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Spionagesoftware gegen europäische Regierungen

EUROPA Britische und US-Geheimdienste sollen den Trojaner entwickelt und vielfältig eingesetzt haben

BRÜSSEL taz | Spähen Briten und Amerikaner die EU-Kommission aus? Diese Frage beschäftigt Datenschützer, seitdem eine mysteriöse Spionagesoftware beim belgischen Telekom-Anbieter Belgacom entdeckt worden war. Das Europaparlament forderte Aufklärung – vergebens.

Nun verdichten sich die Hinweise auf ein amerikanisch-britisches Komplott: Bei der in Brüssel eingesetzten Malware soll es sich um den erst kürzlich enthüllten, überaus heimtückischen Trojaner „Regin“ handeln, den die US-Agentur NSA und der britische Geheimdienst GCHQ gemeinsam eingesetzt haben.

Dies berichten die Blogger von The Intercept, zu denen auch der NSA-Enthüllungsreporter Glenn Greenwald gehört. Die Intercept-Blogger berufen sich auf IT-Sicherheitsexperten und eigene technische Analysen. Über den Virus hatte am Montag die IT-Sicherheitsfirma Symantec berichtet. Demnach wird die Software mit dem Namen „Regin“ seit 2008 eingesetzt, um Informationen von Regierungen, Unternehmen, Instituten und Einzelpersonen zu stehlen. Sie sei so aufwendig programmiert, dass vermutlich ein Staat dahinter stecke. Laut Symantec kann „Regin“ Screenshots machen, den Mauszeiger steuern, Passwörter stehlen und gelöschte Dateien wiederherstellen.

Betroffen war offenbar auch ein Austauschknoten, über den die EU-Kommission, das Europaparlament und andere EU-Institutionen ihre Daten übermitteln. „Regin“ habe sich so auch auf anderen EU-Computersystemen einnisten können, so die Intercept-Experten.

Doch in Brüssel stieß die neue Enthüllung am Dienstag zunächst auf Schweigen. Schon bisher hielt sich das Interesse an Aufklärung in engen Grenzen. Die EU hat mit den USA eine gemeinsame Arbeitsgruppe zur NSA-Affäre eingesetzt – bisher ohne Ergebnis. Auch ein Untersuchungsausschuss des Europaparlaments verlief weitgehend im Sande. ERIC BONSE

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