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Polizisten haften nicht für ihre Demonstranten

■ Obwohl der Drohbriefschreiber Olaf Staps weiter auf freiem Fuß ist, ruft die PDS dazu auf, Blumen für Luxemburg und Liebknecht niederzulegen. Die Polizei warnt trotz Sicherheitskonzept vor Lebensgefahr. In der Internet-Fahndungsdatei taucht Staps nicht auf

Die Lebensgefahr für Teilnehmer der Luxemburg-Liebknecht-Ehrung ist nach Auffassung der Polizei nicht gebannt. Trotzdem hofft die PDS darauf, dass heute 100.000 Menschen an die beiden ermordeten Sozialisten erinnern. Obwohl die Fahndung nach dem Drohbriefschreiber Olaf Staps erfolglos blieb, ruft die Partei dazu auf, Nelken an den Gräbern in Friedrichsfelde niederzulegen.

Der untergetauchte Staps hatte aus Hass auf die PDS angekündigt, die Teilnehmer der Gedenkveranstaltung mit einer Maschinenpistole und Handgranaten anzugreifen. Ihm droht eine mehrjährige Haftstrafe wegen schwerer Brandstiftung, Störung des öffentlichen Friedens und Androhung eines Sprengstoffverbrechens.

Polizeipräsident Hagen Saberschinsky schloss gestern ein erneutes Verbot der Ehrung aus. Mit dieser Entscheidung trage die Polizei der Bedeutung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit Rechnung. „Wir haben die Zeit seit dem 9. Januar intensiv genutzt.“ Seine Behörde werde „alles in ihren Möglichkeiten Liegende tun“. Trotz des umfassenden Sicherheitskonzeptes müsse sich jeder bewusst machen, dass weiter ein Risiko bestehe. Die PDS-Landesvorsitzende Petra Pau rief Innensenator Eckart Werthebach (CDU) dazu auf, nicht „die Ehrung vor den Teilnehmern zu schützen“.

In einem Flugblatt, das in der Umgebung der Gedenkstätte in Friedrichsfelde verteilt wurde, bat die Polizei um Mithilfe. Die Anwohner wurden aufgefordert, keine Unbekannten in ihre Wohnung zu lassen und auf abgestellte Gegenstände im Hausflur zu achten. Das Parken von Fahrzeugen auf Teilen der Route ist verboten. Schon seit Donnerstag sind Teile der Gedenkstätte abgesperrt. Alle drei Zugänge – die Gudrunstraße, die Rüdigerstraße sowie der Fußweg aus Richtung des S-Bahnhofes Friedrichsfelde Ost – sind jedoch geöffnet.

Die Fahndung nach dem untergetauchten Olaf Staps lief gestern weiter „auf Hochtouren“. Neben 25 Beamten des Landeskriminalamtes ist auch das Bundeskriminalamt an der Suche beteiligt, wie ein BKA-Sprecher bestätigte. „Die Federführung liegt aber in Berlin.“ Auf den Internet-Steckbriefen beider Behörden war Staps jedoch nicht zur Fahndung ausgeschrieben. Bisher ist die Polizei 58 Hinweisen nachgegangen.

Besucher der Ehrung müssen wegen der Sicherheitsvorkehrungen mit Leibesvisitationen rechnen. „Dabei wollen wir auch prüfen, ob andere Personen gefährliche Gegenstände in dem Zug mitführen wollen“, so ein Sprecher der Polizei. Eine Kontrolle des Personalausweises sei aber nur im Einzelfall vorgesehen.

Erneut wurde Kritik am Verbot der Ehrung vom vergangenen Sonntag laut. „Auf diese Weise wird das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ausgehöhlt“, sagte Dietmar Lingemann vom Kreuzberger Kreisverband der Grünen. Die Tatsache, dass sich die Polizei zum Schutz einer Veranstaltung nicht in der Lage sehe, sei kein hinreichender Grund für ein Verbot. Aus Protest gegen diese Entscheidung ruft der Kreisverband nun erstmalig zu einer parallel zur Ehrung stattfindenden Demonstration linker Gruppen auf, die sich gegen die Verbotsverfügung des Polizeipräsidenten vom vergangenen Sonntag richtet.

Trotz des Verbotes hatten sich mehrere tausend Menschen an verschiedenen Kundgebungsorten versammelt. Die Polizei hatte daraufhin 219 Menschen festgenommen. Auch der Zehlendorfer Kreisverband der SPD bezeichnete das Vorgehen der Polizei als „im Vergleich zu anderen Veranstaltungen wenig überzeugend“.

Andreas Spannbauer

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