: Drohne zu spät „neu bewertet“
RÜSTUNG Rechnungshof übt scharfe Kritik am Verteidigungsministerium, entlastet den Minister aber auch etwas
TOBIAS LINDNER (GRÜNE)
VON ULRIKE WINKELMANN
BERLIN taz | Am heutigen Mittwoch soll Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) dem Verteidigungsausschuss des Bundestags erklären, wie es kam, dass er den Kauf der Aufklärungsdrohne Euro Hawk für die Bundeswehr stoppte – und auf diese Weise mehrere hundert Millionen Euro versenkt wurden.
Drei Wochen hat der Minister nun öffentlich fast nichts zur Erklärung des Debakels gesagt. In den Medien türmten sich die Hinweise auf das Versagen seiner Behörde. Am Dienstag nun machte der als „Verschlusssache“ gekennzeichnete Bericht des Bundesrechnungshofs die Runde. Er enthält teils gute, teils schlechte Nachrichten für de Maizière.
Der Bundesrechnungshof kritisiert deutlich, dass das Verteidigungsministerium zu spät auf die teils schon vor Vertragsabschluss 2007 bekannten technischen und bürokratischen Probleme mit dem unbemannten Riesenflieger reagiert habe. Das Ministerium habe die Probleme damit unterschätzt, dass der US-Hersteller Northrop Grumman die Konstruktionsunterlagen nur teilweise zeigen oder herausgeben würde. Im Frühjahr 2009, „spätestens im Jahr 2011“, schreibt der Rechnungshof, hätte „das Projekt insgesamt neu bewertet werden müssen“.
Immerhin aber – so weit eine Abmilderung der Kritik – habe mit den zuständigen Staatssekretären die Leitung des Ministeriums ab Anfang 2012 reagiert, „sobald ihr die Probleme berichtet wurden“. Doch werfe der Verlauf die Frage auf, ob die Fachaufsicht so organisiert sei, dass das Ministerium frühzeitig reagieren könne.
Der Bundesrechnungshof beziffert die bis Vertragsende auszuzahlende Summe für den Euro Hawk auf 552 Millionen Euro. Die vom europäischen Rüstungskonzern EADS für die Drohne entwickelte Überwachungstechnologie könnte laut dem Bericht woanders eingebaut werden. Insofern ist, das hatte das Verteidigungsministerium schon im Mai erklärt, nicht alles Geld verloren.
Auch in einem weiteren Punkt entlastet der Rechnungshof de Maizière. Man habe „keine Anhaltspunkte dafür“, dass das Ministerium versucht habe, „Informationen zum Projekt Euro Hawk zu verbergen“, heißt es. Im Mai hatte der Rechnungshof noch öffentlich angeprangert, dass ihm vom Ministerium Unterlagen zur Prüfung verweigert worden waren. Diese wurden prompt geliefert, nun zeigen sich die Kontrolleure gnädig.
Die Grünen sehen nicht ein, dass de Maizière durch solch eine gemischte Bewertung durch den Bundesrechnungshof entlastet sein sollte. Die Leitung des Ministeriums „verfolgt das Motto ‚Wenn ich meine Augen verschließe, sehe ich auch keine Probleme‘“, sagte der Haushälter Tobias Lindner zur taz.
Luftwaffenexperten bezweifeln außerdem, dass die aktuell kursierenden Kostenkalkulationen realistisch sind. Selbst wenn die Überwachungstechnik von EADS nun statt in die untaugliche Drohne in ein Airbus-Flugzeug eingebaut würde, sei nicht unbedingt Geld gespart. „Wer glaubt, dass das dann billiger wird, ist falsch gewickelt“, sagte Andreas Steinmetz vom Bundeswehrverband der taz. Dadurch relativiere sich auch der Kostenzuwachs, den es bedeutet hätte, den Euro Hawk doch für den deutschen Luftraum zulassungsfähig zu machen. Dieser war mit weiteren 600 Millionen Euro beziffert worden, das macht insgesamt rund 1,2 Milliarden Euro. Aber „Hochtechnologie hat ihren Preis“, sagte Steinmetz. Die Entwicklung eines normalen Mittelklasseautos koste auch 5 Milliarden Euro.
Steinmetz schließt sich der Opposition darin an, dass die Bundeswehrprüfer die Euro-Hawk-Probleme rechtzeitig nach oben gemeldet hätten, dort aber niemand zugehört habe: Thomas de Maizière „will sich mancher Dinge eben gar nicht bewusst werden“, sagte der Hauptmann.
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