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Vor der Waffenruhe in der UkraineDas Sterben geht weiter

Im Osten kommt es zu schweren Kämpfen. Die USA werfen Russland vor, Waffen an die Separatisten liefern zu wollen. Moskau wiederum bringt die UN ins Spiel.

Noch schweigen die Waffen nicht: ukrainische Soldaten in der Nähe von Lugansk. Bild: dpa

DONEZK/KIEW dpa | Kurz vor der geplanten Waffenruhe in der Ostukraine haben sich prorussische Aufständische und Regierungstruppen im Kriegsgebiet erneut blutige Kämpfe geliefert. In der Separatistenhochburg Donezk wurden nach Darstellung der Aufständischen mindestens vier Zivilisten bei Beschuss getötet.

Die Armee berichtete am Samstag von 14 Toten im Konfliktgebiet innerhalb von 24 Stunden. Bei der strategisch wichtigen Stadt Debalzewo nordöstlich von Donezk habe es in der Nacht intensive Gefechte gegeben, teilten beide Konfliktparteien mit.

Nach einem in der weißrussischen Hauptstadt Minsk getroffenen Abkommen sollen in der Ostukraine von 0.00 Uhr Ortszeit an diesem Sonntag an (23.00 Uhr MEZ) die Waffen schweigen. Beobachter vermuten, dass beide Seiten vor der Feuerpause noch Geländegewinne machen wollen.

Russland brachte einen Resolutionsentwurf in den Weltsicherheitsrat ein, mit dem die Vereinbarungen der Minsker Friedensgespräche vom Donnerstag festgehalten werden sollen. Wie die Staatsagentur Tass berichtete, könnte das mächtige UN-Gremium an diesem Sonntag darüber abstimmen. Frühere UN-Resolutionen hatte Russland blockiert.

Treffen der Kontaktgruppe?

Die prorussischen Separatisten im Donbass warnten die Militärführung in Kiew vor einem Bruch der geplanten Waffenruhe im Kriegsgebiet. Wenn die Vereinbarungen nicht eingehalten würden, werde weiter gekämpft, drohte Separatistenführer Eduard Bassurin.

Die Aufständischen in Donezk ratifizierten das Minsker Abkommen, wie ihr Vertreter Denis Puschilin mitteilte. Er rief die prowestliche Führung in Kiew zu einem neuen Treffen der Kontaktgruppe auf. An der Verhandlungsgruppe sind auch Russland und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) beteiligt.

Die sieben führenden Industriestaaten (G7) mahnten die Konfliktparteien am Freitagabend angesichts der Kämpfe bei Debalzewo zur Besonnenheit und drohten mit Maßnahmen. Die G7 seien bereit, „geeignete Maßnahmen gegen diejenigen zu ergreifen, (...) die die vereinbarte umfassende Waffenruhe und den Abzug schwerer Waffen nicht einhalten“, hieß es. In Debalzewo sollen Tausende ukrainische Soldaten eingekesselt sein. Kiew dementiert dies.

Gepanzerte Transporter aus Großbritannien

Die USA warfen Russland vor, Waffenlieferungen an die Separatisten zu planen. Russland habe an der Grenze Nachschub vorbereitet, hieß es aus Washington. Die Führung in Moskau weist solche Vorwürfe zurück.

Der ukrainische Regierungschef Arseni Jazenjuk forderte in der Bild-Zeitung erneut Waffenlieferungen an die Ukraine. Die Bundesregierung lehnt diesen Schritt ab. Einem Bericht der britischen Zeitung Guardian zufolge übergab Großbritannien unbewaffnete, gepanzerte Truppentransporter des Typs Saxon an Kiew.

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko ernannte den in Georgien wegen Amtsmissbrauchs mit Haftbefehl gesuchten Ex-Staatschef Michail Saakaschwili zu seinem Sonderberater. Er solle sich um Waffenlieferungen an die Ukraine kümmern, sagte er Tass zufolge. Unter Saakaschwili als Präsident hatte Georgien in einem Krieg mit Russland die abtrünnigen Gebiete Südossetien und Abchasien verloren. Nach Ende seiner Amtszeit ging Saakaschwili ins Exil in die USA.

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27 Kommentare

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  • Nachem die Ukraine den Waffenstillstand ab 02.00 Uhr gebrochen hat - soll der IWF die Kredite für 6 Monate aussetzen und keine Auszahl-ungen an die Ukraine unternehmen. Der IWF darf keine Kredite an Kriegs-führende Parteien geben. Poroschenkos Wunsch nach Kriegsrecht ist da schon ein ganzes Stück weit weg von der Realität.

    • @Sierra :

      "Nachem die Ukraine den Waffenstillstand ab 02.00 Uhr gebrochen hat..."

       

      Beide Seiten melden aber nur einzelne Verstöße. Woher also die Meldung?

  • Die Banken und Rüstungskonzerne und deren Dividendengesellschaften -- der Vereinigten Staaten -- erwarten von ihrer (!) Bundesregierung entsprechende geo-militär-politische Entscheidungen und staatliche Aufträge, -- um damit auch ihren künftigen Wahlkämpfer zu finanzieren.

