: Dreieinig gegen Menschenhandel
CDU, GAL und SPD präsentieren gemeinsamen Antrag zur Bekämpfung der Zwangsprostitution. Öffentliche Anhörung geplant ■ Von Elke Spanner
In Fragen der Moral gibt es keine Parteien. Stolz präsentierten gestern die frauenpolitischen Sprecherinnen von CDU, GAL und SPD einen gemeinsamen Antrag zur Bekämpfung des Frauenhandels und der Zwangsprostitution. Denn Frauen zur Ausübung der Sexarbeit zu zwingen, verstoße „gegen die Ethik“, so Karen Koop von der CDU. Und die zu retten, sei ein Anliegen sämtlicher Parteien.
Viel weiter scheint die Dreieinigkeit allerdings auch schon nicht zu gehen. CDUlerin Koop, Heide Simon von der GAL und die Sozialdemokratin Britta Ernst fordern zwar gemeinsam, daß ausländische Prostituierte, die etwa bei einer Razzia aufgegriffen werden, eine aufenthaltsrechtliche Duldung bekommen, bis sie vor Gericht gegen ihre Zuhälter ausgesagt haben. Doch damit ist der fraktionsübergreifende Konsens auch schon erschöpft. Zumal er nur per offizieller Weisung festschreiben will, was in Hamburg ohnehin gängige Praxis der Innenbehörde ist.
Ob die Frauen nur bis zu ihrer Vernehmung vor Gericht oder bis zum Abschluß des Strafprozesses gegen ihre Zuhälter in Deutschland bleiben können, „darüber sind wir uns noch nicht einig“, erläuterte GALierin Simon. Auf die Frage, ob ehemalige Prostituierte hier eine Ausbildung beginnen und bis zu deren Abschluß in Hamburg bleiben können, schüttelt CDUlerin Koop entschieden den Kopf.
Am kommenden Mittwoch werden Sachverständige der Polizei, Justiz und der Organisation „amnesty for women“ öffentlich zum Antrag angehört. Wird er in eine Weisung umgesetzt, bekommen ausländische Prostituierte nach ihrer Festnahme eine vierwöchige Bedenkfrist, ob sie zur Aussage bereit sind oder doch eher zur sofortigen Ausreise. Sollten sie sich dem Gericht zur Verfügung stellen wollen, werden sie solange an einem sicheren Ort untergebracht, versorgt und medizinsch, juristisch und psychosozial beraten.
Außerdem soll ein Konzept für ein Zeuginnenschutzprogramm erarbeitet werden, mit dessen Hilfe die Frauen auf die Aussage vorbereitet und während des laufenden Prozesses begleitet werden. Die Anschubfinanzierung hat das Senatsamt für die Gleichstellung schon zugesagt.
Natürlich sollen aber vor allem Menschenhändler und Zuhälter dingfest gemacht werden. Der Antrag sieht deshalb auch verschärfte repressive Maßnahmen vor: vermehrte und regelmäßige Kontrolle in Bordellen und Modellwohnungen, die von der Polizei, aber auch von Beamten der Finanz- und Gesundheitsbehörden durchgeführt werden sollen.
Mit Hilfe solcher Maßnahmen sollen auch die Vermieter von Wohnungen abgeschreckt werden, sich an der Zwangsprostitution zu bereichern. Die CDU will außerdem die Freier bestrafen. Sie könne sich vorstellen, verriet Koop, ihnen etwa eine Bewährungsstrafe dafür aufzubrummen, daß sie den Menschenhandel unterstützen, indem sie sich Sex mit einer Prostituierten kaufen.
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