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Jugendliche trifft es am härtesten

HARTZ IV 2012 verhängten Arbeitsämter über eine Million Mal Strafen. Wohlfahrtsverbände halten die Praxis für verfassungswidrig

BERLIN taz | Wie bestrafen die Arbeitsagenturen Empfänger von Arbeitslosengeld II, falls die sich nicht an die Vorschriften halten? Diese Frage beschäftigt viele, seit es das Hartz-IV-System gibt. Dabei sah schon die alte Sozialhilfe die Möglichkeit vor, Bedürftigen das Geld zu kürzen, wenn diese nicht zu einem Termin erschienen, eine Beschäftigungsmaßnahme oder (Lehr-)Stelle ablehnten. Erst seit 2007 wird zentral erfasst, wie oft das geschieht.

Über eine Million Mal kürzten die Arbeitsämter 2012 das Geld, betroffen war davon jeder 30. Empfänger der Sozialleistung. In rund 70 Prozent der Fälle wurde gestraft, weil jemand nicht zu einem Termin erschien.

Derzeit scheint die Zahl der Sanktionen, die seit 2009 ansteigt, allerdings abzunehmen: Im ersten Quartal 2013 sank die Zahl im Vergleich zum Vorjahresquartal um 12 Prozent. Das dürfte damit zusammenhängen, dass es weniger offene Stellen gibt. Immer dann, wenn mehr Jobangebote existieren, steigt auch die Zahl der Sanktionen, weil es mehr Stellen gibt, die Arbeitslose ablehnen können. Sozialverbände wie der Paritätische Gesamtverband halten „Totalsanktionen“ für verfassungswidrig, weil der Staat seiner Aufgabe nicht nachkomme, das Existenzminimum zu sichern.

In der Tat haben die Arbeitsämter die Möglichkeit, bei der dritten Pflichtverletzung sowohl den Regelsatz von 382 Euro für drei Monate als auch die Kosten für die Unterkunft zu streichen. Bei der ersten und zweiten Pflichtverletzung werden 30 bzw. 60 Prozent des Regelsatzes gekürzt, bei Meldeversäumnissen 10 Prozent.

Jugendliche unter 25 Jahren werden härter bestraft: Bei der ersten Pflichtverletzung jenseits von Meldeverstößen wird der Regelsatz ganz gestrichen. Beim zweiten Verstoß gibt es auch kein Geld mehr für die Miete. Die Jobcenter können aber Lebensmittelgutscheine gewähren.

Die Oppositionsparteien wollen die Sanktionspraxis der Arbeitsämter reformieren: Die Linkspartei will die Strafen abschaffen, damit Arbeitslose unzumutbare Stellenangebote ablehnen können.

Die grüne Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt fordert ein „Sanktionsmoratorium“. Das will auch ein Aktionsbündnis, das im Internet unter diesem Namen für Unterschriften wirbt. Sanktionen seien „meist demütigend, unnötig und kontraproduktiv“, heißt es im grünen Wahlprogramm.

Die SPD hält Strafen für notwendig. Jugendliche und Erwachsene sollen aber gleich behandelt, Mietzahlungen nicht gekürzt und Sanktionen früher wieder aufgehoben werden, wenn der Arbeitslose seine Pflicht erfüllt. Und: Nur Stellen sollen als zumutbar gelten, die wenigstens mit einem – noch einzuführenden – Mindestlohn von 8,50 Euro entlohnt werden.

EVA VÖLPEL

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