Das Ende der Beschwichtigung: KOMMENTAR VON LUKAS WALLRAFF
Es sieht so aus, als ob die Bundesregierung mit ihren Beschwichtigungsversuchen in der BND-Affäre nicht mehr durchkommt. Auch die FDP hat sich nun für einen Untersuchungsausschuss entschieden. Das war überfällig.
Denn längst ist klar, dass der BND den USA während des Irakkriegs hilfsbereit Informationen lieferte. Nur das Ausmaß ist noch unklar. Unklar ist auch, was deutsche Beamte in Folterknästen wie Guantánamo verloren hatten und warum die Entführungen deutscher Bürger durch die CIA hingenommen wurden. Nun kommt es darauf an, dass sich die Opposition auf einen Untersuchungsauftrag einigt – ohne falsche Rücksicht auf eigene Exminister oder potenzielle Koalitionen. Nur wenn sich die zuständigen Minister einem öffentlichen Kreuzverhör stellen müssen, steigen die Chancen, dass sich die Debatte ihrem Kern nähert: der politischen Verantwortung.
Die Verantwortung lässt sich nicht auf die BND-Mitarbeiter im Irak abwälzen. Denn die konnten ihren Job nur falsch machen. Einerseits lautete die Ansage des damaligen Kanzlers: „Keine direkte oder indirekte Beteiligung“ am US-Krieg. Andererseits sollten die deutschen Spione aber weiter mit ihren US-Kollegen kooperieren – eine unlösbare Aufgabe, wenn sie sich an das Schröder-Diktum halten wollten. Die Zusammenarbeit zwischen Geheimdiensten besteht immer in einem Geben und Nehmen. Wer Informationen bekommen möchte, muss auch Informationen liefern, die der Partner brauchen kann. Wie aber hätte der BND Meldungen aus Bagdad an die USA liefern sollen, die diese brauchen konnten, ohne damit zumindest indirekt den Krieg zu unterstützen? Es war unmöglich.
Dieses Eingeständnis fällt nicht nur SPD und Grünen schwer. Auch der Union hat es im Nachhinein behagt, dass Deutschland als konsequenter Kriegsgegner wahrgenommen wurde. Dieses Image wurde gepflegt, weil es populär war – aber auch, weil es vor islamistischem Hass und Terror zu schützen schien. Dass sich diese angenehme Position nicht mehr halten lässt, ist bedauerlich. Die Verantwortung dafür liegt aber nicht bei einer Opposition, die Aufklärung fordert. Die Verantwortung trägt allein die frühere Regierung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen