: Uran unter Stress
ATOM Röttgen kündigt Stresstest für Gronauer Anreicherungsanlage an. Gegner: überflüssig
BOCHUM taz | Umweltschützer und Atomkraftgegner haben den von der Bundesregierung angekündigten Stresstest für Deutschlands einzige Urananreicherungsanlage (UAA) als „überflüssig“ kritisiert. „Die Unsicherheit der UAA ist schon heute erwiesen“, so Udo Buchholz, Vorstand im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU), zur taz. Selbst die Betreiberfirma Urenco räume ein, dass die Anlage nicht gegen Flugzeugabstürze gesichert ist, sagt Buchholz: „Dabei ist der Bombenabwurfplatz Nordhorn-Range der Luftwaffe nur wenige Kilometer entfernt.“
Auf Anfrage des Grünen-Bundestagsabgeordneten Oliver Krischer hatte das von Nordrhein-Westfalens CDU-Landesvorsitzendem Norbert Röttgen geführte Bundesumweltministerium zuvor mitgeteilt, nach den Atomkraftwerken nun auch die Sicherheit der Urananreicherung im münsterländischen Gronau an der Grenze zu den Niederlanden prüfen zu lassen. Die Anlage, die seit Jahren ausgebaut wird, bedient derzeit rund 7 Prozent des Weltmarkts für angereichertes Uran. Ende 2011 sollen 35 große Meiler mit atomarem Brennstoff beliefert werden können. Auch die Brennelementefabrik im rund fünfzig Kilometer entfernten Lingen, in der das in Gronau angereicherte Uran für seinen Einsatz in Atomkraftwerken weltweit in Form gepresst wird, soll offenbar einem Stresstest unterzogen werden.
Unter Druck setzt CDU-Landeschef Röttgen so auch Nordrhein-Westfalens rot-grüne Landesregierung. Auf Drängen der Antiatombewegung hat der für die Atomaufsicht zuständige Landeswirtschaftsminister Harry Voigtsberger (SPD) zwar zugesagt, die 2013 fällige regelmäßige Sicherheitsüberprüfung vorzuziehen. Die Ergebnisse sollen aber offenbar erst in mehreren Jahren vorliegen: Der landeseigenen Atomaufsicht fehle schlicht der Sachverstand, ist zur Begründung aus Düsseldorf zu hören – und externe Experten seien leider schwer zu gewinnen.
Röttgen hat solche Schwierigkeiten offenbar nicht. Er hat das unabhängige Ökoinstitut beauftragt. Dessen Geschäftsführer Michael Sailer mahnt vom Betreiber Urenco bereits „Antworten an, die sich auf qualifizierte, belastbare und von unabhängigen Experten überprüfte Dokumente stützen“. Ergebnisse will aber auch Sailer frühestens im Frühjahr 2012 liefern.
Atomkraftgegnern reicht das nicht. „Würde Umweltminister Röttgen sein eigenes Kriterium der Sicherheit gegen Flugzeugabstürze ernst nehmen, müsste er die Gronauer UAA stilllegen lassen“, sagt etwa Matthias Eickhoff von der Initiative Sofortiger Atomausstieg. „Die UAA produziert seit Jahren Störfälle in Serie“, klagt auch BBU-Vorstand Buchholz – erst vor zwei Wochen war radioaktives und hochgiftiges Uranhexafluorid ausgetreten. ANDREAS WYPUTTA
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen