Apples Steuerdeals in Irland unzulässig: 13 Milliarden Euro Nachzahlung
Jahrelang ermittelt die EU-Kommission zu Apples Steuern in Irland. Jetzt fordert Brüssel eine milliardenschwere Nachzahlung von Apple.
BRÜSSEL/DUBLIN dpa | Die EU-Kommission erklärt die Steuerkonditionen für Apple in Irland für unzulässige Beihilfen und setzt eine Steuernachzahlung in Höhe von 13 Milliarden Euro fest.
Die EU-Kommission erklärte bereits in einer vorläufigen Einschätzung im Zuge ihrer jahrelangen Ermittlungen, Irland habe Apple günstigere Steuerkonditionen gewährt, um den Konzern als Arbeitgeber zu gewinnen. Das wäre aus Sicht der Brüsseler Behörde eine wettbewerbswidrige Beihilfe. Die von der Kommission angeprangerten Deals gehen auf das Jahr 1991 zurück und wurden 2007 erneuert.
Die irische Regierung bestand im Vorfeld darauf, dass die Vereinbarungen rechtens seien, und kündigte an, sie wolle vor Gericht ziehen, wenn die Kommission die Steuerdeals für unzulässig erklären sollte. Auch Apple schloss einen solchen Schritt nicht aus. Der Konzern wolle in Brüssel fair angehört werden, sagte Apple-Chef Tim Cook jüngst in einem Interview der „Washington Post“. Anderenfalls werde Apple Widerspruch einlegen. Der Konzern betonte stets, er zahle alle geforderten Steuern.
Apple lässt einen erheblichen Teil des weltweiten Geschäfts über Tochterunternehmen in Irland laufen. Daher könnte es für den Konzern auch um viel Geld gehen. So ist eine der Töchter dafür zuständig, Geräte aus Asien zum Verkauf in Europa umzuschlagen. Außerdem übernehmen irische Apple-Firmen einen Teil der Entwicklungskosten, dafür bekommen sie Rechte an intellektuellem Eigentum übertragen und entsprechend wird dorthin auch ein Teil der Gewinne abgeführt. Eines der irischen Tochterunternehmen verwaltet bereits besteuerte Konzerngewinne. Die Struktur mit Töchtern in Irland gibt es schon seit 1980.
Apple: Brüssel als übernationale Steuerbehörde
Die EU-Kommission ermittelt nur gegen Irland, aber letztlich würde Apple zur Kasse gebeten, um den für eine illegale Beihilfe erklärten Betrag zurückzuzahlen.
Der bisher höchste Betrag in solchen Untersuchungen wurde vom französischen Energiekonzern EDF zurückgefordert, der 2015 angewiesen wurde, rund 1,4 Milliarden Euro an Frankreich zu zahlen. Die ursprüngliche Entscheidung über einen Betrag von 889 Millionen Euro hatte die Kommission noch 2003 getroffen, danach ging der Fall durch Gerichtsinstanzen und es sammelten sich rund 490 Millionen Euro Zinsen an. Das zeigt auch, wie lange es dauern kann, bis schließlich Geld fließt.
Medienberichten zufolge leitete Vestager den Text ihrer Entscheidung erst am Montag an die anderen Kommissare weiter und wollte sie in einem Schnellverfahren behandeln, damit keine Informationen vor der offiziellen Ankündigung durchsickern.
US-Unternehmen bringen im Ausland verdientes Geld nicht ins Heimatland, weil dabei 35 bis 40 Prozent des Betrags an den Fiskus gehen würden. Apple hatte zuletzt Geldreserven von gut 230 Milliarden Dollar, die zu mehr als 90 Prozent außerhalb der USA lagern. Der Konzern setzt sich für eine Steuerreform in den USA ein. Das amerikanische Finanzministerium hatte jüngst das Brüsseler Vorgehen bei den Steuerermittlungen kritisiert und der Kommission vorgeworfen, als eine Art übernationale Steuerbehörde zu agieren und US-Firmen zu benachteiligen. Die Kommission wies das zurück. Nachzahlungen in der EU können auch die Steuerlast der Unternehmen in den USA senken.
