Ein Jahr Stelenfeld: Das Mahnmal schützt sich selbst
Nein, es war nicht selbstverständlich. Was wurde damals nicht alles geunkt: Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas würde ein Anziehungspunkt für Neonazis und alte Kameraden sein, hieß es noch vor einem Jahr in Horrorszenarien. Provokationen von Braunen an diesem Ort des Gedenkens seien geradezu programmiert. Und dann die befürchteten Schmierereien von Hakenkreuzen. Das Mahnmal würde geschändet auf diese kaum zu verhindernde Weise, wie damals auch ernst zu nehmende Kritiker des Mahnmals prophezeiten. Und nun?
KOMMENTAR von PHILIPP GESSLER
In einem Jahr wurden fünf Hakenkreuze auf die Stelen geschmiert. Das ist „im Grunde nichts“, wie der Geschäftsführer der Denkmals-Stiftung zu Recht sagt. Neonazi-Demos fanden – auch dank einer insgesamt richtigen Politik zum Schutz des Andenkens der Naziopfer – dort nicht statt. Und Provokationen von Braunen sind ebenso wenig zu vermelden. Fast zu schön, um wahr zu sein.
Es ist aber wahr. Und das liegt daran, dass die Mahnmals-Gestalter und -Organisatoren nach einigem Hadern doch darauf vertrauten, was einige Denkmal-Experten ihnen beruhigend schon vorher versichert hatten: Ein offenes Denkmal schützt sich selbst. Gerade weil das Mahnmal so sehr von der Öffentlichkeit angenommen wird, ist der Sozialdruck der Bürgerschaft offenbar so groß, dass Nazis es schlicht nicht wagen, ihre Gesinnung an diesem Ort kundzutun – was auch logisch ist, denn die Braunen neigen ja dazu, ihre Weltanschauung entweder nur heimlich oder im Schutz einer größeren Horde öffentlich zu machen.
Das muss in den kommenden Jahren, leider, nicht so bleiben. Aber auch hier funktioniert das Mahnmal: Es mahnt weiter, auch zur Achtsamkeit.
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