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US-Drohnenangriffe in PakistanRichter will gegen CIA ermitteln

Ein pakistanischer Richter hat Ermittlungen gegen frühere CIA-Mitarbeiter angeordnet. Das könnte für beide Regierungen zum Problem werden.

Drohne des Typs MQ-1 Predator (Undatiertes Bild der US Air Force). Bild: dpa

BERLIN taz | Eine US-Drohne hat mutmaßlich am 31. Dezember 2009 in Mir Ali im pakistanischen Nord-Waziristan im unruhigen Grenzgebiet zu Afghanistan drei Personen getötet. Die Opfer sollen Aufständische gewesen sein. Beweise dafür gibt es nicht. Zwei Opfer waren der Sohn und Bruder von Kareem Khan. Er beteuert, die beiden hatten „nichts mit den Taliban zu tun“. Der Journalist klagt gegen ihre mutmaßlichen Mörder.

Inzwischen erzielte Khan einen Achtungserfolg. Am 7. April ordnete ein Richter am High Court von Islamabad Ermittlungen gegen den damaligen CIA-Chef in Pakistan und einen früheren CIA-Juristen und gleichzeitigen US-Generalkonsul an. Der US-Geheimdienst CIA soll die Drohnenangriffe im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet durchführen. Das Pech für Jonathan Bank und John A. Rizzo ist, dass ihre normalerweise gut gehütete Geheimdiensttätigkeit 2010 öffentlich wurde. Nach Demonstrationen gegen US-Drohnenattacken gab es Todesdrohungen, weshalb die beiden sicherheitshalber in die USA gebracht wurden.

Dort sind sie auch vor Pakistans Justiz sicher. Doch belastet die Entscheidung des hohen Richters jetzt nicht nur die ohnehin angespannten Beziehungen zwischen beiden Staaten, sondern wirft auch ein schlechtes Licht auf die umstrittenen Praktiken der USA im „Krieg gegen den Terror“ wie gegen die mutmaßliche Komplizenschaft pakistanischer Stellen. Das dürfte die Fortsetzung des Drohnenkriegs in der Region erschweren.

Richter Shaukat Aziz Siddiqui ordnete mit seinem Urteil Pakistans Polizei an, gegen die früheren US-Agenten wegen „Mordes, Verschwörung, Terrorismus und der Führung eines Krieges gegen Pakistan“ zu ermitteln. Bank und Rizzo gelten als mögliche Schlüsselpersonen der US-Drohnenangriffe zu jener Zeit vor Ort.

Berufung angekündigt

Siddiquis Urteil hob die Entscheidung einer unteren Instanz auf, die Khans Klage unter Verweis auf mangelnde Zuständigkeit abgewiesen hatte. Auch Pakistans Polizei hatte sich bisher geweigert, gegen die damaligen CIA-Mitarbeiter zu ermitteln.

Pakistanische Analysten werden Siddiquis Urteil vor allem als symbolischen Erfolg und erwarten, dass Pakistans Regierung selbst eine höhere Instanz bemühen dürfte. Gegenüber dem US-Magazin Time kündigte ein Polizeisprecher bereits Berufung an. Bis zur letztinstanzlichen Entscheidung dürfte die Polizei untätig bleiben.

Sollten Bank und Rizzo, wie erwartet wird, eine Zusammenarbeit mit den pakistanischen Behörden verweigern, bliebe es beim symbolischen Urteil. Das entlarvt ein weiteres Mal auch Pakistans Regierung. Diese hat wiederholt öffentlich gegen US-Drohnenangriffe protestiert. Doch gilt als ausgemacht, dass sie diesen insgeheim zumindest implizit zugestimmt hat. Das würde auch deutlich, wenn die Regierung gegen das Urteil in Berufung geht.

Keine offiziellen Zahlen

Die gegenwärtige Regierung von Nawaz Sharif hat sich öffentlich bisher so deutlich wie keine Regierung zuvor gegen die US-Drohnenangriffe ausgesprochen. Doch hat sie in dieser Angelegenheit letztlich wenig zu sagen. Entscheidend ist die Position der Militärführung, die in der Frage zurückhaltender agiert und großes Interesse an neuen US-Waffen hat.

Zuletzt gingen die US-Drohnenangriffe in Pakistan zurück. Gab es 2010 122 Angriffe, waren es 2014 noch 22. In diesem Jahr sollen es es bisher vier gewesen sein. Laut dem Bureau for Investigative Journalism töteten Angriffe mit Drohnen seit 2004 in Pakistan 3.945 Menschen, darunter 960 Zivilisten. Offizielle Zahlen gibt es nicht. Der Drohnenkrieg eskalierte unter den Friedensnobelpreisträger Barack Obama.

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1 Kommentar

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  • 9G
    9076 (Profil gelöscht)

    Deutschland trägt die Mitschuld an solch einer völkerrechtswidrigen Praxis. Schließlich werden Drohnenangrifffe von hier aus koordiniert und gesteuert.

    "Westliche Werte" lassen sich durch Drohnenangriffe im Ausland auf Dauer schlecht vermitteln.

    Moralisch und ethisch einer der ekeleregensten Terror- Praktiken die der Westen neben Folterei und Bombardierung fremder Länder -ohne UN Mandat - in jüngster Vergangenheit geschaffen hat.

    Verlöre ich Angehörige durch solch perfide Praktiken des Westens würde ich mich radikalisieren- allein aus Ohnmacht, weil sich das Kriegsverbrechertribunal nicht für eine verarmte Witwe aus der Region Peschawas interessieren wird.