein, der Verdiener kann selbstverständlich auch weiblich sein.