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Kommentar SteuerskandaleKriminell in Luxemburg

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Die Steuerflucht ist ein Auslaufmodell. Sie wird von der legalen „Steuergestaltung“ ersetzt. Dadurch entgehen dem deutschen Fiskus jährlich Milliarden.

Noch liegen die Stifte beieinander. Bild: reuters

S teuersünder haben es jetzt schwer. Immerzu sind neue CDs unterwegs, auf denen ihre Straftaten verzeichnet sind. Der jüngste Fall ist ein Datensatz, der Briefkastenfirmen in Panama verzeichnet – vermittelt unter anderem durch die Commerzbank.

Es ist ironisch: Die weltweite Steuerflucht wäre ohne Computer nicht denkbar, ist aber genau deswegen so gefährlich. Deutsche Steuersünder wollen ja nicht in Panama leben, sondern nur per Mausklick einen Server ansteuern. Aber dieser Klick hinterlässt eine Datenspur, und irgendein Bankangestellter mit Geldbedarf findet sich immer, der die Konteninformationen an den Fiksus verkauft.

Die simple, kriminelle Steuerflucht ist ein Auslaufmodell, denn die Datenlecks werden ständig größer – und sind für die Banken nicht mehr beherrschbar. Allerdings ist dies kein großer Trost, denn längst gibt es Ersatz: die legale „Steuergestaltung“.

Berüchtigt sind Fälle wie Apple oder Amazon, die ihre Gewinne von einem Land ins nächste schieben, bis sie fast keine Steuern mehr zahlen. Dieser Unsinn heißt offiziell „Steuerwettbewerb“. In der EU ist es erlaubt, dass Länder wie Luxemburg oder Irland ihre Nachbarn beklauen, indem sie abstruse Steuergesetze erlassen, um ihren „Standort“ attraktiver zu machen.

Der französische Ökonom Gabriel Zucman hat den Schaden kürzlich geschätzt: Durch die legale Steuergestaltung entgehen dem deutschen Staat jährlich 20 Milliarden Euro, bei der kriminellen Steuerflucht sind es „nur“ 10 Milliarden.

Aber ob legal oder illegal: Luxemburg ist immer dabei. Auch die Briefkastenfirmen in Panama wurden von der Luxemburger Tochter der Commerzbank vermittelt. Ohne Scherz: Der Finanzsektor in Luxemburg ist eine kriminelle Vereinigung.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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2 Kommentare

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  • Warum ins Ausland, Deutschland ist für mich die größte Steueroase der Welt, wird halt nur anders genannt: "Steuerausnahme- Tatbestände" Also völlig legal. Deshalb existieren die Steuersätze auch nur auf dem Papier. Nominal zahlen sie alle ihre Steuern, aber effektiv mitnichten.

     

    Denn so viele Steuerausnahme Tatbestände im deutschen Steuerrecht, ermöglichen es doch gerade Besserverdienern in diesem Land sich ganz legal "Arm" zu rechnen.

    Hinzu kommt, dass Kapitalbesteuerung geringer besteuert wird, als Arbeitseinkommen. Seit dem das Stiftungsgesetz geändert wurde, haben sich die Gründungen verdreifacht.

  • frei nach dem Motto: Wer braucht noch Feinde, wenn er solche Freunde hat.

    nächste Folge: Die USA, unser großer Bruder?