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Krawall nur ohne Demo

Verwaltungsrichter bestätigen Verbot der „Revolutionären 1. Mai-Demonstration“. Anmelder will bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Schüler klagen gegen Aufenthaltsverbotsverfügungen

von DIRK HEMPEL

Ob die „Revolutionäre 1. Mai Demonstration“ stattfindet oder nicht, bleibt weiterhin in der Hand der Justiz. Das Verwaltungsgericht bestätigte gestern die Verfügung von Innensenator Eckart Werthebach gegen die linke Demonstration. Der Veranstalter bemüht jetzt das Oberverwaltungsgericht. Der Entscheid über den Widerspruch der Innenverwaltung gegen den NPD-Aufmarsch lag bis Redaktionsschluss nicht vor.

Nach Auffassung von Klaus-Uwe Benneter, der für die SPD im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses sitzt, haben Werthebach und Polizeipräsident Hagen Saberschinsky mit ihrer „unterschiedlichen Qualität von Verbotsverfügungen die Situation unnötig angeheizt“. Statt für Sicherheit und Ordnung der Stadt zu sorgen, werde „jetzt das genaue Gegenteil erreicht“, so Benneter zur taz.

Die Richter hatten die Auffassung der Innenverwaltung bestätigt, es werde „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit kommen“. Der Anmelder, eine Einzelperson, mache keine Anstalten, sich von der Antifaschistischen Aktion Berlin (AAB) zu distanzieren oder die Gruppierung, die zu dem Aufzug aufruft, auszuschließen, so die Richter.

Die AAB wirft ihrerseits Polizei und Innenverwaltung eine „Eskalationsstrategie“ vor. „Wir fordern alle Menschen auf, jetzt erst recht nicht Zuhause zu bleiben“, so AAB-Sprecherin Maren Wilke. Hingegen sollten Polizeibeamte, die „ein Zeichen gegen Polizeistaat und Gewalt“ setzen wollen, sich am 1. Mai krank melden.

Zwar wolle der Anmelder im bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, bei Bestätigung des Verbots ruft die Gruppe jetzt allerdings schon dazu auf, sich an einer bisher nicht verbotenen Demonstration von kommunistischen Gruppen sowie an einem Straßenfest auf dem Kreuzberger Mariannenplatz zu beteiligen. Damit ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass die Innenverwaltung das Verbot auch auf diese Veranstaltungen ausdehnt, da dieses auch eventuelle Ersatzveranstaltungen einschließt.

Nach Willen der Polizei sollen einige Jugendliche aber auch diese Veranstaltungen nicht besuchen dürfen. Mindestens zwei Schülern flatterte eine „Aufenthaltsverbotsverfügung“ des Staatsschutzes ins Haus. Darin wird den Betroffenen untersagt, sich zu bestimmten Zeiten zwischen dem 30. April und dem 2. Mai in Kreuzberg und Prenzlauer Berg aufzuhalten. Auch dies wird das Verwaltungsgericht beschäftigten. Thomas Moritz, der Rechtsanwalt der beiden, hat bei dem Gericht beantragt, die Verfügung außer Kraft zu setzen. Sie sei „offensichtlich rechtswidrig“, weil beide in den vergangenen Jahren am 1. Mai nicht auffällig geworden seien. Auch behaupte nicht einmal die Polizei in dem Bescheid, dass von den beiden eine besondere Gefahr am 1. Mai ausgehe.

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