Desaster für die CDU, die FDP darf jubeln

ERGEBNISSE Noch nie haben die Christdemokraten in Hamburg so schlecht abgeschnitten wie am Sonntag. Die Freien Demokraten dagegen überspringend nach langer Durststrecke die Fünfprozenthürde. Für die Grünen waren die Umfragen besser als ihr Ergebnis

VON MARTIN REH

BERLIN taz | Nach den Bürgerschaftswahlen kann die SPD in Hamburg weiter regieren, muss sich aber voraussichtlich einen Koalitionspartner suchen. Eine Hochrechnung des ZDF von 19.30 Uhr sah die Sozialdemokraten um Bürgermeister Olaf Scholz bei gut 46 Prozent und damit nur geringfügig unter ihrem Ergebnis von 2011 von 48,4 Prozent. „Wir haben das zweite Mal ein großartiges Wahlergebnis erzielt“, sagte Scholz.

Auch SPD-Parteichef Sigmar Gabriel zeigte sich zufrieden: „Beim letzten Mal konnte man noch sagen, die SPD hat gewonnen, weil die Vorgängerregierung so schlecht gewesen ist, jetzt kann man sagen, wir haben gewonnen, weil wir so gut gewesen sind“, sagte Gabriel im Berliner Willy-Brandt-Haus. Für die SPD, die Hamburg nach dem Zweiten Weltkrieg bis 2001 fast ununterbrochen regiert hat, geht damit das Trauma der Ole-von-Beust-Zeit endgültig zu Ende. Der CDUler hatte 2001 die Wahlen gewonnen und war danach zweimal wiedergewählt worden.

Für die Christdemokraten wurde die jetzige Wahl zum Desaster. Sie hatte mit Dietrich Wersich einen liberalen Spitzenkandidaten gegen den SPD-Rechten Olaf Scholz aufgestellt. Das wurde von den Wählern offensichtlich nicht honoriert: Der Hochrechnung zufolge lag die CDU bei nur knapp 16 Prozent und unterbot damit noch einmal ihr Abschneiden von 2011. Schon damals hatten die Christdemokraten mit 21,9 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis bei Bürgerschaftswahlen eingefahren. Bundesweit war dies das schlechteste Ergebnis der CDU bei Landtagswahlen seit mehr als 50 Jahren: Nur 1959 und 1951 hatte sie in Bremen mit 14,8 und 9 Prozent noch schlechter abgeschnitten. „Es kommt auf die Persönlichkeiten an, mit denen wir werben“, sagte CDU-Generalsekretär Peter Tauber noch am Wahlabend – eine deutliche Kritik an Wersich. Der räumte die Niederlage ein: „Das Ergebnis ist eine herbe Enttäuschung, wir haben die Ziele, die wir uns gesetzt haben, nicht erreicht“, sagte der CDU-Spitzenkandidat.

Die Grünen kommen der Hochrechnung zufolge auf gut 11 Prozent und halten damit in etwa ihr Resultat von 2011. Dennoch dürfte das Ergebnis für sie eine Enttäuschung darstellen. Wie schon bei früheren Wahlen ist es den Grünen nicht gelungen, gute Umfragewerte in ein gutes Ergebnis umzusetzen. Noch Anfang Januar hatte Infratest dimap die Partei bei 14 Prozent gesehen.

Die FDP erreicht mit einem Wahlkampf, der auf die Spitzenkandidatin Katja Suding setzte, über 7 Prozent und zieht damit wieder in die Bürgerschaft ein. Die Liberalen dürften dies mit großer Erleichterung registrieren, nachdem sie 2014 bei allen Landtagswahlen unter 5 Prozent blieben. „Die Menschen haben wieder Vertrauen in die FDP“, sagte Wolfgang Kubicki, stellvertretender Bundesvorsitzende der Liberalen.

Auch die AfD hat es wohl erstmals in einen westdeutschen Landtag geschafft. Die ZDF-Hochrechnung sah sie bei gut 5 Prozent. Die Linkspartei erreicht demnach mehr als 8 Prozent und konnte damit gegenüber 2011 (6,4 Prozent) zulegen – ihr bisher bestes Ergebnis bei einer Landtagswahl im Westen. Die Wahlbeteiligung ging gegenüber 2011 auf 54 Prozent zurück – die bisher schlechteste Beteiligung an einer Bürgerschaftswahl.

Olaf Scholz erklärte noch am Abend, zunächst mit den Grünen über ein Bündnis verhandeln zu wollen. Eine Koalition mit der FDP schloss er aber nicht aus. Der grüne Spitzenkandidat Jens Kerstan kündigte die Linie der Partei für Koalitionsverhandlungen an: „Wir sind eine Programmpartei, wir werden hart verhandeln und sind dann zuverlässige Partner“, sagte er.