Kommentar Steinmeiers Afrika-Reise: Jenseits von Krieg und Krisen
Deutschland hat verstanden, dass Afrika nicht nur ein Markt für Entwicklungsgelder sein kann. Sondern vielleicht sogar für deutsche Produkte.
A usgerechnet zu Hoch-Zeiten der Ukraine-, Nahost- und Griechenlandkrise einen Abstecher nach Afrika zu machen – das ist für einen deutschen Außenminister ziemlich ungewöhnlich. Obwohl der afrikanische Kontinent an der Bundesrepublik fast so nah dran ist wie die Ukraine, hat man in Berlin die südlichen Nachbarn nicht so richtig auf dem Schirm, zumindest bislang nicht.
Doch jetzt läutet die Bundesregierung eine neue Phase ihrer Afrika-Politik ein. Steinmeier machte dafür vergangene Woche den Auftakt: In Kinshasa, Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo, eröffnete er ein Goethe-Institut, in Ostkongos Provinzhauptstadt Goma einen Teilabschnitt der zerstörten Flughafenlandebahn. Dann ging es weiter ins Nachbarland Ruanda, von dort aus nach Kenia, beides Mitglieder in der Ostafrikanischen Union. Überall sprach er mehr über wirtschaftliche Entwicklung anstatt über Krisen und Kriege.
Wow, auch hier hat Deutschland jetzt anscheinend verstanden, dass Afrika in Zukunft nicht nur ein Absatzmarkt für Entwicklungsgelder und Rüstungsgüter, sondern vielleicht sogar für deutsche Produkte sein kann.
So richtig fiel das in Berlin erst auf, als die Franzosen 2013 alle Kraft voraus nach Afrika vordrangen, französische Soldaten sich in den Konfliktherden Malis und der Zentralafrikanischen Republik engagierten und die Deutschen dies finanzieren. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat einsehen müssen, dass es auch ihr an einer Afrika-Strategie fehlt. Bisher wurde sie noch zurückgepfiffen.
Steinmeier wollte sich die neue Afrika-Politik schon lieber selbst auf die Fahnen schreiben. Doch die Konkurrenz ist groß. In zwei Wochen tritt Entwicklungsminister Gerd Müller seine Afrika-Reise an. Anscheinend hat sich herumgesprochen, dass der Kontinent doch eine Reise wert ist.
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