Der homosexuelle Mann... Von Elmar Kraushaar

...hat viele Namen. Wie „Arschficker“, „Hinterlader“ oder „175er“, wie „warmer Bruder“, „Spargelstecher“, „schwule Sau“ oder „vom anderen Ufer“. Auch schön sind „Gurkenheinrich“ oder „Hans Andersen“, Pretiosen aus der guten alten Zeit.

Doch die Moderne bleibt am Ball. Drei Sprachschöpfungen aus jüngster Zeit füllten kürzlich die Schlagzeilen: „Schwaben- Schwuchtel!“ – Was für eine Alliteration! Und dann die landsmannschaftliche Ergänzung! Schon schön. „Warmduscher!“ – Da steckt doch alles drin, die wohlige Wärme, das Abenteuer unter der Dusche, die latente Gefahr im Alltag. Diese gekonnte Zusammenfassung gefällt mir persönlich am besten. – „Blonde Muschi!“ – Das ist nicht gleich verständlich, stellt bei näherem Hinsehen aber liebgewordene Vorurteile auf den Kopf und ist in seiner Gewagtheit richtungweisend, sozusagen die Queer-Variante des einstigen „Gurkenheinrich“.

Allesamt stammen die Neuzugänge aus dem Brainpool des TV- Talkers Harald Schmidt, der sich schon viele Verdienste erworben hat mit seinen verbalen Attacken gegen liebgewordene Minderheiten. Ob gegen Polen, Türken, Lesben oder Schwule – den Menschen gefällt's, die Quote bleibt im grünen Bereich, und die Proteste der Ewig- Humorlosen halten sich in Grenzen. Selbst als er die TV-Moderatorin Böttinger mit einer Klobrille verglich, blieb die öffentliche Entrüstung erstaunlich moderat.

Diesmal ist alles anders, schließlich geht es nicht gegen eine vermeintliche Lesbe oder die Gesamtheit homosexueller Männer. Nein, Herr Schmidt hat sich nur einen rausgepickt, den Fußballer Jürgen Klinsmann. Und das ist ein Star, mehr noch, er ist ein Mann, ein ganzer Mann, ein richtiger Mann, sonst wäre er nicht da, wo er ist. So jemanden kann man gar nicht beleidigen, der steht da doch drüber. Bis auf die Homo-Nummer. Das geht nicht! Da ist eine Grenze überschritten: „Ist das noch Satire, Herr Schmidt?“ fragt besorgt die Bild-Zeitung, und der Deutsche Fußball Bund, Klinsmanns Chef- Etage, hält fest: „Pressefreiheit ist keine Narrenfreiheit.“ Mehr noch: „Es ist unsere Pflicht, die Spieler zu schützen.“ Wovor eigentlich? Dem Vorhalt, eine „Schwuchtel“ zu sein, ein Schwuler? Der Ruch scheint so ungeheuerlich, daß die Nachrichtenagentur dpa nicht einmal mehr den Namen des Inkriminierten wiederholen mag, „ein aus Stuttgart stammender Stürmer“, stammeln die Kollegen, so als gelte es, einen Fluch zu bannen. Ganz forsch dagegen die Asse vom Spiegel: „Schwaben-Schwuchtel“? Paah! „Schwalben-Schwuchtel“, sei bei dem „notorischen Elfmeterschinder“ und „Goldlöckchen“ (!!) Klinsmann doch treffender.

Jetzt aber hat die „Schwuchtel“ ihren Preis: Ein Ordnungsgeld von 500.000 Mark hat das Hamburger Landgericht festgesetzt. Soviel soll die Wiederholung dem Schmidt und seinem Sender wert sein. Außerdem überlegt Klinsmann selbst noch eine Klage auf Schmerzensgeld. Verdammt teuer, die Fußballehre! Ganz anders dagegen Thomas Anders, der weibliche Part im „Modern Talking“-Duo. Als der vor Jahren als „Sangesschwuchtel“ durch die Medien ging, kam er gerade mal auf 10.000 Mark Schmerzensgeld. Alles eine Frage der Männlichkeit, und Klinsmann ist einfach der bessere Männer-Darsteller.