: Kaserne der Erinnerung
MILITÄR Im „Wald der Erinnerung“ soll der im Ausland getöteten SoldatInnen gedacht werden. Der Hain liegt auf einem Kasernengelände mit Zugangbeschränkung
URSULA VON DER LEYEN
AUS SCHWIELOWSEE LAURA BACKES
Wie soll man um die trauern, die für Deutschland im Krieg gefallen sind, ohne sie als Helden zu verklären? Damit tun sich bis heute viele schwer, obwohl seit 1990 deutsche Soldaten an Auslandseinsätzen beteiligt sind. In über zwanzig Jahren sind dabei 104 Soldaten umgekommen. Der erste 1993 in Kambodscha, der letzte 2014 in Afghanistan.
Als zentrale Stelle des Gedenkens gab es bisher nur das nationale Ehrenmal im Bendlerblock, versteckt auf der Rückseite des Bundesverteidigungsministeriums. Ein riesiger Betonquader, an dessen Wand die Namen aller 3.100 im Dienste der Bundeswehr Verstorbenen, also auch im Inland, nacheinander an eine Wand projiziert werden – jeder Name acht Sekunden lang. Wer den Namen einer bestimmten Person noch mal sehen möchte, muss stundenlang warten.
Am Samstag hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen gemeinsam mit Bundespräsident Joachim Gauck im brandenburgischen Schwielowsee nun den „Wald der Erinnerung“ eröffnet, der den im Auslandseinsatz gefallenen Soldaten gewidmet ist. Er solle ein Ort der Besinnung sein, sagte von der Leyen bei der Zeremonie, zu der 700 Gäste gekommen waren, 190 davon Angehörige. „Wir müssen uns immer wieder die Tragweite unserer Entscheidungen vor Augen führen. Der Soldat oder die Soldatin hat nicht die Wahl. Sie müssen gehen.“
Die Hinterbliebenen der Opfer hatten vor zwei Jahren den Wunsch nach einem Ort geäußert, der öffentlich zugänglich ist und an dem man individueller trauern kann. Deshalb wurde der Wald der Erinnerung geschaffen. Mitten im Wildpark-West auf einem Gelände von 4.500 Quadratmetern gelegen, können die Angehörigen eines im Dienst gestorbenen Soldaten ab jetzt einen Baum mit dessen Namen kennzeichnen.
Ein Weg ist gesäumt von sieben Stelen, auf denen die Namen der 104 im Ausland gestorbenen Soldaten aufgeführt sind. Die größte Bedeutung aber haben die Ehrenhaine, die Stein für Stein aus den fünf bereits abgebauten Feldlagern in Afghanistan sowie Bosnien und Herzegowina nach Deutschland überführt und wieder aufgebaut wurden; zwei weitere: aus Masar-i-Scharif, Afghanistan und Prizren, Kosovo werden folgen. Im Wald der Erinnerung wurde eine etwas kleinere Version der treppenförmig abgestuften Ziegelsteinwand wiederaufgebaut, inklusive der zwanzig Namenstafeln und der Inschrift „Unseren Kameraden zum Gedenken“. Keine zehn Meter weiter stehen die Holzkreuze, die Soldaten für ihre gefallenen Kameraden im Ehrenhain im Camp OP-North aufgestellt hatten. „Die Ehrenhaine sind starke, authentische Erinnerungen, die bleiben müssen“, sagte Ministerin von der Leyen und betonte deren mahnende Funktion: „Wir tragen eine große Verantwortung dafür, wie wir aus Konflikten rausgehen.“ Frieden, Demokratie und die Einhaltung müssten nachhaltig Einzug halten.
Obwohl es immer wieder die Forderung gab, das Gedenken an die gefallenen Soldaten mehr in die Öffentlichkeit zu rücken, ist ein Besucheransturm nicht zu erwarten. Und das liegt nicht nur an dem Ort, abseits im Wald hinter Potsdam gelegen. Das Gelände ist nicht öffentlich, sondern Teil der Henning-von-Tresckow-Kaserne. Hier ist das Einsatzführungskommando der Bundeswehr stationiert, das alle internationalen Einsätze koordiniert. Besucher müssen am Eingang ihren Pass abgeben und werden von einem Soldaten zum Wald der Erinnerung gebracht. Daher werden wohl vor allem die Soldaten der Kaserne die Gedenkstätte nutzen.
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