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Sadam Husseins ChemiewaffenMörderisches Verleugnen

US-Truppen fanden im Irak Tausende alte Chemiewaffen und hielten es geheim. Sie belegen die Beteiligung des Westens an ihrer Entwicklung.

Als die Amerikaner 2011 den Irak verließen, nahmen sie nicht nur ihre Waffen mit, sondern auch Wissen über Chemiewaffen. Bild: dpa

BERLIN taz | Seit 2004, ein Jahr nach Beginn der Irak-Invasion, sind US-Truppen immer wieder auf irakische Chemiewaffenbestände gestoßen, haben das aber stets verheimlicht. Mehrere US-Soldaten trugen Verletzungen davon, über die sie nicht sprechen durften und die nicht adäquat behandelt wurden. Ein Teil der Gebiete, in denen noch immer versteckte Altbestände vermutet werden, sind heute unter Kontrolle der Miliz des Islamischen Staats.

Das alles geht aus einem jetzt von der New York Times veröffentlichten Dossier hervor. Deren Rechercheure hatten sich unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz Zugang zu entsprechenden Unterlagen des Verteidigungsministeriums besorgt und mit etlichen an den Einsätzen beteiligten Soldaten gesprochen. Einige leiden bis heute an den Folgen der Chemiewaffen, mit denen sie in Kontakt gekommen waren.

Die Waffen, zum größten Teil Granaten und Raketen, stammen allesamt aus den 1980er Jahren. Da war der Irak noch Verbündeter der USA gegen den Iran – einige Granaten sind aus US-Produktion, etliche aus Spanien und Italien, deutsche Unternehmen halfen beim Bau der Giftgasfabriken.

Die Funde, auf die US-Einheiten stießen, belegten also nicht ein aktives Programm zur Entwicklung von Massenvernichtungswaffen, wie es die Bush-Regierung als Kriegsbegründung behauptet hatte. Sie belegten vielmehr die frühere Kooperation des Westens bei der Entwicklung solcher Waffen. Das wollte man lieber nicht in der Öffentlichkeit haben.

Senfgasverbrennungen und Atembeschwerden

So wurden Soldaten, Ärzte und Marinetechniker angewiesen, über die Funde strikte Geheimhaltung zu wahren. Selbst Soldaten, die mit Senfgasverbrennungen oder Atembeschwerden auf der Krankenstation waren, durften über die Gründe ihrer Erkrankungen nicht sprechen – und sie wurden auch nicht entsprechend versorgt.

Waren die US-Truppen zu Invasionsbeginn noch auf mögliche Giftgasangriffe eingestellt, galt das schon 2004 nicht mehr. Als in den Folgejahren die Schuss- und Splitterverletzungen der Soldaten durch selbstgefertigte Sprengfallen der Gegner ständig zunahmen, beachtete in den überlasteten Lazaretten niemand mehr den korrekten Umgang mit Chemiewaffenopfern.

In den wenigsten Fällen wurden die Funde so entsorgt, wie es die Chemiewaffenkonvention eigentlich vorsieht. Wurden zwischen zahlreichen konventionellen Granaten auch ein paar Chemiewaffen gefunden, jagten die US-Einheiten in der Regel einfach alles zusammen in die Luft, berichten Soldaten und Einheitenkommandeure – das Warten auf einen Spezialtrupp hätte einfach zu lange gedauert, argumentieren sie.

Mitunter wurden die Waffen auch überhaupt nicht vernichtet, ja nicht einmal ausreichend gesichert. Mit dem Abzug der eigenen Truppen überließen die USA der irakischen Regierung diese Aufgabe. Etliche jener Gebiete, wo am meisten gefunden wurde, sind heute unter Kontrolle des Islamischen Staats.

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12 Kommentare

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  • Die Behauptung einfach so, "der Westen sei beteiligt", scheint mir eine höchst ungenaue Einlassung hinsichtlich der Chemiewaffen im Irak. Welche Firmen haben das Zeug hergestellt, welche Manager müssen jetzt in den USA mit der Todesstrafe rechnen wegen Beteiligung am Massenmord? ^^

    • @Demokratie-Troll:

      Das mit den Firmen ist Unfug!

       

      Schon aus Kontroll- und Sicherheitsgründen hat die irakische Armee die entsprechenden Kampfmittel und Füllungen selbst aus den Rohstoffen und mit den entsprechenden Maschinen gefertigt!

      • @KarlM:

        @Karlm

        Unfug? Ist aber die logische Frage, statt der ungenauen Formulierung, der Westen war beteiligt, nach den Firmen zu fragen, die beteiligt waren bei der Herstellung.