    • @Reinhold Schramm:

      Ach sie meinen, die Rüstungskonzerne sind eigentlich nur neidisch auf die russischen Rüstungskonzerne und würden lieber selber Waffen an die Paramilizen liefern?

      • @Arcy Shtoink:

        Was sonst sollten Rüstungskonzerne wollen?

         

        Glauben Sie, die spenden den Grünen 100.000,- Euro, damit die Kerzen für die nächste Friedens-Menschenkette kaufen?

      • @Arcy Shtoink:

        Sie sind ein Kalter Krieger und in Ihrer Zeit auf der ideologischen antikommunistischen Stelle stehen geblieben.

      • @Arcy Shtoink:

        Wenn Rüstungskonzerne vernünftig kapitalistisch arbeiten wollen, dann wird denen völlig egal sein, wen sie beliefern.

        • @Age Krüger:

          Dann haben Sie Herr Schramm also auch so verstanden.

          • @Arcy Shtoink:

            Dann erläutere ich ihnen was gemeint war:

            Rüstungskonzerne verdienen kein Geld mit Frieden sondern mit Krieg.

            Ergo, man erwartet von den Entscheidungsträgern eine zu Kriegshandlungen, führende Provokation oder Entscheidung.

            Gäbe es keine militärische Auseinandersetzung gäbe es dementsprechend weniger Nachfrage.

            Außerdem hätte man wahrscheinlich nicht die Möglichkeit westliche Waffen mit vom Westen vergeben Krediten kaufen zu lassen.

            Ich hoffe das hilft Ihnen weiter.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Jaja, die USA!

    Die werfen vor und haben selber jede Menge Dreck am Stecken. Diese Bagage sollte sich endlich aus dem Dreck in der Ostukraine und anderswo raushalten. Mit denen wird alles, aber wirklich alles, nur viel schlimmer.

  • Welche anderen UN Resolutionen, die Ukraine betreffend hat Russland blockiert? Es gab laut dem Security Council Report nur eine weitere Resolution, und diese wurde von Russland mitgetragen. Ich bitte um Aufklaerung dieser signifikanten Aussage!

  • Schrecklich ! Diese Abwesenheit vom Willen zum Waffenstillstand..

    diese hässliche Praxis bellizistischer Selbstzerfleischung im Bruderkrieg..

    ---------------

    Ist zu hoffen das die U.N.O. in die Gänge kommt um mit Blauhelmen, dort, zwischen den verfeindeten,

    einen Korridor des Friedens zu etablieren !

    MINSK I., MINSK II. und nun?

    MINSK III. sollte vorbereitet werden!

    ------------

    Das ganze Disaster in den Ukraine erinnert irgendwie an antike Gladiatorkämpfe in denen die Götter bellizistischer Machtideologien gehuldigt werden..

    Die Falken des Krieges sitzen ausserhalb der `Arena´ und feuern ihre Gladiatorsklaven an..

    Die friedliebenden Stimmen werden lächerlich gemacht...

    ------------------

    So geiht dat nich´...

  • Ein Vertreter des Rechten Sektors hat in Kiew bereits verkündet, das die Übereinkunft von Minsk von seinen Leuten abgelehnt und ignoriert wird.

    Die Milizen des Rechten Sektors werden weiter schießen.

    Bin gespannt, ob diese Information irgendwann in den deutschen

    Medien erwähnt wird.

  • Da hat sich Poroschenko ja den richtigen Berater ausgesucht. Einen Möchtegroß, der wegen seiner autoritären Allüren aus dem Amt gejagt wurde. Von dem kann er dann lernen, wie man einen Waffenstillstand bricht und in einem "glorreichen" Feldzug in weniger als 24 Stunden 3/4 seiner Armee einbüßt. Genau der richtige Mann, um noch schnell vor Sonntag 0.00 Uhr den Friedenswillen zu unterstreichen.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Wie heißt der?

       

      Sackarsch-Willi?

       

      Passt schon.

      • @Age Krüger:

        Es geht das Gerücht um, er hätte behauptet, wenn die Ukraine genug westliche Waffen bekäme, könnte sie ganz Russland erobern :-)

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Die Annektion der Krim durch Russland war daher auch nur ein Präventivschlag. Polen und Litauen sollen ja ähnliche Absichten haben.

          • @Arcy Shtoink:

            entscheidend ist was die Leute auf der Krim wollen. Und die wollen zu Russland gehören und haben kein Interesse an einer amerikanische Militärbase...

            • @fornax [alias flex/alias flux]:

              Klar Doch. Freie Wahlen auf der Krim, woran die Ukrainer nicht teilnehmen dürften.

               

              Sie mit Ihrer Lächerlichkeiten.

          • @Arcy Shtoink:

            Darauf kommen Sie jetzt wie?

             

            Oder wollten Sie einfach nur einen Hinweis auf die Rückgliederung der Krim unterbringen?

  • Ähem, werte taz, ob Sie noch einmal überprüfen könnten, ob Bild und Bildunterschrift zusammenpassen?