: Allein unter Milben
Spätestens wenn Antiallergika nicht mehr helfen, führt kein Weg am Großreinemachen vorbei. Doch Staubsauger gelten mittlerweile als reine „Drecksschleudern“. Experten und Ärzte empfehlen andere Methoden der Staubprophylaxe
VON ANDREAS BOCK
„Drei bis vier Millionen Menschen in Deutschland leiden unter einer Hausstauballergie“, schätzt der Hamburger Allergologe Dr. Rolf-Dietrich Staud, „die meisten ohne es zu wissen.“ Die Symptome sind Juckreiz, Niesanfällen, im schlimmsten Fall sogar Asthma. Es ist aber nicht, wie der Name vermuten lässt, der Staub, der die allergischen Reaktionen auslöst. Der Feind liegt vielmehr im eigenen Bett und ist nur unter dem Mikroskop sichtbar: die Hausstaubmilbe.
Das winzige Spinnentier ernährt sich von menschlichen Hautschuppen und tummelt sich dort, wo es dunkel und staubig ist – in Matratzen, in Teppichen, Polstermöbeln, Bett- oder Kissenbezügen – als ganzes Heer von der Einwohnerzahl einer Megacity: Schon ein Teelöffel Hausstaub enthält durschnittlich fast 1.000 Milben. Der eigentliche Übeltäter ist aber ihr ausgeschiedener Kot, der sich in getrockneter Form mit dem Hausstaub verbindet und die Symptome hervorruft.
Werden wir also Herr der Staubmäuse. Welches aber ist das probate Mittel? Mittlerweile drängen zahlreiche Unternehmen auf den Markt, auf deren Geräten häufig spezielle Gesundheitszertifikate oder Slogans wie „Hausstaub den Garaus machen“ prangen. Konsens besteht darüber, dass herkömmliche Staubsauger längst ausgedient haben. „Jeder Staubsauger dieser Welt ist eine potentielle Drecksschleuder“, meint Hannes Traupe, Geschäftsführer der Gesellschaft für Vacuumtechnik mbH. Denn oft wirbeln Bodenstaubsauger mehr Staub auf, als sie einsaugen.
Auch moderne Luftreiniger mit Ionenfiltern hält Traupe für „Tüddelkram“. Die Luft werde zwar gefiltert, sei aber verglichen mit Frischluft nicht wirklich rein. Traupe denkt in anderen Dimensionen: Kreuzwärmetauscher haben es ihm angetan. Diese Geräte tauschen Zimmerluft gegen Frischluft aus. Dabei wird die Luft, die einströmt, unter der ausströmenden Luft an einem Plattentauscher erwärmt. „Doppelt gut“, findet Traupe, denn hier habe man „das gesunde Wohlfühlklima und das beruhigende Gefühl, sehr wenig Energie verbraucht zu haben“.
„Der Rolls Royce unter den Hausstaubprophylaxen“, da sind sich Dr. Rolf-Dietrich Staud und Hannes Traupe einig, ist aber eine zentrale Staubsaugeranlage. Ein Patent, das aus Skandinavien stammt. Dort habe „ein kluger Kopf schon vor mehr als 100 Jahren gemerkt, dass herkömmliche Staubsauger zu viel Staub aufwirbeln und unangenehme Gerüche verbreiten“, sagt Traupe.
Eine zentrale Staubsaugeranlage wird jenseits der Wohnräume installiert, etwa im Keller, und über ein verzweigtes Rohrleitungssystem mit diesem verbunden. In jedem Raum befinden sich Saugdosen, an die Saugschläuche angedockt werden. Über einen Fernschalter aktiviert sich die zentrale Anlage und fängt prompt an zu saugen. „Wie eine Schneefräse geht der Sauger über den Teppich“, schwärmt Traupe, „verschluckt fast jeden Staubpartikel und filtert ihn komplett aus der Wohnung“. Zudem arbeite diese Anlage geruchsfrei, leise und sei komfortabel in der Handhabung. „Staubsaugen, fast wie von selbst“, wirbt die Firma Fingerhaus, ein weiterer Anbieter zentraler Staubsaugeranlagen.
Leider nicht wie von selbst installiert sich eine solche Anlage. Schon beim Hausneubau sollte man entsprechende Vorrichtungen anbringen, sofern man nicht im Nachhinein die Wände aufreißen will, um das Rohrsystem zu verlegen. Auch der Preis schreckt viele potentielle Neukunden ab: Eine zentrale Staubsaugeranlage kostet in der günstigen Variante schon 1.000 Euro – Installation nicht inbegriffen.
In Italien, Spanien und Frankreich sind diese Anlagen trotzdem sehr begehrt: „In diesen Ländern haben die Menschen größtenteils Parkettböden, die man viel häufiger reinigen muss. In Deutschland haben wir vorwiegend Wohnungen mit Teppichböden und diese wirken reiner, auch wenn man sie nur einmal pro Woche saugt“, erklärt Traupe.
Für Allergiker scheint sich eine zentrale Staubsaugeranlage trotz des hohen Preises aber zu rentieren. Niederländische Studien hätten belegt, dass Hausstauballergiker, die eine zentrale Staubsaugeranlage benutzen, bis zu 95 Prozent weniger Medikamente nehmen, sagtDr. Staud.
Eine Basis schafft man außerdem durch die Umgestaltung des normalen Lebensraumes: Staubfänger wie Regale, Teppiche sollte man entfernen, auf Haustiere ebenfalls verzichten. Der Illusion, die Milben gänzlich aus der Wohnung zu verbannen, gibt man sich besser nicht hin. Die Zahl der Kleinst-Mitbewohner lässt sich durch solcherlei Maßnahmen aber immerhin auf die Größe einer normalen deutschen Metropole verkleinern.
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