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Ermittlungen zu Wulff und EdathyVerdacht auf Geheimnisverrat

Ein Generalstaatsanwalt soll bei den Affären um Wulff und Edathy die Presse mit Insiderinformationen versorgt haben. Jetzt wird gegen ihn ermittelt.

Generalstaatsanwalt Frank Lüttig, Leiter der Generalstaatsanwaltschaft Celle. Bild: dpa

HANNOVER taz | Ausgerechnet ein Generalstaatsanwalt steht im Verdacht, in den Fällen Wulff und Edathy brisante Ermittlungsergebnisse an die Presse durchgestochen zu haben: Wegen Geheimnisverrats führt die Staatsanwaltschaft Göttingen ein Verfahren gegen den Celler Ermittler Frank Lüttig.

„Ihm wird vorgeworfen, als früherer Leiter der Strafrechtsabteilung im niedersächsischen Justizministerium sowie als Generalstaatsanwalt in acht Fällen in strafbarer Weise Geheiminformationen an Dritte weitergegeben zu haben“, sagte Niedersachsens grüne Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz am Freitag im Landtag in Hannover. Sieben Fälle davon beträfen das „Verfahren gegen Herrn Bundespräsidenten a.D. Christian Wulff“, ein weiterer das „gegen Herrn Edathy“.

Als Celler Generalstaatsanwalt ist Lüttig Vorgesetzter der Staatsanwaltschaft Hannover, die die Verfahren gegen Wulff und Edathy geführt hat. Der Christdemokrat Wulff wurde vor einem Jahr zwar vom Verdacht der Korruption freigesprochen – ihm war vorgeworfen worden, er habe sich in seiner Funktion als niedersächsischer Ministerpräsident von einem befreundeten Filmproduzenten zu einem teuren Besuch des Münchener Oktoberfests einladen lassen. Vor seinem Freispruch war Wulff unter dem Druck der Öffentlichkeit aber vom Amt des Bundespräsidenten zurückgetreten.

Im Fall des Ex-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy beginnt just am kommenden Montag das Strafverfahren. Dem Sozialdemokraten wird der Besitz kinder- und jugendpornografischer Bilder vorgeworfen, die er teilweise aus dem Internet heruntergeladen haben soll.

Ein innerparteilicher Intimfeind Wulffs

Die Frage, wer im politischen Berlin wann was über die Ermittlungen gegen Edathy wusste, beschäftigt in Berlin einen Untersuchungsausschuss des Bundestags – und hat zum Rücktritt von Ex-Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) geführt.

In Hannover gilt als brisant, dass selbst der Verdacht gegen Generalstaatsanwalt Lüttig durchgestochen wurde: Schon vor der Erklärung von Justizministerin Niewisch-Lennartz hatte der NDR über die Untersuchung gegen Lüttig berichtet. In Niedersachsens Justiz gibt es also mindestens einen zweiten Maulwurf.

Im Landtag sprach auch die Grüne Niewisch-Lennartz nebulös von Ermittlungen „gegen eine zweite Person“: Deren Namen dürfe sie „aus ermittlungstaktischen Gründen jedoch nicht nennen“. Dabei ist der Verdacht gegen Lüttig nicht neu. Der Generalstaatsanwalt und ehemalige Leiter der Strafrechtsabteilung im niedersächsischen Justizministerium gilt als Gewächs von Ex-Justizminister Bernd Busemann (CDU). Der amtiert heute als Landtagspräsident – und gilt als innerparteilicher Intimfeind Wulffs.

Schon in seiner im Sommer 2014 erschienenen Autobiographie „Ganz oben Ganz unten“ hatte Wulff Busemann vorgeworfen, zusammen mit Lüttig die Aufhebung seiner Immunität als Bundespräsident vorangetrieben zu haben – danach galt Wulffs Rücktritt als unvermeidlich. Busemann weist die Vorwürfe selbstverständlich zurück: Zwar habe er als Justizminister den Antrag auf Immunitätsaufhebung unterschrieben – Weisungen an die Staatsanwaltschaft habe er aber niemals erteilt.

Für die mittlerweile regierende SPD fragt deren parlamentarischer Geschäftsführer Grant Hendrik Tonne dagegen schon heute, „welche Motivation ein früherer hochrangiger Beamter im Landesjustizministerium haben kann, vertrauliche Informationen aus einem Ermittlungsverfahren gegen den damaligen Bundespräsidenten und Parteifreund Wulff zu verraten“. Justizministerin Niewisch-Lennartz betonte dagegen, auch für Generalstaatsanwalt Lüttig gelte erst einmal „die Unschuldsvermutung“ – noch.

