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Autokonzerne für sauberes Benzin

Die Bundesregierung solle die Steuer auf Biotreibstoff für Pkw nicht weiter erhöhen, verlangt der Verband der Automobilindustrie. Unternehmen haben Probleme, ihre europäische Verpflichtung zum Klimaschutz einzuhalten

VON HANNES KOCH

Die deutschen Autokonzerne entdecken ihr Herz für die Ökologie. Die Bundesregierung solle die Unternehmen bei deren „Strategie weg vom Öl und hin zu einer nachhaltigen Mobilität aktiv begleiten“, sagte gestern Bernd Gottschalk, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VdA). Vor allem setzt sich der Verband dafür ein, dass umweltfreundliche Treibstoffe aus Pflanzen nicht höher besteuert werden als bisher geplant.

Die Bundesregierung hat unlängst beschlossen, die Steuerbefreiung für Biokraftstoffe teilweise abzuschaffen. Zusätzlich ist eine weitere Erhöhung der Abgaben auf umweltfreundlichen Sprit nicht ausgeschlossen, wenn die große Koalition demnächst ihre „Kraftstoffstrategie“ für die Zeit ab 2007 festlegt. Indem der Auto-Verband vor steigenden Steuern warnt, stellt er sich auch schützend vor die Autofahrer. „Höhere Kosten für die Mobilität“ seien „sozialpolitisch nicht zu vertreten“, erklärte Gottschalk.

Der Automobil-Verband macht sich nicht ganz selbstlos Sorgen um die Umwelt und die Portemonnaies der Verbraucher – er hat auch ein massives Problem. Die mit der EU-Kommission ausgehandelte Vereinbarung, dass Pkw ab 2008 nur durchschnittlich 140 Gramm klimaschädliches Kohlendioxid (CO2) pro Liter Treibstoff ausstoßen dürfen, können die Autohersteller möglicherweise nicht einhalten. Das jedenfalls sagt Jürgen Resch, Chef der Deutschen Umwelthilfe – und er hat damit wohl nicht ganz Unrecht. Nach den letzten verfügbaren Zahlen der Autokonzerne liegen die Emissionen bei gut 160 Gramm CO2 pro Liter Treibstoff, in Deutschland nach Angaben der Umwelthilfe sogar bei 178. Was das 140-Gramm-Ziel angeht, ist auch Ulrich Kelber, Fraktionsvize der SPD im Bundestag, skeptisch: „Die Unternehmen müssen ihre Anstrengungen deutlich verstärken.“ Bei der Reduzierung des Treibstoffverbrauchs der Pkw-Motoren kommen die Unternehmen aber nur langsam voran. Einerseits investieren sie nicht genug, andererseits bringen sie immer wieder Modelle mit hohem Verbrauch auf den Markt.

Um gegenüber der EU-Kommission trotzdem nicht vertragsbrüchig zu werden, will der Automobil-Verband nun einen Ausweg wählen. Dem normalen Benzin soll möglichst viel Biotreibstoff beigemischt werden. Das geht umso leichter, desto billiger der Pflanzensaft ist.

Bei der Europäischen Kommission kommen die Autobauer mit dieser Strategie bislang nicht recht voran. Dort heißt es, das Ziel, den durchschnittlichen CO2-Ausstoß auf 140 Gramm pro Liter zu begrenzen, müsse ohne die Anrechnung von Biosprit erreicht werden. In Deutschland ist die Lage anders. Unter Einflüsterung der Verbände haben Union und SPD die Beimischung von Ökotreibstoff im Koalitionsvertrag verankert.

Die Deutsche Umwelthilfe dringt darauf, dass die 140-Gramm-Vereinbarung unbedingt eingehalten wird. Jürgen Resch verweist auf China, Japan und Kalifornien, wo es mittlerweile staatliche Obergrenzen für den Verbrauch gibt.

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