: Mit Robespierre gegen Militär
■ Auf dem Landesparteitag der PDS liefern sich Befürworter und Gegner von UNO-Kampfeinsätzen heftige Wortgefechte. Einig ist man sich aber in der Ablehnung einer Bundeswehr-Beteiligung
Wenn auf einem Landesparteitag der PDS über Krieg und Frieden gestritten wird, dann kommt selbst Maximilien de Robespierre noch einmal zu Wort. „Niemand liebt bewaffnete Missionare“, zitierte der Marzahner Abgeordnete Wolfgang Brauer gestern einen Spruch des französischen Revolutionsführers aus dem Jahr 1794.
Manch Delegierter des Landesparteitages sah das anders. Im Willy-Brandt-Saal des Schöneberger Rathauses entbrannte eine erbitterte Debatte um die Frage, ob die PDS Kampfeinsätzen unter einem Mandat der UN im Einzelfall zustimmen könnte. Den Anlass bot ein Beschluss der Bundestagsfraktion, die ihre Haltung zu militärischen Interventionen künftig von Fall zu Fall prüfen will.
Die Wortmeldungen der Gegner und Befürworter dieser Position sprengten die Redeliste. Parteichef Lothar Bisky verteidigte die Entscheidung der Bundestagsfraktion. Er teile aber die Sorge, dass die PDS durch solche Einzelfallentscheidungen in eine „fatale politische Logik wie SPD und Grüne“ gezogen werden könnte.
Der Berliner PDS-Fraktionschef Harald Wolf hält die Einzelfallprüfung ebenfalls für richtig. Zwar seien Menschenrechte nur ein Vorwand für militärische Einsätze der Großmächte, aber nie das Motiv, sagte Wolf. Aber auch er will im Konkreten entscheiden, „wo Großmachtinteressen mit den Interessen nationaler Befreiungsbewegungen zusammenfallen“. Den Vorwurf, die Revision außenpolitischer Grundsätze solle die PDS koalitionsfähig machen, wies er zurück.
Dennoch blieb das argumentative Gegenfeuer nicht aus. Die Abgeordnete Sieglinde Schaub aus Pankow sagte, Krieg sei „der schärfste Ausdruck kapitalistischer Destruktion“, der nicht durch militärische Maßnahmen zu beheben sei. Der Beschluss der Bundestagsfraktion verstoße gegen das geltende Programm. Doch ihr Appell, die Entscheidung bis zu einer regulären Entscheidung zu suspendieren, fand unter den Delegierten keine Mehrheit. Ihr Fraktionskollege Marian Krüger warnte, auch der heutige Verteidigungsminister Rudolf Scharping habe noch vor wenigen Jahren mit einer Einzelfallprüfung und einer Stärkung der UNO für eine Beteiligung der Bundeswehr an Kampfeinsätzen argumentiert.
Der Streit geht an die außenpolitische Substanz der Partei, die sich im Kosovo-Krieg als konsequente Antikriegspartei gerierte. Diese Haltung verurteilen PDS-Reformer wie Michail Nelken nun als „eine vereinfachte und klischeehafte Diskussion“, in der „respektable Argumente der Befürworter von Militäreinsätzen nicht genügend berücksichtigt“ worden seien. Die stellvertretende Vorsitzende der Bundespartei, Sylvia-Yvonne Kaufmann, appellierte dagegen, die „konsistente Logik in der Friedenspolitik der PDS nicht aufzugeben“.
Eine Einigung erzielte der Landesparteitag nur bezüglich der Rolle der Bundeswehr. Sie soll sich an keinerlei Militäreinsätzen beteiligen. Im nächsten Jahr wird ein Bundesparteitag in Münster für weitere Klärung sorgen.
Schon am Samstag war die Landeschefin Petra Pau im Amt bestätigt worden. Knapp 73 Prozent der 158 Delegierten stimmten für die 36-Jährige. Andreas Spannbauer
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