piwik no script img

Geldspritze für HochwasserschutzMehr Platz für die Flüsse

Der Bund stellt 320 Millionen Euro zur Verfügung, damit die Länder neue Überschwemmungsflächen für große Flüsse schaffen. Bauern werden entschädigt.

Hochwasser an Donau (2013): Solche Bilder soll es künftig nicht mehr geben. Bild: dpa

BERLIN taz | Beim Hochwasserschutz vollzieht sich ein doppelter Paradigmenwechsel. Während bisher allein die Länder dafür zuständig waren, steigt nun der Bund in die Finanzierung von Maßnahmen an den überregional bedeutsamen Flüssen Rhein, Elbe, Donau, Weser und Oder ein. Bis 2018 werden dafür 320 Millionen Euro aus dem Investitionspaket eingesetzt, teilten Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) und Agrarminister Christian Schmidt (CSU) am Dienstag mit.

Insgesamt sollen über einen Zeitraum von 20 Jahren 5,4 Milliarden Euro ausgegeben werden, von denen der Bund 60 Prozent trägt. „Vorbeugen ist besser, als hinterher Schäden zu beseitigen“, so Hendricks.

Auch inhaltlich gibt es eine Verschiebung: Während zum Hochwasserschutz bisher vor allem Deiche erhöht und verstärkt wurden, setzt das neue Programm darauf, Überschwemmungsgebiete zu schaffen. Im ersten Schritt sollen an fünf Stellen die Deiche zurückversetzt werden, um den Flüssen mehr Platz zu geben; zudem werden zehn sogenannte Polder gebaut – eingedeichte Bereiche, die bei Hochwasser gezielt geflutet werden können.

„Es bleibt kein anderer Weg, als die Natur als die bestmögliche Auffangfläche zu nutzen“, sagte Schmidt. Sofern die Überflutungsflächen nicht komplett vom Staat aufgekauft werden, sondern im Besitz von Landwirten bleiben, erhalten diese eine finanzielle Entschädigung für die eingeschränkte Nutzung.

Durch alle geplanten Deich-Verlegungen werden nach Angaben von Hendricks rund 20.000 Hektar Überflutungsfläche entstehen. Zusammen mit den Polderflächen könnte der Hochwasserpegel der Elbe um 79 Zentimeter gesenkt werden, an der Donau wäre eine Absenkung von bis zu 1,60 Meter möglich.

Lob von Umweltschützern

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) lobte die Pläne als „überfälligen“ ersten Schritt einer neuen Flusspolitik. Kritisch sieht der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger allerdings die Pläne für die Donau: „Dort liegt der Schwerpunkt auf technischem Hochwasserschutz mittels Polder“, sagte er. Diese seien weniger effektiv und weniger ökologisch als natürliche Überflutungsflächen durch rückverlagerte Deiche.

Für die Grünen kritisierte der umweltpolitische Sprecher Peter Meiwald das Programm als nicht ambitioniert genug. „Bei derzeitiger Haushaltslage wären höhere Investitionen notwendig und vernünftig gewesen“, sagte er.

Entstanden waren die Pläne für eine verstärkte Zusammenarbeit von Bund und Ländern nach dem Hochwasser, das im Jahr 2013 weite Teile Deutschlands überflutet und Milliardenschäden verursacht hatte.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Hört sich erst mal gut an. Der Pferdefuss kommt meistens von hinten, wenn man damit gar nicht rechnet.

     

    Insgesamt sehe ich es positiv, wie sich die Sicht der Dinge über die Jahre entwickelt hat und dass es - wenn auch mit Verzögerung - nun endlich in die Politik einfließt. Wenn man bedenkt, dass sich noch vor einigen Jahren so etliche Kommunen für teuer begradigte, in Kanäle eingezwängte Flüsse mit Gedenksteinen selbst feierten und sich für vollbrachte Flussbegradigungen im Zuge von Flurbereinigungen selbst Denkmäler setzten...

     

    Mit der Natur verbundene Menschen haben so etwas immer als Zwangsjacken für die Natur empfunden und gegen Atemnot gekämpft.

     

    Das klingt sehr positiv. Hoffentlich wird es rasch umgesetzt und scheitert nicht wieder an Einsprüchen von Bundesländern, die zwar gerne Geld des Bundes sehen, sich aber nicht in ihre Befugnisse "hineinregieren" lassen wollen!

  • Dies sollte aber gleichzeitig mit der Beschaffung von landwirtschaftlich nutzbaren Ausgleichsflächen geschehen, sonst wird noch mehr Urwald in Brasilien gerodet werden müssen, um den hiesigen Bedarf an Agrarprodukten zu decken.

     

    Hat Peter Meiwald denn dazu überhaupt nichts gesagt?