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5 Kommentare

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  • Eine dekadente, assoziale Beamtengesellschaft. Was denken sich diese Herren eigentlich dabei! Diese Herren gehören in die "Wüste" geschickt auf Hartz IV Niveau. Was es nicht alles in Niedersachsen gibt, bzw. es ist wohl nur die "Spitze des Eisberges":

     

    1. Ein Generalstaatsanwalt, vermutlich straffällig wegen Geheimnisverrat.

     

    2. Einen 2. Maulwurf.

     

    3. Ein Richter (Jörg L.) vom Landesjustizprüfungsamt in Celle, ein Kollege vom Generalstaatsanwalt Frank Lüttig, der Jura-Examen verkaufte.

     

    4. Der Professor a.D. Thomas Abeltshauser, von der Uni Hannover (http://de.wikipedia.org/wiki/Thomas_Abeltshauser), der wegen Bestechlichkeit in 68 Fällen verurteilt wurde.

    In zwei Fällen soll er überdies Studentinnen bevorzugt behandelt haben, wenn die ihm sexuell entgegenkamen.(http://www.sueddeutsche.de/karriere/professor-vor-gericht-gute-noten-gegen-sex-1.279591)

     

    5. Ein Richterschaft, die für einen Bürger nicht mehr zu sprechen sind. Telefonnummern sind geheim. Bürger werden abgewimmelt. Wahrscheinlich aus Angst vor irgendwelchen Repressalien. Aber das hätten sich die "hohen" Herren doch vorher überlegen sollen, als Sie den Beruf ergriffen haben. Wenn es dann "Ernst" wird die Podexbacken zusammenkneifen und evtl auch "stiften" gehen.

     

    Was kommt denn noch alles?

     

    Eine tolle Gesellschaft in Nds oder auch woanders?

     

    Aber beim sog "kleinen Mann" mit der Härte des Gesetzes zuschlagen!

     

    Pfui Deibel

  • Das ist ja toll und kommt einer Bananenrepublik gleich. Ich wundere mich, warum berechtigte Beschwerden vom Generalstaatsanwalt förmlich blockiert werden. Warum eine Oberstaatsanwältin aus Verden einen unschuldigen Bürger als Straftäter bezeichnen darf, obwohl die Ermittlungsbehörden nie Beweise für Straftaten ermittelt haben. Derselbe Generalstaatsanwalt soll also selber "Dreck am Stecken" haben? Was macht den die Justizministerin dagegen? Wahrscheinlich nichts, wie in einer Bananenrepublik üblich. Die eine Krähe hackt der anderen Krähe kein Auge aus, an dem Spruch ist viel Wahrheit.

  • Ein Maulwurf kommt selten allein. Maulwürfe machen zwar unschöne Haufen, aber sie lüften auch den Boden auf, liebe Gartenfreunde!

  • Die interessante Frage wäre doch, an wen hat Frank Lüttig die geheimen Akten weitergeleitet! - Etwa an die BILD-Redaktion? Immerhin hat der Oberstaatsanwalt auf Grund eines BILD-Berichtes den Antrag auf die Aufhebung der Immunität von Christian Wulff gestellt, wie er in einem Interview mit der Welt selbst zugab.

     

    "Die Welt: An welcher Stelle war dieser Punkt erreicht?

     

    Lüttig: In dem Moment, als in der Presse zu lesen war, dass David Groenewold versucht, Beweise aus der Welt zu schaffen." [99]

     

    "Auf den angesprochenen Bericht aus der „Bild“-Zeitung hätte sich die Staatsanwaltschaft aber gar nicht stützen dürfen, verdeutlicht (Rechtsanwalt) Sauer. Denn am 14. Februar, also zwei Tage zuvor, erließ das Landgericht Köln eine einstweilige Verfügung, in der sie dem Blatt unter Androhung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 250.000 Euro beziehungsweise Ordnungshaft von sechs Monaten untersagte, weiter zu verbreiten, dass Groenewold im Hotel „Stadt Hamburg“ gefordert habe, ihm Rechnungen und Belege auszuhändigen und dass „offenbar ein weiterer Luxus-Urlaub vertuscht“ werden sollte. Diese Kölner Entscheidung basierte unter anderem auf einer Erklärung des Hotels „Stadt Hamburg“, wonach Groenewold „zu keinem Zeitpunkt“ darum gebeten habe, „die Unterlagen zu Ihrem Aufenthalt in unserem Hause zu vernichten, zu manipulieren oder ähnliches“.[100] "Der Springer-Verlag erkannte am 18. Juni die Einstweilige Verfügung als rechtskräftig an." (wikipedia - Wulff-Affäre)

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Motiv?

    Er wird's nicht umsonst gemacht haben.

    Mal bei Springer nachfragen?