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Grüne verlieren die Fassung

Die Ökopartei will auf Distanz zur SPD gehen. Nach Wowereits Entscheidung für die Linkspartei attackieren die Exalternativen dessen Politik als „schlecht für die Stadt“

Die Grünen geben sich trotzig. Die SPD habe Berlin durch die Entscheidung, weiter mit der Linkspartei zu koalieren, keinen Gefallen getan, verkünden Spitzengrüne am vergangenen Wochenende unisono. Jetzt suchen die tief enttäuschten Wahlgewinner nach einer Oppositionsstrategie. Die Stimmung unter Spitzengrünen pendelt dabei zwischen Hybris und Resignation.

Die neu gewählte Fraktionsvorsitzende Franziska Eichstädt-Bohlig rückte gestern demonstrativ von der zuvor umworbenen SPD ab: „Die Distanz zu den Sozialdemokraten ist gewachsen, insbesondere durch die Art, wie sie die Sondierungsgespräche geführt hat.“ Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit habe die Grünen lediglich als Alibi benutzt, um das Weiter-so mit der Linkspartei zu legitimieren.

Umso unverschämter findet Eichstädt-Bohlig daher Wowereits Äußerung, die Grünen wollten den Berliner Sparkurs aufgeben. „Wir wurden in die Ecke von Geschenkeverteilern gesteckt“, klagt Eichstädt-Bohlig. Beispielsweise hätten die Grünen niemals versprochen, sämtliche zusätzlichen Mehrwertsteuereinnahmen in die Bildung zu stecken.

Der Grünen-Schmusekurs gegenüber der SPD in den vergangenen Monaten soll möglichst bald vergessen sein. Falls Wowereits rot-rote Koalition zerbreche, sagte der Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann gestern, „dann wird er wohl zu Neuwahlen greifen müssen“. „Steigbügelhalter“ Wowereits wolle man weder jetzt sein noch in zwei Jahren. Ein rot-grünes Bündnis käme ebenso wie Rot-Rot nur auf eine knappe Ein-Stimmen-Mehrheit im Abgeordnetenhaus. Aus Ratzmanns Sicht haben letztlich Wowereits Machterhaltungsinstinkt und eine ideenarme SPD gesiegt: „Wowereit nimmt lieber in Kauf, dass es der Stadt schlecht geht, als dass er den Kurs seiner Partei ändert.“

Ähnlich selbstbewusst gab sich auch der Vorsitzende der Grünen-Bundespartei, Reinhard Bütikofer: „Wir hätten ein stabiles Reformbündnis garantiert. Nun stehen wir für beinharte Opposition.“ Fraktionschefin Eichstädt-Bohlig setzt dabei vor allem auf die Themen Bildung, ökologische Stadterneuerung und Unternehmensprivatisierungen. Während der Sondierungsgespräche habe sich die SPD-Seite in diesen Bereichen nicht auf die Grünen zu bewegt.

Nun müssen die Grünen nach möglichen neuen Bündnispartnern suchen, um die einseitige Bindung an die SPD abzustreifen. Doch der einzig mögliche Aspirant erscheint Eichstädt-Bohlig wenig interessant: die CDU. Das alte Links-rechts-Schema passe zwar nicht mehr auf die Herausforderungen Berlins, urteilt Eichstädt-Bohlig. „Doch zuerst muss sich die CDU modernisieren. Das ist aber kein Projekt für die anstehende Legislaturperiode bis 2011.“

MATTHIAS LOHRE

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