        Wenn schon die Frage Unfug wäre, wäre die behauptete Beteiligung allgemeihin "des Westens", der noch größere Unfug.^^

  • Jaja, da sind sie wieder, die weapons of mass destruction, jetzt haben sie sie doch noch gefunden. Vielleicht finden sie jetzt doch auch noch Saddams alten Fleischwolf.

    • @Dudel Karl:

      Na in einem Land voller "Chemietrottel" kann man leicht über die Presse ziemlichen Unsinn berbreiten, und niemand merkts.

       

      Da kann auch fachlicher Widerspruch kaum auf fruchtbaren Boden fallen, denn es gibt fast keinen.

       

      Glück auf!

       

      Karl

  • @ Achterhoeker

     

    "Einfach" ist dabei allenfalls Ihre eingeschränkte Perspektive des ziemlich komplexen Sachverhalte?

     

    Erstmal ist festzustellen: Die Masse der Anlagen wurde in Deutschland montiert, aber erhebliche Teile der Steuerungen und sonstigen konstruktiven Elemente kamen aus USA und UK. Bei eingen Anlagenteilen wurde in D auch nur die elektrische Anlage auf die irakischen Verhältnisse umgestell, was ja unmöglich bei den eigentlichen Herstellern hätte geschehen können.

    Das ausgerechnet deutsche Firmen so dumm un geldgeil handeln, dass eben genau diese Firmen als letzter Exporteur auftreten, ist eigentlich das Unglaubliche! Leichtsinniges Mitverdienenwollen war noch nie ein guter Ratgeber...

    Und die Grundsubstanzen kamen aus alle Ländern Europas, China und den USA.

     

    So kompliziert kann es tatsächlich sein.

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • Das ist schon richtig - glauben ist in der Kirche gefordert. Aber wenn auch ein Willi noch nicht so alt sein sollte, dann empfiehlt es sich ein wenig in deutscher Geschichte zu forschen - allerdings nicht bei den deutschen Freiheitskriegen.

     

    Selbstverständlich sind aus Deutschland Anlagen und chemische Grundstoffe zur Herstellung von VX-Kampfstoffen geliefert worden. Das ist damals untersucht worden und wenn nicht der Vorstandsvorsitzende eines Mischkonzerns Eisen & Stahl die Anweisung gegeben hätte wichitge Akten aus seinem Tresor beiseite zu schaffen, dann wäre bei der Hausdurchsuchung entsprechendes Belastungsmaterial gefunden worden. Das Telefongespräch, in dem dieser die Anweisungen an seinen Assistenten gab, wurde von der HA III des MfS aufgezeichnet und archiviert.

     

    So einfach kann manchmal Geschichte sein.

  • Warum sollte das Verteidigungsministerium glaubwürdig sein? Niemals würde das Verteidigungsministerium Infos herausgeben, die es nicht herausgeben will. Ich glaube die Story nicht. Will man im Nachhinein mit angeblichen Chemiewaffen den Irak-Krieg rechtfertigen?

    • Bernd Pickert , Autor des Artikels, Auslandsredakteur
      @Willi:

      Am besten lesen Sie den verlinkten Bericht der New York Times. Der Großteil des Textes entstammt den Gesprächen mit beteiligten, betroffenen Soldaten. Auch die - zum größten Teil geschwärzten - Informationen aus dem Pentagon sind darin verlinkt. Das ist alles sehr weit davon entfernt, den Krieg im Nachhinein zu rechtfertigen, sondern ein weiterer Skandal in der ohnehin schon langen Reihe der Skandale der Bush-Regierung rund um diesen Krieg.

      • @Bernd Pickert:

        Das überzeugt mich nicht. Soldaten sagen das, was die "Führung" für die "Öffentlichkeit" freigibt sonst drohen ihnen die "Bradley Manning- Geheimnisverrat-Konsequenzen". Seit Snowden wissen wir, dass man "Informationen" besonders von "Behörden" sehr Stark hinterfragen muss.

      • @Bernd Pickert:

        Die New York Times, die ist in dieser Sache sicherlich ganz objektiv. Und das Pentagon ja auch: Völlig neutral und nur der reinen Wahrheit verpflichtet.

         

        Eieiei.

  • Würde mich ja nicht wundern, wenn die Islamisten in Syrien Giftgas aus diesen Beständen verwendet hätten. Kontakt zu den irakischen Gruppen gab es ja schon lange.