Afrika im Museum: Kolonialismus bald vorbei
Museum für Völkerkunde ruft ein Afrika-Jahr aus und verabschiedet sich vom bisherigen Ausstellungskonzept.
„Ganz Afrika in einem Raum – so eine Präsentation ist nicht mehr zu halten.“ Wulf Köpke, Direktor des Museums für Völkerkunde, findet klare Worte für den bisherigen Umgang seines Hauses mit Exponaten aus den einstigen Kolonien. Denn ein einziger Saal für einen Riesenkontinent, das ist Hilf- und Gedankenlosigkeit zugleich und ignoriert außerdem, dass man sich inzwischen übers Internet oder bei den 50.000 in Hamburg lebenden Afrikanern detailliert informieren kann.
Konglomerat verschwindet
In anderen Worten: Der Afrika-Saal wird bis zum Herbst abgebaut – zugunsten themen- oder regionsspezifischer Ausstellungen. Die erste soll ab dem 11. Oktober von durchaus konkurrierenden afrikanischen Schönheitsidealen handeln. Später will Köpke die Europa- und die Asien-Abteilung umstrukturieren. Auch hier soll das aktuelle Exponat-Konglomerat differenzierteren Präsentationen weichen.
Starten wird das für 2015 ausgerufene Afrika-Jahr des Museums mit einer Schau über Kolonialismusgeschichte: „Aus einer anderen Zeit“ heißt sie und zeigt die Exponate zur neuen Monografie des Ex-Museumschefs Jürgen Zwernemann über die Kassena und Nuna. Zwernemann zählte 1954 zu den ersten deutschen Ethnologen, die nach dem Zweiten Weltkrieg im damaligen Französisch-Westafrika forschen durften – bei den Kassena und Nuna im heutigen Burkina Faso sowie in Ghana.
Zwernemann und seine Kollegen erkundeten dort dörfliche Strukturen und spirituelle Bräuche, brachten 2.000 Gegenstände mit. Einige – etwa die Masken – waren nachgebaut, weil die echten aus spirituellen Gründen nicht verkäuflich waren. Andere Stücke sind echt, und der aktuelle Museumschef Köpke betont, dass die Forscher sie damals „im Spätkolonialismus“ partnerschaftlich erworben hätten.
Was nicht heißt, dass alle Bestände unbedenklich wären – weswegen Köpke zusammen mit dem Kolonialismus-Professor Jürgen Zimmerer 2014 ein Forschungsprojekt initiierte, bei dem Studenten exemplarisch die Viten von 20 Exponaten ergründen. Dazu wird es Texte geben, die den Besuchern über eine Museums-App zugänglich gemacht werden sollen. Und falls die Studierenden herausfinden, dass Dinge zu Unrecht im Museum sind, will Köpke mit den betreffenden Staaten oder Communitys verhandeln.
Digitale Verfügbarkeit
Mit den Palau-Inseln etwa laufen derzeit Verhandlungen über Gegenstände, die Hamburger Forscher 1910 dort kauften. Dieses Jahr wird eine Palauer Wissenschaftlerin herkommen und die digitale Erfassung der Exponate vorbereiten. Ähnliches ist mit Neuseeland geplant, „denn wir müssen uns ja fragen: Wie machen wir diese Dinge den betreffenden Völkern zugänglich?“ sagt Köpke. Oft seien sie mit der digitalen Verfügbarkeit einverstanden, sodass die Exponate in Hamburg bleiben könnten.
Manchmal erfahre man auch, dass ein Gegenstand spirituell wertvoll oder gar gefährlich sei und daher sei die Kooperation mit den Communitys so wichtig. „Die Geistertanzhemden der Schwarzfuß-Indianer sollen wir nicht herausgeben, hat uns ein Medizinmann gesagt“, sagt Köpke. Tatuierte Maori-Schädel wiederum habe das Museum 1992 von sich aus restituiert.
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