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Bürger begehren Spreeufer

Entlang der Spree von Friedrichshain-Kreuzberg sollen zahlreiche Hochhäuser entstehen. Die Initiative „Mediaspree versenken“ will die Großbauten per Bürgerbegehren verhindern und eine öffentliche Nutzung des Ufers neu diskutieren

„Eigentlich will niemand die Brücke. Aber SPD und PDS wanken noch“

Als die Bilder auf der Leinwand erscheinen, geht ein Raunen durch den Raum. Mehrere Hochhäuser entlang der Spree sind zu sehen, gewaltige Büroblöcke, die sich am Ufer aneinanderreihen. „Wer hat das denn genehmigt?“, fragt ein Besucher entsetzt, als das nächste Bild einen 130 Meter hohen Turm an der Warschauer Straße zeigt.

Etwa 40 Interessierte drängten sich am Montagabend auf den Sofas im ersten Stock des Kulturhaus Bethanien am Mariannenplatz: Die Initiative „Mediaspree versenken“ stellte das Bürgerbegehren vor, das den Turm und zahlreiche weitere Großbauten am Kreuzberger und Friedrichshainer Spreeufer verhindern soll. Es richtet sich explizit gegen die Planungen des Investoren-Vereins Mediaspree: Der versucht, unterstützt von Bezirk und Land Berlin, an der Spree ein „großstädtisches Medien- und Dienstleistungsviertel“ aufzubauen.

Carsten Joost, freischaffender Architekt und Mitglied der Initiative „Mediaspree versenken“, erklärte die drei Forderungen des Bürgerbegehrens: Neubauten sollen auf der Friedrichshainer und der Kreuzberger Seite der Spree nicht näher als 50 Meter ans Wasser reichen, um eine öffentliche Nutzung des Ufers zu ermöglichen. Zugleich sollen sich die Bauten an der üblichen Berliner Gebäudehöhe orientieren, also nicht höher als 22 Meter sein. „Damit würden wir die meisten der geplanten Bauten kippen“, sagt Joost. „Und die Diskussion neu eröffnen, wie eine öffentliche Nutzung des Spreeufers aussehen kann.“

Sollte das Bürgerbegehren Erfolg haben, müsste für fast 50 Hektar Bauland der Bebauungsplan erneuert werden – und wäre damit eines der folgenreichsten bisher. Auf 165 Millionen Euro hat das Bezirksamt die Kosten berechnet, falls bisherige Bauplanungen geändert und GrundstücksbesitzerInnen entschädigt werden müssten. „Aber bei einem großen Teil der Summe handelt es sich eher um virtuelle Kosten, weil viele Flächen dem Land gehören. Das würde sich wohl kaum vom Bezirk entschädigen lassen“, so Joost Die Initiative sieht auch aus anderen Gründen Potenzial für eine alternative Stadtentwicklung: Für viele der Flächen gebe es bis heute keinen Käufer, so Joost, und auch der Bezirk lehne die geplanten Bauten teilweise ab. So könnte auch die dritte Forderung des Bürgerbegehrens schon bald erfüllt sein: Der Bau einer neuen Autobrücke über die Spree soll verhindert werden. Über die „Brommybrücke“, die in Verlängerung des Eisenbahnstraße zur 02-Arena führen soll, will die Bezirksverordnetenversammlung im September entscheiden. „Eigentlich will niemand die Brücke“, sagt Werner Reh, der selbst in der Eisenbahnstraße wohnt und sich ebenfalls bei der Initiative „Mediaspree versenken“ engagiert. Die Grünen im Bezirk hätten bereits angekündigt, gegen die Autobrücke zu stimmen. „Aber SPD und PDS wanken noch.“ JULIANE SCHUMACHER

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