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Prozesse gefährdet

WIDERSTAND In den USA ist nicht nur die Schließung verschoben, auch die Verfahren sind fraglich

WASHINGTON taz | In den USA wächst der politische Widerstand gegen den rechtsstaatlichen und transparenten Umgang mit Terrorverdächtigen. Nicht nur die Schließung von Guantánamo ist verschoben – ohne verbindliches neues Datum –, sondern auch die Terrorprozesse vor Bundesgerichten in den USA sind gefährdet.

Die oppositionellen RepublikanerInnen verlangen die Militärgerichtsbarkeit. Seit dem verhinderten Flugzeugattentat von Weihnachten erreichen sie damit weite Teile der US-Öffentlichkeit. Rückendeckung erhalten sie von demokratischen PolitikerInnen, die keine Terrorismusprozesse in ihren Wahlkreisen haben wollen.

Umar Abdulmutallab, der nigerianische „Unterhosenbomber“, dient den republikanischen KritikerInnen als Aufhänger. Sie beklagen unter anderem, dass er zu Beginn seines Verhörs über seine verfassungsmäßigen Rechte belehrt worden ist. Unter anderem über jenes, die Aussage zu verweigern. Die Tatsache, dass Abdulmutallab weitgehend mit den Ermittlern kooperiert, hindert die RepublikanerInnen nicht an ihrer Kampagne. Ziel ist es, die Antiterrormethoden der Obama-Verwaltung als „zu weich“ anzuprangern.

Seit Januar ist auch der Ort für einen Prozess gegen die mutmaßlichen Drahtzieher der Attentate vom 9. September 2001 unklar. Wegen zu hoher Kosten und aus „Sicherheitsgründen“ lehnte der Bürgermeister von New York es ab, das Verfahren in Manhattan zu organisieren. An anderen möglichen Standorten in den USA, darunter Alexandria in Virginia, wehren demokratische PolitikerInnen mit denselben Argumenten Prozesse ab.

Die Kampagne der RepublikanerInnen hat durchsichtige politische Motive. Die juristische Praxis in ihren eigenen Reihen hingegen sieht anders aus. Schon unter Expräsident Bush liefen die meisten Terrorismusverfahren nicht vor militärischen Kommissionen, sondern vor föderalen Gerichten. In einem Plädoyer für die Beibehaltung dieser Praxis erklärt ein langjähriger Antiterrorexperte des FBI, dass die zivilen Gerichte bei Terrorfragen effizienter seien. Ali H. Soufan: „Für Terroristen, die eines Komplotts gegen die USA angeklagt sind, ist das Bundesgericht der richtige Ort. Es ist zugleich die beste Möglichkeit, ein hartes Urteil zu erzielen.“ DOROTHEA HAHN

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