: Bürgermeister fordert Rücktritt von Gen-Bauer
Über 700 Menschen protestieren in Beverstedt gegen den Anbau von Gen-Mais. Den Landwirtschaftskammer-Präsidenten erinnern sie an seine „Verpflichtung gegenüber dem Allgemeinwohl“. Wird Cuxland Gentechnik-frei?
Auf der wohl größten Kundgebung in der Geschichte Beverstedts haben am Samstag über 700 Menschen für eine Gentechnik-freie Landwirtschaft demonstriert. Ein Dutzend Trecker begleitete den Zug. Vor wenigen Wochen war bekannt geworden, dass der Präsident der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Fritz Stegen, auf seinem Hof in der Nachbargemeinde Bokel testweise gentechnisch veränderten Mais anbauen lassen will – eine Voraussetzung für die Sortenzulassung der Neuzüchtungen. Die DemonstrantInnen befürchten die unkontrollierte Ausbreitung der genmanipulierten Pollen. Allen Auflagen zum Trotz werde es dann bald „keine gentechnik-freie Landwirtschaft mehr“ geben, sagte Biobauer Jürgen Rademacher.
Der Bürgermeister des Fleckens Beverstedt, Martin Bensen (SPD), zugleich Mitglied des Kreistags Cuxhaven, sprach von einer „Nacht- und Nebel-Aktion“, die „eines Landwirtschaftskammer-Präsidenten nicht würdig“ sei. Noch Anfang März hatte Stegen auf einer Infoveranstaltung seiner Kammer zum Bioanbau kein Wort über seine Pläne verloren. „Gentechnik will schnelle Profite und das Ende der Biolandwirtschaft“, kritisierte Bensen: „Das steckt hinter der Sache, die Stegen angezettelt hat.“ Der Präsident aller niedersächsischen Bauern habe allerdings „Pflichten der Allgemeinheit gegenüber“, diese seien mit seinem Gentechnik-Versuch unvereinbar. „Wenn Herr Stegen damit weitermacht, dann sollte er sein Amt niederlegen“, forderte Bensen unter brausendem Applaus.
Auch konventionell wirtschaftende LandwirtInnen zeigten sich empört über Stegen. Gentechnik mache die Bauern abhängig von Großkonzernen wie Monsanto, sagte Maike Müller, Inhaberin eines Milchwirtschaftsbetriebs in Langen. Das „Recht auf naturreines Saatgut“ dürfe man „nicht für Agrar-Multis aufs Spiel setzen“. 80 Prozent der Bevölkerung lehnten Gentechnik im Essen ab. Auch Landwirte müssten daher „für den Erhalt einer Gentechnik-freien Region kämpfen“. Diese sei „eine Chance für unseren Standort“. Pastor Jens Kieseritzky appellierte an Stegen, den Genmais-Anbau doch noch zu stoppen. Im Wendland war ein vergleichbarer Sortenprüfungsversuch nach Protesten abgesagt worden.
Die SPD-Fraktion im Kreistag Cuxhaven beantragte, den Landkreis zu einem Gentechnik-freien zu erklären. Die örtliche Bürgerinitiative, die den Protest organisiert hatte, kündigte eine niedersachsenweite Vernetzung an. ARMIN SIMON
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