Leser*innenkommentare
jhwh
... zum Vergleich:
- Erhöhung des Spitzensteuersatzes in D von 45% auf 49% bringt 1,1 Mrd.
- Erhöhung der Abgeltungssteuer von 25% auf 30% bringt 1 Mrd.
- Erbschaftssteuerreform; Steuersätze erhöhen, Freibeträge senken und Schlupflöcher schließen brächte lt. DIW (ja ich weiß aber ich habe keine besseren Zahlen) 6 Mrd.
btw: D steht trotz Haushaltsüberschuß mit ca. 2000 Mrd. in der Kreide
(http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/reichensteuer-so-viel-bringen-hoehere-steuern-fuer-vermoegende-a-848522.html)
Stefan mit f
13 Mrd. - nur bei Apple ...
Mayerlei
ist jetzt auch nicht so viel für einen Großkonzern
die Versorgung der Flüchtlinge kostet zur zeit 55 Milliarden pro Jahr. Man muss alles immer in Relation setzen.
Stefan mit f
Richtig, es ist nicht viel für so einen Konzern. Die entscheidende Frage ist ja, wie viel Apple insgesamt gezahlt hat und (noch interessanter) wie hoch deren Steuersatz liegt - im Vergleich mit einem irischen Bäcker. Der Bäcker-Satz liegt bei ca 12.5%, der von Apple bei 0,005. Apple hat sicher mehr als nur 13 Mrd an Steuern "gespart". Der Bäcker jedoch nicht.
Allerdings geht es nicht nur um Apple. Die sind nur bei den ersten, die es erwischt hat. Ob es unter den deutschen DAX-Konzernen und ihren internationalen Pendants auch nur einen einzigen gibt, der kein Steuersparmodell - irisch, holländisch, luxemburgisch etc. - in Anspruch nimmt, bezweifle ich.
Diese Steuersparmodelle sind natürlich alle legal, deswegen aber nicht weniger skandalös. Wenn die Konzerne die ortsüblichen Bäcker-Steuersätze bezahlen würden, dann könnte man jedes einzelne Flüchtlingsheim mit Wurzelholz ausstatten und zugleich den Steuersatz der Bäcker senken.
86548 (Profil gelöscht)
Gast
@Stefan mit f Apple hatte laut Geschäftsbericht in 2015 etwa 72 Mrd Gewinn erzielt und etwa 20 Mrd. Steuern bezahlt. Macht eine Quote von etwa 30 %. Ist doch gar nicht so wenig.
Stefan mit f
Auf das Europageschäft hat Apple 0,005% gezahlt. Das ist wenig. Sogar sehr wenig!
Es ist aber interessant zu wissen, dass diese Firma in anderen Regionen tatsächlich Steuern bezahlt, nur eben hierzulande nicht. Es geht also doch, bzw, es ginge, wenn man wolle.
86548 (Profil gelöscht)
Gast
Ein geniales Geschäftsmodell: Die Politik erlässt Gesetze, die den Unternehmen günstige Steuern garantieren. Dadurch werden Unternehmen angelockt. Jahre später erklärt die Politik ihre eigenen Gesetze für illegal und bittet die Unternehmen zur Kasse.
sart
Diese Gesetze waren von Anfang an unrechtmäßig.
Wenn es nicht möglich wäre, das auch nachträglich noch festzustellen, wären die Verfassungsrichter arbeitslos.
86548 (Profil gelöscht)
Gast
@sart Ich finde es doch auch super. Leichter kann ein Staat kein Geld verdienen. Und der fade Beigeschmack stört doch nicht wirklich.
JBS_6623
Nö - Apple und Irland haben einfach gehofft, dass sich die EU-Komission nicht traut.
Nun sind zwei Dinge passiert:
1) Apple beginnt mit Drohungen und zeigt damit, dass es ein stinknormaler kapitalistisches Unternehmen ist - und jetzt reif für den Produktboykott ;-)
2) Wir könnten Anfangen zu begreifen, warum die EU so wichtig ist und als Bürgerinnen und Bürger endlich die Europa-Feinde in CDU, CSU, AfD und Linke abwählen